Filmmusik in München:Die besten Soundtracks live auf der Bühne

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Die Noten E, F und D, in Achteln abwechselnd gespielt – und schon hat man eines der berühmtesten Leitmotive der Filmwelt: John Williams Musik zum Spielberg-Schocker „Der weiße Hai“ ist legendär. (Foto: Bert Reisfeld Universal/dpa)

Mit Stars und Orchester: So klingt es, wenn Hugh Grant durch 10 Downing Street fegt, Aschenbrödel auf dem Ball tanzt, Tom Cruise im Cockpit abhebt. Und John Williams im „Weißen Hai“ mit nur drei Noten puren Horror schafft.

Von Josef Grübl, Jutta Czeguhn

Weihnachtsfilme

Einfach nur lächeln und winken: Der Prime Minister (Hugh Grant) und seine Ex-Angestellte Natalie (Martine McCutcheon) machen das Beste aus einer peinlichen Situation im britischen Weihnachtsklassiker „Tatsächlich … Liebe“. (Foto: IMAGO/FAM12152/IMAGO/FAMOUS)

Ein Weihnachtsfilm, in dem sich zwei Laien-Pornodarsteller bei der Arbeit verlieben, in dem ein Vollpfosten als Sex-Tourist in die USA aufbricht, in dem feixend über die Oberschenkel von Frauen gelästert wird. Eigentlich alles Gründe, „Tatsächlich … Liebe“ (2003) als misogynen Mist in die Tonnen zu treten, zumal Vorgesetzte ständig ihre Macht missbrauchen und People of Color kaum vorkommen. Warum man sich trotzdem in jedem Dezember auf diesen britischen All-Star-Ensemblefilm freut? Die Musik: Wenn Emma Thompson zu Joni Mitchells „Both Sides Now“ ihr Leben zusammenbrechen sieht, wenn Hugh Grant zum Pointer-Sister-Song „Jump“ durch 10 Downing Street hüpft und man nicht nur den Briten solch einen Premier wünscht, oder wenn Bill Nighy sein „Christmas Is All Around“ mit perfidem Ekel performt. In der Isarphilharmonie gibt’s Richard Curtis’ Film nun an den Weihnachtsfeiertagen im Original samt Originalscore. Es spielt das Prague Royal Philharmonic Orchestra unter Gottfried Rabl.

Der Prinz (Pavel Trávnícek) muss erst fragen, ob Aschenbrödel ( Libuše Šafránková) mit der Schuhanprobe einverstanden ist – eine Szene aus dem Film „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“. (Foto: Degeto /WDR/dpa)

Der Prager Komponist Karel Svoboda, Leib-und-Magen-Komponist von Karel Gott, hat ein trauriges Ende gefunden. Umso tröstlicher ist, dass man ihn zumindest in Deutschland und Tschechien auf ewig feiern wird für seine kongeniale Filmmusik zu „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ (1973). Im tschechischen Original übrigens keine reine Instrumentalmusik, da trällert Karel Gott. Doch eigentlich braucht’s keine Worte, wenn die unvergleichliche Libuše Šafránková auf ihrem Schimmel Nikolaus durch den Schnee reitet. Vermutlich hat sie wie alle am Set höllisch gefroren. Minus 17 Grad sollen es damals gewesen sein beim Dreh nahe der Moritzburg. Denn die Kostüme waren für eine Sommerproduktion genäht worden, doch dann ging den Tschechen das Geld aus, und bis die DDR-Defa mit im Boot war, fiel der Schnee. Genau der jedoch hat das Märchen mit dem recht emanzipierten Aschenbrödel zum Weihnachtsklassiker werden lassen, den jetzt die Fans in der Isarphilharmonie wieder als musikalisches Live-Erlebnis zelebrieren werden. Auch hier ist das Prague Royal Philharmonic Orchestra am Werk, und damit ist das Werk in besten Händen.

Tatsächlich … Liebe, 25., 26., 27. Dezember, 19.30 Uhr, Isarphilharmonie; Drei Haselnüsse für Aschenbrödel, 14. Dezember, 15 und 18.30 Uhr, 21. Dezember, 14 Uhr, 26. Dezember, 15 Uhr

Disney-Klassiker

Im filmischen Evergreen „Das Dschungelbuch“ (1967) wächst ein Menschenjunge im Dschungel auf. Hier ein Foto von der „Disney in Concert“-Tour 2019 aus der Philharmonie im Gasteig. (Foto: Disney)

„Probier’s mal mit Gemütlichkeit“? „Sei hier Gast“? Oder „Hakuna Matata“? Lieblingssongs aus Disney-Klassikern gibt es viele, im neuen Jahr kommen diese Filme nach München und werden live mit Orchester aufgeführt. Den Anfang macht „Das Dschungelbuch“ (mit 27 Millionen Zuschauern der erfolgreichste Film, der jemals in den deutschen Kinos lief), in dem der Affenkönig Louis tanzt und Bär Balu es mit Gemütlichkeit probiert.

Riesige Erfolge waren auch „Der König der Löwen“ mit der Oscar-prämierten Musik von Hans Zimmer und Elton John („Can You Feel The Love Tonight?“) sowie „Die Schöne und das Biest“ (ebenfalls mit zwei Oscars ausgezeichnet, unter anderem für den Song „The Beauty and the Beast“). Ein musikalisches Potpourri aus Disney-Hits wie „Arielle“, „Aladdin“ oder „Pocahontas“ erwartet das Publikum im Februar – statt Filmausschnitten gibt es dazu eine Lightshow im Konzertsaal. Und da die Marvel-Superheldenfilme ebenfalls zum Disney-Konzern gehören, findet eine Woche später nach demselben Prinzip ein Filmkonzert mit Musik aus „Spider Man“, „Thor“ oder „The Avengers“ statt.

Das Dschungelbuch, 3. und 4. Januar, Isarphilharmonie; Der König der Löwen, 8. Januar, Kleine Olympiahalle; Die Schöne und das Biest, 31. Januar und 1. Februar; The Music of Disney, 2. Februar; The Music of Marvel, 9. Februar, jeweils Isarphilharmonie

Top Gun: Maverick

Tom Cruise in der „Danger Zone“: Für „Top Gun: Maverick“ absolvierten er und seine Schauspielkollegen ein mehrmonatiges Trainingsprogramm in echten Kampfflugzeugen. (Foto: Scott Garfield/dpa)

„Tom loves it.“ Als Harold Faltermeyer diesen Satz hörte, wusste er, dass er mit seiner Musik ins Schwarze getroffen hatte. Wieder einmal, könnte man sagen: Denn Tom, das war Tom Cruise – und der Hollywoodstar liebte die Arbeit des bayerischen Filmkomponisten bereits 1986. In jenem Jahr lief der Actionfilm „Top Gun“ an, mit Faltermeyers Musik und Songs wie „Danger Zone“ oder „Take My Breath Away“. 36 Jahre später kam die Fortsetzung in die Kinos, wieder mit Tom Cruise in der Rolle des Kampfpiloten Pete „Maverick“ Mitchell, wieder mit der Musik von Harold Faltermeyer – der dieses Mal mit seinem deutschen Komponistenkollegen Hans Zimmer zusammenarbeitete. Und Lady Gaga schmetterte den Song „Hold My Hand“.

„Top Gun: Maverick“ nahm weltweit an den Kinokassen 1,5 Milliarden Dollar ein und ist damit der erfolgreichste Film in der an Filmerfolgen überreichen Karriere von Tom Cruise. Jetzt ist der Blockbuster wieder in München zu sehen, in der Originalfassung mit Untertiteln. Das Pilsen Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Ben Palmer wird dazu den Soundtrack live einspielen.

Top Gun: Maverick – in Concert, 3. Januar, Isarphilharmonie

John Williams und Hans Zimmer

Der eine sorgt für die Bilder, der andere für die Musik: Der Regisseur Steven Spielberg und der Filmkomponist John Williams (links) schufen gemeinsam Meisterwerke wie „Schindlers Liste“, „E.T.“ oder „Der weiße Hai“. (Foto: Nina Prommer/dpa)

Was Steven Spielberg sagt, hat Gewicht. Man müsse sich doch nur eine Szene aus seinem ersten Kinohit „Der weiße Hai“ ansehen, sagt er – und dabei den Ton ausschalten. Danach solle man das Ganze mit Musik wiederholen: „Allein daran erkennt man die Brillanz von John Williams“, sagt Spielberg über den wohl bekanntesten Filmmusiker der Welt (in einer neuen Doku bei Disney+). Spielberg und Williams sind seit einem halben Jahrhundert ein Dreamteam, gemeinsam schufen sie Meisterwerke wie „Schindlers Liste“, „E.T.“ oder die „Indiana Jones“-Reihe.

Geboren ist er in Frankfurt am Main, Karriere gemacht hat er in Hollywood: der deutsche Filmmusikkomponist Hans Zimmer, hier bei einem Auftritt während seiner Europatournee 2023. (Foto: Fabian Strauch/dpa)

Die Musik daraus kann für sich selbst stehen, regelmäßig ist sie in großen Konzerthäusern zu hören. So auch im Januar und Februar in München: Insgesamt siebenmal werden bekannte Filmmelodien von John Williams und seinem ebenfalls sehr berühmten deutschen Kollegen Hans Zimmer orchestral aufgeführt, auf dem Programm stehen unter anderem die Soundtracks aus „Star Wars“, „Fluch der Karibik“, „Harry Potter“ oder „Inception“. Moderiert werden diese Konzerte von Steven Gätjen.

The Sound of Hans Zimmer & John Williams, 17. bis 19. Januar, sowie 6. und 7. Februar, Isarphilharmonie

Harry Potters Anfänge

Im Kinofilm „Harry Potter und der Stein der Weisen“ führt die Professorin Minerva McGonagall (Maggie Smith) die neuen Zauberlehrlinge mit einer Kerze in der Hand durch einen riesigen Saal von Hogwarts. (Foto: dpa-Film Warner/picture-alliance/ dpa)

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, das wusste schon Hermann Hesse. Der Anfang zur wohl zauberhaftesten Geschichte unserer Zeit geht auf das Jahr 1990 zurück: Während einer Zugfahrt erfand die damals unbekannte britische Autorin Joanne K. Rowling einen jugendlichen Magier namens Harry Potter. Der Rest ist Geschichte: Das erste Buch der Reihe („Harry Potter und der Stein der Weisen“) erschien 1997, dessen Verfilmung kam 2001 in die Kinos.

Damals lernte das Publikum das Hauptdarsteller-Trio Daniel Radcliffe, Rupert Grint und Emma Watson kennen, in den Erwachsenenrollen waren Stars wie Alan Rickman oder Maggie Smith zu sehen. Regie führte Hollywood-Regisseur Chris Columbus, die Filmmusik komponierte niemand Geringerer als John Williams. Im März wird der Film in deutscher Sprache in der Olympiahalle aufgeführt, die Live-Vertonung übernimmt die Neue Philharmonie Westfalen unter der Leitung von Timothy Henty.

Harry Potter und der Stein der Weisen – in Concert, Freitag, 14. März, Olympiahalle

100 Jahre alte Stummfilmklassiker

Die berühmte Treppenszene aus Odessa: Sergej Eisenstein erzählte in seinem 1925 gedrehten Stummfilm-Meisterwerk „Panzerkreuzer Potemkin“ von einem Matrosenaufstand während der Russischen Revolution von 1905. (Foto: Süddeutsche Zeitung Photo)

Im Jahr 1925 drehte Sergej Eisenstein sein Meisterwerk „Panzerkreuzer Potemkin“. Er erzählte darin von einem Aufstand auf dem titelgebenden russischen Kriegsschiff: Matrosen meutern gegen verdorbenes Fleisch, in der Hafenstadt Odessa kommt es zu einem Massaker. Der Film hatte politische Sprengkraft (und hat sie immer noch), die Szenen auf der Hafentreppe gingen in die Filmgeschichte ein. Im Februar ist Eisensteins Stummfilm wieder vor Publikum zu sehen: Das Jewish Chamber Orchestra Munich begleitet ihn live auf der Bühne des Schauspielhauses der Kammerspiele, gespielt wird die Filmmusik des jüdischen Komponisten Edmund Meisel.

Bereits Anfang Januar gibt es in der Stadthalle Germering den ebenfalls 1925 entstandenen Gruselfilmklassiker „Das Phantom der Oper“ von und mit Lon Chaney zu sehen. Der Stummfilm-Musiker Stephan Graf von Bothmer wird die Aufführung am Klavier begleiten.

Panzerkreuzer Potemkin, UdSSR 1925, 27. Februar, Kammerspiele München; Das Phantom der Oper, USA 1925, 4. Januar, Stadthalle Germering

Kraftwerker im Cabinet des Dr. Caligari

Wie klingt das Böse? Karl Bartos sucht mit seiner Filmmusik zum Klassiker „Das Cabinet des Dr. Caligari“ (1920) nach einer Antwort. (Foto: Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung)

So richtig vorstellen kann und will man sich das nicht: Die Begleitmusik bei der Uraufführung von Robert Wienes expressionistischem Psychoschocker „Das Cabinet des Dr. Caligari“ 1920 war ein derart wüst zusammengestöpseltes Allerlei, dass am Schluss sogar Operettengedudel aus Paul Linckes „Frau Luna“ erklang. Die Berliner lachten, und der Film fiel erst mal krachend durch. Wenig später der zweite Aufschlag mit der Musik Giuseppe Becces, die als verschollen gilt. Der Film wurde zu einem Meisterwerk des Weltkinos, und die Geschichte vom Hypnotiseur Caligari (Werner Krauß), der sein somnambules Medium Cesare (Conrad Veidt) zum Morden missbraucht, hat mit seiner expressionistischen Bildsprache viele Komponisten inspiriert. So auch jüngst Karl Bartos, den Ex-Schlagwerker der Pionier-Band Kraftwerk. Phänomenale Klangkunst, die Bartos da – um Caligari-Fan Kurt Tucholsky zu zitieren – „hingespenstert“ hat. Nach der München-Premiere Anfang November sind er und der Film im Februar nun erneut im Prinzregententheater zu erleben.

Karl Bartos: Das Cabinet des Dr. Caligari, 5. Februar, 20 Uhr, Prinzregententheater

Der Sound von Babylon Berlin

Das Moka Efti Orchestra mit Benno Fürmann und Stargast Le Pustra (Zweiter von rechts). (Foto: Joachim Gern)

Das Beste an „Babylon Berlin“ ist der Sound im Moka Efti, ist Benno Fürmann als skrupelloser Regierungsrat Günter Wendt. Steile These, die jedoch erst mal widerlegt werden muss. Kein Filmkonzert im eigentlichen Sinne ist der Abend mit Fürmann und der Original-Big-Band der Superserie, dem Moka Efti Orchestra, im Prinzregententheater. Der Schauspieler liest Texte aus Volker Kutschers Romanvorlage „Der nasse Fisch“. Dazu gibt’s Visuals und den rasanten Tanzpalast-Sound der 1920er-Jahre. Das Moka Efti hat es übrigens wirklich gegeben, sein Besitzer, der Kaffeeröster Giovanni Eftimiades, war ein Pionier der Eventgastro, sein erstes Café an der Leipziger Straße/Ecke Friedrichstraße hatte als Attraktion eine Rolltreppe, das spätere Tanzlokal am Tiergarten sogar Wasserfälle. 1943 wurden beide bei alliierten Luftangriffen zerstört. „Zu Asche, zu Staub“, wie Gräfin Sorokina in der Moka-Efti-Filmkulisse singt.

Moka Efti Orchestra, Benno Fürmann & Le Pustra, 28. Februar bis 1. März, Prinzregententheater

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