Filmstandort München:Warten auf Tom Cruise

Klaus Schaefer ist verantwortlich für die Filmförderung in Bayern. Ein Gespräch über die Probleme des Filmstandortes München und Hollywoodproduktionen an der Isar.

Lisa Sonnabend

Klaus Schaefer, 56, ist Geschäftsführer des Film-Fernseh-Fonds Bayern (FFF) - und damit verantwortlich für die Filmförderung in Bayern. Ohne Geld läuft wenig am Medienstandort München. Kurz vor dem Filmfest in München hat er mit sueddeutsche.de über die Probleme des Filmstandortes München gesprochen.

Klaus Schaefer; FFF Bayern

"'Zur Sache, Schätzchen' war für uns Jugendliche sehr wichtig": Klaus Schaefer, Geschäftsführer des FFF Bayern.

(Foto: Foto: oh)

sueddeutsche.de: Der FFF Bayern hat einen Imagefilm für den Filmstandort München mitfinanziert. Steht es so schlecht um die Filmstadt?

Klaus Schaefer: Der Imagefilm soll vor allem bei der Bevölkerung Verständnis für Dreharbeiten wecken. In München wird sehr viel gedreht. Das ist toll, aber aus Sicht der betroffenen Bürger oft nicht so erfreulich. Die Münchner sehen die Filme später gerne im Kino, aber wenn sie nach der Arbeit keinen Parkplatz finden oder nachts ein greller Scheinwerfer in ihr Schlafzimmer strahlt, sind sie nicht so begeistert.

sueddeutsche.de: Aber der Imagespot zielt sicherlich auch darauf ab, dass die Hauptstadt Berlin der Metropole München immer mehr den Rang als Filmstadt abläuft...

Schaefer: Tatsache ist, dass wir seit Öffnung der Mauer in einer anderen Konkurrenz leben als vorher. Gott sei Dank ist Berlin nicht mehr Insellage, sondern Hauptstadt. Und auch Potsdam wird immer bedeutender. Die Filmbranche in München boomt aber weiterhin, die Studios sind gut ausgelastet. Und auch die finanzielle Ausstattung der Filmförderung in Bayern ist gut. Wir haben eine Jahresförderleistung von 27 Millionen Euro. Allerdings waren wir schon einmal bei 30 Millionen. Da müssen wir wieder hinkommen.

sueddeutsche.de: Seit zwei Jahren gibt es den Deutschen Filmförderfonds (DFFF), der dafür gesorgt hat, dass "Valküre" mit Tom Cruise in Berlin gedreht wurde. Bevorzugt der DFFF die Hauptstadt?

Schaefer: Nur auf den ersten Blick. Ein großer Anteil geht ja auch an bayerische Produzenten - zwischen einem Drittel und einem Viertel der gesamten Fördergelder des DFFF. Wenn internationale Großprojekte in Babelsberg durchgeführt werden, gehen viele Subaufträge an bayerische Filmschaffende.

sueddeutsche.de: Aber warum wurden bislang noch keine aufsehenerregende Hollywood-Produktion in München gedreht?

Schaefer: Münchner Unternehmen wie der Bavaria fehlt der wirtschaftliche Druck, große Projekte an den Standort ziehen zu müssen. Die Bavaria ist ein gut ausgelastetes Studio und macht Gewinn - wie auch die anderen Münchner Studios. Deswegen ist der Anwerbedruck hier nicht so hoch.

sueddeutsche.de: Dann ist es unwahrscheinlich, dass im kommenden Jahr ein Tom Cruise oder ein Kevin Costner in München dreht?

Schaefer: Das würde ich gar nicht einmal sagen. Wir sind mit großen internationalen Filmprojekten, die in München realisiert werden sollen, in Kontakt. Es gab in diesem Jahr zwei konkrete Anfragen, von denen sich wohl eine verwirklicht. Aber mehr darf ich noch nicht verraten.

sueddeutsche.de: Setzt die Bavaria mit einer ARD-Anstalt als Gesellschafter zu sehr auf Fernsehformate?

Schaefer: Die Bavaria ist nunmal ein Tochterunternehmen von großen Fernsehveranstaltern - und mit Fernsehen kann man gut Geld verdienen, vielleicht besser als mit Kinofilmen. Von daher verstehe ich es aus unternehmerischer Sicht vollkommen, dass die Bavaria dies so macht. Dennoch wäre es wünschenswert, dass auch Kinoproduktionen noch ein wenig ausgebaut werden. "Die Buddenbrooks" waren ein Versuch, auch jenseits der Kinder- und Family-Formate wieder Renomee zu bekommen.

sueddeutsche.de: Wie würden Sie jemanden dazu überreden, einen Film in München zu realisieren?

Schaefer: Ein Vorteil ist, dass man hier in München alle Leistungen, die man für die Herstellung eines Kinofilmes braucht, in hoher Qualität an einem Ort findet: von Regisseuren, Kameraleuten oder Schauspielern bis hin zu Studios, technischen Dienstleistern und der Postproduktion. Trotz Sparbemühungen haben wir in Bayern außerdem eine filmfreundliche Politik. Und auch in der Ausbildung sind wir sehr gut aufgestellt. Wir haben mit der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) die renommierteste Filmhochschule Deutschlands, die viele hervorragende Absolventen hervorgebracht hat: die Regisseure und Oscar-Gewinner Caroline Link und Florian Henckel von Donnersmarck oder die Produzenten Bernd Eichinger und Roland Emmerich. Mit der Macromedia-Hochschule haben wir inzwischen eine weitere gute Ausbildungsstätte.

sueddeutsche.de: Aber warum ziehen so viele Absolventen der HFF nach dem Abschluss nach Berlin?

Schaefer: Berlin hat mit seinen fast vier Millionen Einwohnern für junge Leute einen anderen Anziehungswert als das beschauliche München. Die Lebenshaltungskosten in Berlin sind außerdem günstiger. Inzwischen drängen sehr viele Absolventen auf den Markt, die nicht alle sofort eine Anstellung finden, von der sie leben können. Und dann versuchen die Absolventen eben woanders ihr Glück. Aber es gibt mittlerweile auch eine Gegenbewegung von Berlin nach München.

sueddeutsche.de: Müssten München und die bayerische Regierung junge Filmemacher besser unterstützen?

Schaefer: Diese Hilfen können immer nur begleitende Maßnahmen sein. Aber wenn jemand in Berlin einen Job findet, dann geht er auch weg und bleibt nicht, nur weil hier in München ein nettes Filmcafé eröffnet wurde. Es gibt ja auch bereits Nachwuchsprogramme - das bayerische Filmzentrum mit kostengünstigen Büros, die Drehbuchwerkstatt München, die jungen Autoren den letzten Schliff gibt und sie mit einem Stipendium unterstützt, und nicht zuletzt die Nachwuchsförderung des FFF Bayern.

sueddeutsche.de: Was macht den Münchner Film so besonders?

Schaefer: In letzter Zeit waren die Filme, die den Namen Neuer Bayerischer Heimatfilm bekommen haben, sehr erfolgreich - und das nicht nur in Bayern. Das ging mit "Schuh des Manitu" los, der ja schon in bayerischer Sprachfärbung gedreht wurde, und dann natürlich die Filme von Marcus H. Rosenmüller wie "Wer früher stirbt ist länger tot", oder "Der Brandner Kasper" von Joseph Vilsmaier. Diese Filme greifen bayerische Identität, Sprache und Schauplätze in einer modernen Art und Weise auf.

sueddeutsche.de: Welches ist Ihr Lieblingsfilm?

Schaefer: "Wer früher stirbt ist länger tot" - weil er mich positiv überrascht hat. Als ich das Drehbuch las, war es nicht einfach, sich vorzustellen, wie der Film funktionieren soll. Auch "John Rabe", der von einem Münchner Produzenten gemacht wurde, fand ich großartig. Leider lief er schlecht in den Kinos.

sueddeutsche.de: Und ein Highlight aus dem frühen Münchner Film?

Schaefer: Als Jugendlicher war ich mindestens vier Mal in "Zur Sache, Schätzchen", der Uschi Glas bekannt machte. Der Film war für uns Jugendliche damals sehr wichtig.

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