Wenn es im Fernsehen früher gefährlich wurde, wenn mal wieder jemand mit einem Bagger Eier köpfte oder Thermoskannen in der Mikrowelle explodieren ließ, hieß es stets: „Bitte zuhause nicht nachmachen!“ Diese Warnung könnte auch beim Dokumentarfilm „Nonkonform“ gelten: Da sieht man einen alten Mann, wie er in ein Weinglas beißt, lustvoll darauf herumkaut und die Scherben hinunterschluckt.
Der Scherbenmann heißt Dietrich Kuhlbrodt; beim Zuschauen fragt man sich, wie er das gemacht hat. Diese Frage könnte man ihm aber auch persönlich stellen: Wie haben Sie das gemacht, Herr Kuhlbrodt? Der gebürtige Hamburger ist 92 Jahre alt, als Staatsanwalt verfolgte er NS-Verbrecher und ließ vor Gericht Zeugen über die Todesmaschinerie der Nazis aussagen. Neben seiner Arbeit im Dienst des Staates schrieb er über Filme, unter anderem für die von Enno Patalas herausgegebene Zeitschrift Filmkritik.
Auch als Schauspieler und Drehbuchautor war er tätig, für Werner Schroeter, Lars von Trier oder Christoph Schlingensief, in Filmen wie „Menu Total“, „Europa“ oder „Die 120 Tage von Bottrop“. Er war Mitglied von Schlingensiefs Partei „Chance 2000“, stand auf der Bühne des Wiener Burgtheaters oder ist Teil eines Hamburger Künstlerkollektivs. Man könnte also sagen: Dieser Mann ist ein Gesamtkunstwerk, er selbst sieht das wohl ganz ähnlich. In „Nonkonform“, dem Film über sein Leben, sagt Dietrich Kuhlbrodt einmal: „Ich mach Kunst, Leute. Hallo?“
Der Film von Arne Körner (mit Musik von Helge Schneider) läuft ab 7. Februar im Münchner Werkstattkino, tags drauf ist Körner auch zu Gast bei einer Vorstellung. Wer Kuhlbrodt als Film-Schauspieler erleben will, hat ab 14. Februar Gelegenheit dazu: Dann zeigt das Werkstattkino Schlingensief-Filme, unter anderem „Das deutsche Kettensägenmassaker“.
Nonkonform, D 2024, Regie: Arne Körner, ab 7. Februar im Werkstattkino, Fraunhoferstraße 9; Regiegespräch am Samstag, 8. Februar, 20 Uhr