Dok-Fest München:Filme aus der ehemaligen DDR

Dok-Fest München 2021

Gitta Nickels Kurzdoku Sie (1970) handelt von der Gleichberechtigung der Frau im Sozialismus.

(Foto: Dok-Fest München)

Vor 75 Jahren wurden die Defa-Studios für Wochenschau und Dokumentarfilme gegründet. Eine Festivalreihe zeigt besondere DDR-Filme.

Von Jürgen Moises

Da ist Martha, 68 Jahre alt, Berlinerin, Arbeiterin, Mutter und Großmutter, die in Jürgen Böttchers gleichnamigem, im Jahr 1978 für die Defa entstandenem Film Abschied von ihrer letzten Arbeitsstelle beim VEB Tiefbau nimmt. In langen, ruhigen Kameraeinstellungen sieht man noch einmal ihre anstrengende Arbeit am Schutt-Förderband. Verschmitzt und lebendig erzählt Martha aus ihrem Leben. Eine einfache Frau und sympathische Heldin der Arbeit, wie man sie im DDR-Film vorher kaum gekannt hat. Stattdessen wurden Patrioten oder politische Akteure geehrt. Zu sehen ist Martha in Kombination mit Gitta Nickels Kurzdoku Sie in der Retrospektive "75 Jahre Defa", die zum Jubiläum eine Auswahl an Produktionen aus dem Defa-Studio für Wochenschau und Dokumentarfilme präsentiert. Dazu gehören auch die ersten drei Teile von Die Kinder von Golzow: der berühmten Langzeitdokumentation von Winfried Junge, die zwischen 1961 und 2007 entstand. Leben in Wittstock ist ebenfalls Teil einer Langzeitdoku, in der Volker Koepp ähnlich behutsam wie Böttcher in Martha drei Arbeiterinnen einer Textilfabrik in den Fokus nimmt.

Sibylle Schönemann setzt sich im autobiografischen Film Verriegelte Zeit von 1990 auf beeindruckende Weise mit ihrer Stasi-Haft in Potsdam Mitte der Achtzigerjahre auseinander. Und mit Freundschaft siegt ist eine Farbfilmreportage von Joris Ivens und Iwan Pyrjew über die III. Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Ost-Berlin im Jahr 1951 zu sehen. Das propagandistische Pathos, der unerschütterliche Glaube an den Kommunismus, sie wirken heute wie aus einer fremden, fernen Welt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: