Süddeutsche Zeitung

Kino:Unentdeckte Klassiker

Das Filmmuseum ehrt den spanischen Regisseur Luis García Berlanga.

Von Josef Grübl

Wenn es um spanische Filmemacher geht, denken Kinogänger an Pedro Almodóvar oder Isabel Coixet. Falls sie noch ein bisschen zurückdenken, fallen ihnen vielleicht Namen wie Luis Buñuel oder Carlos Saura ein. Luis García Berlanga ist dagegen hierzulande so gut wie unbekannt, obwohl er lange Zeit Spaniens beliebtester Filmregisseur war. Seine Filme gelten in seinem Heimatland als Klassiker. Das Filmmuseum zeigt jetzt eine Retrospektive seines Werks, insgesamt acht Spielfilme aus den Jahren 1953 bis 1978 werden bis Mitte März aufgeführt. Die meisten davon kamen in Deutschland nie ins Kino, anlässlich seines hundertsten Geburtstags im Jahr 2021 hat man sie im Rahmen eines Workshops an der Uni Düsseldorf untertitelt.

Ironische Seitenhiebe gegen Diktator Franco

Luis García Berlanga wurde im Juni 1921 in Valencia geboren, sein Vater war Politiker - und wurde nach dem Spanischen Bürgerkrieg zum Tode verurteilt. Um ihn zu retten, meldete sich der Sohn zur Blauen Division und zog mit den Deutschen in den Russlandfeldzug. Nach dem Krieg studierte er in Madrid an der ersten staatlichen Filmhochschule Spaniens. Gemeinsam mit Miguel Mihura und Juan Antonio Bardem (dem Onkel von Javier Bardem) schrieb er das Drehbuch zu seinem Debüt "Bienvenido Mister Marshall" ("Willkommen, Mr. Marshall"), in dem sich ein andalusisches Dorf Subventionen aus dem Marshall-Plan erhofft. Die Satire kam 1953 in die spanischen Kinos und wurde ein Kassenerfolg. Berlanga drehte Komödien, als die Spanier wenig zu lachen hatten, er baute in seine Filme ironische Seitenhiebe gegen Diktator Franco und seine Zensoren ein, einige seiner Drehbücher blieben deshalb unverfilmt.

Stilistisch orientierte er sich am Neorealismus, er drehte mit Stars wie Edmund Gwenn oder Michel Piccoli. 1963 erzählte er in "El Verdugo" ("Der Henker") von einem Totengräber, der die Tochter eines Henkers heiratet - und das Handwerk ihres Vaters übernehmen soll. In "La escopeta nacional" ("Das nationale Gewehr") aus dem Jahr 1978 geht es um eine groteske Jagdgesellschaft zur Franco-Zeit. In den Achtzigerjahren wurde Berlanga Ehrenpräsident der spanischen Filmakademie, 2010 verstarb er im Alter von 89 Jahren in Madrid. Wie sehr ihn seine Landsleute schätzten, zeigt sich auch daran, dass seine besondere Art des Humors in ein Wörterbuch aufgenommen wurde: "berlanguiano" bedeutet so viel wie "grotesk, aber real".

101 Jahre Luis García Berlanga, Mi., 26. Jan., bis Sa., 12. März, Filmmuseum München, St.-Jakobs-Platz 1

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