Das Auswahlverfahren ist hart, doch die Bewerberin ist ehrgeizig und erfüllt alle Anforderungen. Als man ihr das mitteilt, sagt sie: "Da wird sich meine Mutter sehr freuen." Gefreut hat sich vermutlich auch Regisseurin Frauke Finsterwalder, als sie eine Einladung zu den Internationalen Filmfestspielen Berlin erhielt. Dort läuft "Sisi & Ich" in der Sektion Panorama, ein satirischer Spielfilm über die letzte Hofdame von Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn.
Finsterwalder hat an der HFF München studiert, das Drehbuch schrieb sie gemeinsam mit ihrem Mann, dem Schriftsteller Christian Kracht. Das Münchner Produzenten-Duo Tobias Walker und Philipp Worm produzierte, Sandra Hüller und Susanne Wolff spielen die Hauptrollen. Eröffnet wird die 73. Ausgabe der Berlinale diesen Donnerstag, das Festival zählt neben Cannes oder Venedig zu den sogenannten A-Festivals. Filmemacher aus der ganzen Welt wollen ihre Werke hier zeigen. Doch das Auswahlverfahren ist hart.
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Dieses Jahr scheint aber ein gutes zu werden, zumindest aus deutscher Sicht. Gleich fünf Filme haben es in den Wettbewerb geschafft, drei davon stammen von Regisseurinnen. Die Wahlmünchnerin Margarethe von Trotta ist eine von ihnen, sie geht mit "Ingeborg Bachmann - Reise in die Wüste" ins Rennen um die Goldenen und Silbernen Bären, die am Ende des Festivals verliehen werden. Ihr Künstlerinnen-Biopic ist eine schweizerisch-österreichisch-deutsch-luxemburgische Koproduktion und ist mit Vicky Krieps (in der Titelrolle) und Ronald Zehrfeld (als Max Frisch) prominent besetzt. Der gebürtige Münchner Christoph Hochhäusler gilt als Vertreter der Berliner Schule, die für ästhetisch anspruchsvolle, mitunter etwas sperrige Filme steht. Er zeigt seine jüngste Regiearbeit "Bis ans Ende der Nacht" ebenfalls im Wettbewerb.
Eine Münchner Schule gibt es keine, zumindest im Kino, zur Berlinale haben es trotzdem einige Filme aus Bayern geschafft. In der Sektion "Perspektive Deutsches Kino" werden die Werke des Regienachwuchses gezeigt, hier laufen zwei Filme von der HFF München: Kilian Armando Friedrichs und Tizian Stromp Zargaris Dokumentarfilm "Atomnomaden" (über Arbeiter, die französische Atomkraftwerke reinigen und reparieren) sowie Lukas Röders mittellanger Spielfilm "Langer langer Kuss". Der vor einem Jahr mit dem Hofer Goldpreis ausgezeichnete Münchner Regisseur erzählt darin von einem Jungen, der sich an die Küsse seines Ex-Freundes erinnert, indem er das Zähneputzen einstellt. Ebenfalls an der HFF studiert die aus Kiew stammende Mila Zhluktenko, die mit Daniel Asadi Faezi einen Kurzfilm über Flüchtlingskinder in deutschen Kasernen gemacht hat: "Waking Up in Silence" läuft in der Sektion Generation, der Reihe mit Kinder- und Jugendfilmen also.
Der Generation zugeordnet wurde auch Sonja Heiss' Adaption des Joachim-Meyerhoff-Kindheitserinnerungsbuchs "Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war". Auf den Film der gebürtigen Münchnerin warten viele Kinogänger bereits sehnsüchtig, er startet wenige Tage später bundesweit in den Kinos. Einen regulären Kinostart hat auch Ilker Çataks "Das Lehrerzimmer", allerdings erst im Mai. Produziert wurde der Film über eine idealistische Lehrerin (Leonie Benesch) von Ingo Fliess und seiner Münchner Firma "if... Productions", in Berlin ist er in der Sektion Panorama zu sehen. Ebendort läuft auch der Debütfilm "Drifter" über einen jungen Mann, der in die Hauptstadt zieht und abstürzt. Die Hauptrolle spielt Lorenz Hochhuth, der der Münchner Theatergemeinde als Ensemblemitglied des Volkstheaters bekannt sein dürfte.
Ein bayerischer Film ist auch "Loriots große Trickfilmrevue", der alle 31 Trickfilme des Humoristen Vicco von Bülow erstmals auf die große Leinwand bringt und in Berlin als sogenanntes Special gezeigt wird. Loriot lebte am Starnberger See, dort wird auch sein Nachlass verwaltet. Seine Töchter Bettina und Susanne von Bülow haben den Film produziert. Die Bayern auf der Berlinale mögen vielleicht nicht immer auf Anhieb zu erkennen sein, Spuren hinterlassen sie aber.