Süddeutsche Zeitung

Filmfestival:Sprungbrett ins Kino

Das Filmschoolfest Munich zeigt 40 Kurzfilme von Nachwuchsregisseurinnen und -regisseuren aus aller Welt. Ihre Themen: Klimawandel, neue Technologien - und Liebe.

Von Magdalena Zumbusch

Arash windet sich in "Jouissance", dem Kurzfilm des iranischen Filmemachers Sadeq Es-Haqi, in schlechten Träumen auf dem Sofa. Er wurde frisch verlassen, von seinem Freund Rahi. Letztlich für dessen vor Jahren verstorbenen Ex-Freund, der das Paar als Geist in ihrem Haus in Teheran heimgesucht hatte. Heimgesucht, aus Arashs Sicht. Besucht aus Rahis Sicht, der in die alte Liebe noch tief verstrickt zu sein scheint. Regisseur Sadeq Es-Haqi arbeitet in Iran als Regisseur.

Seinen Film zeigt er auf dem Filmschoolfest Munich, das 40 Kurzfilme von 30 Filmschulen im Audimax der HFF präsentiert. Inzwischen ein Traditions-Event, das zum 41. Mal stattfindet. Die diesjährige Ausgabe wartet mit einem besonderen Highlight auf: Drei mit Studenten-Oscars ausgezeichnete Filme sind zu sehen, darunter auch der HFF-Preisträger Welf Reinhart mit seinem Film "Eigenheim" ("Rooms"). Das Rahmenprogramm bietet Einblicke in die Welt des Films: Ein Workshop etwa befasst sich mit Problemstellungen Filmender, von der Drehbuchentwicklung bis zum finalen Schnitt; ein Vortrag mit dem Filmmarkt und der ständig wachsenden Welt der Filmfestivals.

Eine "geisterhafte Liebesgeschichte" zeigt Gabriel Colban

Die Filme sind in Themenblöcke gegliedert. Vieles dreht sich da um menschliche Beziehungen: Um Liebe und um einen Geist geht es wie in Es-Haqis Film auch in Gabriel Colbans "Balthazar and Madalena". Eine Zirkus-Wiedereröffnung steht bevor und die Artistin Madalena ist nervös: Ihre Nummer besteht darin, aus einer Kanone "herausgeschossen" zu werden, und sie glaubt an einen Fluch der Einlage. Denn während ihres letzten Auftritts starb der Trapezkünstler Diego. In den neuen Trapez-Künstler Balthazar ist sie verliebt und hofft, dass er den Fluch brechen wird. Eine "geisterhafte" Liebesgeschichte, wie der Film angekündigt wird. Die Suche nach originellen Ideen ist hier vielleicht etwas zu deutlich spürbar. Um klassische Storylines zu vermeiden, wird gerade beim Thema Liebe nichts unversucht gelassen.

Einen Blick auf Zukunftstechnologien werfen die HFF-Schüler Valentin Dittlmann, Hannes Werner und Felix Zachau mit ihrem Film über einen müllsammelnden Roboter. Eine alte Frau steuert den Roboter von ihrem Wohnzimmer aus. Als er ein altes Radio findet, das sogar noch läuft, werden bei der alten Dame Erinnerungen geweckt an die Leichtigkeit ihrer Jugend. Aber auch soziale Probleme der Zukunft wie das gefährdete Rentensystem sollen anklingen. Wie die alte Dame in diesem Film könnte es so in Zukunft aussehen, in Altersarmut zu leben? Sie könnten sich jedenfalls vorstellen, dass die "moderne Flaschensammlerin" so mal aussehe, meinen die drei Macher des Films. Am Ende solle aber jeder Zuschauer den Film für sich deuten. Wie viele der Beiträge ist "Clean Aid" animiert. Werke wie Pixars "Lightyear", der die drei beeindruckt hat, habe sie zur Optik der Animation inspiriert.

Starke Bilder erzählen von den Folgen des Klimawandels für die Inuit

Auch Umweltprobleme sind ein Thema. Mit den ungleichen Folgen des Klimawandels in den verschiedenen Ecken der Welt setzen sich die israelischen Filmemacher Ariel Sereni Brown und Jonathan Omer Mizrahi in "Black Hole Legion" auseinander. Junge Frauen der indigenen arktischen Inuit-Bevölkerung in Grönland berichten von ihren Depressionen. Die Zerstörung ihres Lebensraums und die Unterdrückung durch die dänische Kolonialmacht haben soziale Probleme aufgetürmt. Die Protagonistinnen des Films protestieren mit ihrem Äußeren gegen die einstürzende Welt um sie herum: durch Cybergoth-Outfits - eine in den Achtzigern entstandene grellere Version von Dark-Wave-Outfits. Im Zusammenspiel mit der indigenen Schönheit der jungen Frauen und der Natur Grönlands sind so besondere Bilder entstanden.

Die Jury, in diesem Jahr unter der Leitung von Regisseurin Ildikó Enyedi, wird in verschiedenen Kategorien die Gewinner von zehn Preisen auswählen. Außerdem wird ein Climate Clips Award an Arbeiten zum Thema Umwelt vergeben. Aber gewinnen muss man hier am Ende gar nicht. Wer dabei sein darf, hat schon viel geschafft. Er darf sich einreihen in eine Liste ehemaliger Teilnehmer, die heute große Namen in der Filmwelt sind, zum Beispiel Lars von Trier und Caroline Link.

Filmschoolfest, So., 13., bis Sa., 19. Nov., Hochschule für Fernsehen und Film, Bernd-Eichinger-Platz 1

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