Finanzberaterin Helma Sick:Die Frauenfalle

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Nach der Trennung ist das Geld oft weg: Seit über 20 Jahren ermahnt Helma Sick Münchens Frauen, sich rechtzeitig um ihre Geldangelegenheiten zu kümmern, und gibt Tipps.

Lisa Sonnabend

Als Martina Mittermeier ( Name von der Redaktion geändert) herausfand, dass ihr Ehemann sie seit einigen Monaten betrog, war dies nur der Anfang von dem, was auf sie zukommen sollte. Die Münchnerin, Mitte 40, hatte ihren Mann immer unterstützt, so gut es ging - auch mit Geld. Sie finanzierte ihm das Ende seines Medizinstudiums, half ihm dabei, eine eigene Praxis aufzubauen, arbeitete dort für 400 Euro im Monat und kümmerte sich nebenbei um die gemeinsamen Kinder.

Wenn er sagte, die Praxis laufe derzeit nicht so gut, glaubte Martina Mittermeier ihm. Dass er eine neue Freundin hatte und dabei war, Geld beiseite zu schaffen, merkte sie erst, als es zu spät war. Als es zur Scheidung kommt, ist kaum Geld mehr da.

Während Helma Sick die Geschichte von der betrogenen Münchnerin erzählt, hebt sich ihre Stimme, die sonst so ruhig und abgeklärt klingt. Die 68-jährige Betriebswirtin betreibt seit mehr als 20 Jahren das unabhängige Finanzberatungsunternehmen "Frau & Geld". Geschichten wie die von Martina Mittermeier kann sie zahlreiche erzählen.

Helma Sick sitzt in ihrem Büro am Mariannenplatz im Lehel, die Beine übereinander geschlagen. Sie hat kurze, dunkle Haare. Sick wirkt ganz wie eine Geschäftsfrau, doch man nimmt ihr ab, dass es ihr mit ihrem Beratungsunternehmen um mehr geht, als darum, Geld für sich beiseite zu schaffen. Ihr Angebot richtet sich vor allem an Frauen, weil Helma Sick findet, dass das weibliche Geschlecht sich oft zu wenig um die eigenen Geldangelegenheiten kümmert - und früher oder später dann das Nachsehen hat. Dieses Thema hat Sick sich zur Lebensaufgabe gemacht.

Fünf Tage die Woche arbeitet sie in ihrem Beratungsbüro, obwohl sie sich mit ihren 68 Jahren schon längst hätte zur Ruhe setzen können. An den Wochenenden schreibt sie daheim oder auf ihrer Berghütte in Österreich an ihrem vierten Buch. In der Frauenzeitschrift Brigitte hat sie seit 13 Jahren eine eigenen Finanzkolumne.

Stundenlang kann sie über das Thema Frauen und Geld reden. Sie kritisiert dabei, dass Frauen im Beruf nicht das Honorar verlangen, das ihnen zustehen würde. Dass Frauen, wenn sie für die Erziehung der Kinder im Beruf pausieren, es oft vermeiden, mit dem Partner eine Regelung für den Fall der Trennung zu treffen. Außerdem würden Frauen das Thema Altersvorsorge oft vernachlässigen - dabei wäre diese bei Frauen von besonderer Bedeutung, weil sie im Durchschnitt sechs Jahre länger als Männer leben. Sie brauchen also im Alter mehr Geld, doch sie erreichen durch die oft nicht durchgängige berufliche Tätigkeit oft nur die Hälfte einer Männerrente. "Frauen sehen das Risiko oft nicht", sagt Helma Sick. "Sie tappen immer wieder in die gleichen Frauenfallen."

Meist kommen die Frauen erst in brenzligen Situationen zu ihr - so wie Martina Mittermeier. Erst dann, wenn schon fast alles verloren ist. Wenn eine Scheidung ansteht, wenn der Partner krank ist oder wenn das Geld knapp wird und nichts zurückgelegt wurde. "Finanzplanung sollte zum Lebensplan gehören - und nicht erst dann in Angriff genommen werden, wenn die Hütte schon brennt", sagt Sick. Gerade jetzt in der Finanzkrise würden Frauen allerdings noch mehr zögern, ihr Geld anzulegen und sich um ihre Finanzen zu kümmern. "Sie lassen sich lähmen", bemängelt Sick.

Die Kundinnen bezahlen bei Sick ein Honorar für die Beratung oder entschließen sich, Geld über das Beratungsunternehmen anzulegen. Ein paar Tausend Kunden habe sie im Laufe der Jahre betreut, erzählt Sick stolz. Von der Arbeitslosen bis zur Geschäftsführerin. Sechs Angestellte beschäftigt sie gemeinsam mit ihrer Geschäftspartnerin und Nichte Renate Fritz.

Dem Büro im Lehel sieht man an, dass das Unternehmen Sick erfolgreich ist. Sicks Büro ist großzügig eingerichtet, vor dem Fenster ein großer Holzschreibtisch, in einer Ecke eine Sofaecke aus blauem Leder, in einem hohen Regal stehen zig Bücher zum Thema Geld. Auf dem Schreibtisch blüht ein frischer Blumenstrauß.

An der Wand hängt ein Bild der österreichischen Malerin Gilda Aita. Fünf Frauen sind darauf abgebildet. Das Gemälde ist schwarz, nur die Lippen und die Handtaschen, die die Frauen in der Hand halten, leuchten knallrot. Die Botschaft des Bildes wird schnell klar: Frauen sollten ihr Geld endlich selber in die Hand nehmen!

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