Film in München:Eine Bühne für Flüchtlinge

Revelino Mondehi Cant be silent

Der Reggae-Sänger Revelino Mondehi ist vor dem Bürgerkrieg geflohen und macht jetzt mit anderen Flüchtlingen Musik in Deutschland.

(Foto: Revelino Mondehi)

Reggae-Sänger Revelino Mondehi ist vor dem Bürgerkrieg in seiner Heimat geflohen. Eine deutsche Band hat sein Talent entdeckt - und ihn mit auf Tour genommen. Nun erzählt ein Film in München seine Geschichte.

Von Caro Lobig

Wenn er auf der Bühne steht, fühlt er sich frei. Dann denkt er nicht mehr daran, dass er keine Papiere hat. Dass die deutschen Behörden ihn abschieben wollen. Revelino Mondehi war Soldat an der Elfenbeinküste. Inzwischen lebt er als Flüchtling in Deutschland - und singt.

Mondehi ist einer von fünf Asylbewerbern, mit denen die Band "Strom&Wasser" seit zwei Jahren auf Konzerttour unterwegs ist. Nun wird in München ein Film über die Band gezeigt. Mondehi sagt, dass er glücklich ist, in Deutschland Musik machen zu können. Trotzdem sieht er oft traurig aus, ist sehr zurückhaltend. "Ich habe Angst vor der Zukunft", sagt der Afrikaner.

Vor drei Jahren ist der 26-Jährige aus seinem Heimatland geflohen. In der Elfenbeinküste war der Reggaesänger für seine kritischen Texte bekannt. Als der Bürgerkrieg im Jahr 2002 ausbrach, musste er als Soldat kämpfen. "Irgendwann haben sich die Soldaten in zwei Gruppen gespalten und gegeneinander gekämpft", erzählt Mondehi. Da sei er desertiert.

Wenn Mondehi seine Geschichte erzählt, klingt das nüchtern und emotionslos. Er floh zusammen mit einem Freund, eingeschleust in ein Containerschiff, nach Europa. "Wir wussten nicht, wo es hin geht, wir wollten einfach nur weg", erinnert sich der 26-Jährige. Auf der Überfahrt seien die beiden Ivorer fast verdurstet. Nach fast zehn Tagen erreichte das Schiff Hamburg, wo Mondehi im Januar 2010 Asyl beantragte.

Der Afrikaner hatte Glück, dass ihm nur ein Jahr später der Sänger der Band "Strom&Wasser", Heinz Ratz, begegnete. Ratz ist 7000 Kilometer mit dem Rad durch Deutschland gefahren, um sich 80 Flüchtlingsunterkünfte anzuschauen. "Ich wollte die Flüchtlinge und ihre Geschichten kennenlernen und die Menschen über die Situation in Asylheimen aufklären", sagt er.

In einem Flüchtlingsheim in Oldenburg stieß der Musiker auf Mondehi. "Wir haben uns unterhalten und irgendwann kam raus, dass Revelino Reggaemusik macht", erinnert er sich. Mondehi habe ihm vorgesungen und sofort stand für Ratz fest: Er muss auf die Bühne. "Ich habe ihn seitdem regelmäßig dazu eingeladen, bei unseren Konzerten aufzutreten."

Vom Flüchtling zum bejubelten Musiker

Weil Ratz auf seiner Reise durch deutsche Flüchtlingsunterkünfte noch viele weitere Musiker traf, beschloss er, Mondehi und vier andere in seine Band aufzunehmen. Ratz sagt: "Ich wollte den Flüchtlingen eine Bühne geben." So begann für den Ivorer Mondehi ein neues Leben in Deutschland. Er lernte Nuri Ismailov aus Dagestan, Hosain Amini aus Afghanistan, Sam Nyassi aus Gambia und einen Landsmann, Jacques Zamble, kennen. Aus "Strom&Wasser" wurde "Strom&Wasser featuring the Refugees".

Bei ihren Auftritten spielt nicht nur die Musik eine Rolle, Ratz erzählt den Zuschauern auch von den Flüchtlingen und seinen Erlebnissen in deutschen Asylheimen. Vergangenes Jahr hat die Bundesregierung ihm für das Projekt die Integrationsmedaille verliehen.

Noch bis Ende dieses Jahres gibt die Flüchtlingsband in Deutschland Konzerte, im September erschien ihr zweites Album. Ihre Musik ist vielfältig: Sie reicht von deutschem Hip Hop über Balkan-Beats und französischen Reggae bis hin zu afrikanischen Trommelrhythmen. Mondehi singt auf Französisch vom Krieg in Afrika und davon, dass Flüchtlinge keine Kriminellen sind. So wie er privat wirkt, klingen auch seine Balladen: melancholisch und nachdenklich.

"Ich kann nicht still halten"

Von April bis November 2012 begleitete ein Berliner Filmteam die Band. Es entstand der Dokumentarfilm "Can't be silent", der seit August 2013 in einigen deutschen Programmkinos zu sehen ist. Anlässlich des Internationalen Tages für Menschenrechte wird der Film über die Flüchtlingsband am Dienstagabend in München gezeigt.

Die Regisseurin Julia Ölkers erzählt: "Wir wollten mit dem Film ein Bild jenseits von Bedauern und Mitleid zeichnen und die Musiker auf Augenhöhe portraitieren." Gleichzeitig zeige der Film aber auch das triste Leben in Asylheimen. "Die Reaktionen auf die Produktion sind sehr positiv, viele sind nach dem Kinobesuch motiviert, etwas für Flüchtlinge zu tun, das freut uns natürlich", sagt Ölkers.

Film in München: "Can't be silent" heißt der Kinofilm über die Band "Strom&Wasser featuring the Refugees", mit der Mondehi seit zwei Jahren durch Deutschland tourt.

"Can't be silent" heißt der Kinofilm über die Band "Strom&Wasser featuring the Refugees", mit der Mondehi seit zwei Jahren durch Deutschland tourt.

(Foto: Neue Visionen)

Auch wenn sich viele Menschen und Organisationen für die Musiker einsetzen und zwei von ihnen mittlerweile eine Aufenthaltserlaubnis haben, ist ihre Zukunft nach wie vor ungewiss. Mondehi steht gerade kurz vor der Abschiebung. "Ende November habe ich einen Brief von der Ausländerbehörde bekommen, dass ich ausgewiesen werde", sagt er. Deshalb stellt der Afrikaner jetzt einen Härtefallantrag. Ratz sagt: "Revelino muss jetzt zeigen, dass er integriert ist und seinen Lebensunterhalt selbst verdienen kann." Die Band will ihn dabei unterstützen.

Termin: Sondervorstellung des Kinofilms "Can't be silent" mit anschließender Diskussion 10.Dezember, 20 Uhr, Arena-Kino München, Hans-Sachs-Straße 7

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: