Jahresbilanz der Feuerwehr:Kini aus der Isar gefischt, Engel vom Himmel geholt

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Das Treppenhaus war nach dem Brand in der Studentenstadt vollkommen verrußt, eine junge Frau starb. (Foto: Matthias Balk/dpa)

89 815 Mal ist die Münchner Feuerwehr im vergangenen Jahr zu Einsätzen alarmiert worden - das waren die tragischsten und ungewöhnlichsten.

Von Anita Naujokat

Verletzte bei einem Zimmerbrand in Ramersdorf-Perlach, Gasaustritt während der Rushhour auf der Sonnenstraße, Großbrand in einer Autowerkstatt in Trudering, ein auf einen Streifenwagen gefallener Baum in Schwabing - das sind nur einige Schlaglichter aus der Arbeit der Münchner Feuerwehr im vergangenen Jahr. Die Einsatzkräfte halfen bei der Rettung einer Fünfjährigen, die in der Wasserwalze der Isar am Marienklausensteg zu ertrinken drohte. Und dann galt es noch, den "Kini", eine 40 Kilogramm schwere Kupferbüste Ludwig II., aus der Isar zu fischen und den Engel des Bürgerzentrums im Pasinger Rathaus abzumontieren, bevor er herunterfallen konnte. Einer Passantin war die ungewöhnliche Schräglage der Himmelsbotenfigur aufgefallen.

89 815 Mal ist die Münchner Berufswehr im vergangenen Jahr zu Einsätzen alarmiert worden. Das überstieg die Anzahl vor der Pandemie: 2019 waren es 88 382, 2020 vergleichsweise nur 80 678. Die meisten Einsätze hatte der Rettungsdienst, der fast mehr als 64 000 Mal ausrückte, gefolgt von 17 402 technischen Hilfeleistungen, 6662 Brandalarmen und fast 700 Einsätzen wegen gefährlicher Stoffe. Mitunter gab es aber auch Rauch um nichts, nämlich 4318 Fehlalarme.

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Zu den "Top 5" auf der Stichwortliste gehören das Öffnen von Wohnungen in Akutfällen (5193 Einsätze), wenn etwa darin eine hilflose Person vermutet wird, gefolgt vom Anschlagen von Brandmeldeanlagen (3364), der Rettung von Kleintieren (1713), ausgelösten Rauchwarnmeldern (896) und der Reinigung von Straßen (858).

Unterstützt wurden die 1677 Männer und 17 Frauen, die in 24-Stunden-Schichten arbeiten, bei mehr als 3000 Einsätzen und mit 275 000 geleisteten Stunden von ehrenamtlichen Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehren in München.

Eine Studentin starb an ihren schweren Brandverletzungen

Zu den besonders schlimmen Fällen zählt die Feuerwehr in ihrem Jahresbericht den Großbrand im Studentenwohnheim in Freimann im Februar 2021 mit zwei Schwerverletzten, darunter eine 23-jährige Studentin, die später aufgrund ihrer schweren Verletzungen verstarb, sowie die Kollision einer 83-jährigen Fußgängerin mit einer Trambahn im Dezember. Auch sie ist Tage nach dem Unfall gestorben.

Fast eine halbe Million Notrufe gingen im Vorjahr über die 112 bei der Integrierten Leitstelle in der Feuerwache 4 an der Heßstraße ein, zusammen mit Anforderungen von Krankentransporten oder arztbegleitenden Patiententransporten über die Nummer 19222, die von dort ebenfalls koordiniert werden, waren es knapp 1,13 Millionen.

Die First Responder wurden rund 8000 Mal alarmiert, etwas häufiger als 2020. Sie leisten schnell Erste Hilfe, wenn der Rettungswagen mal einen weiteren Anfahrtsweg hat. Dann schickt die Leitstelle ein Hilfeleistungslöschfahrzeug zum Patienten. Alle sechs Besatzungsmitglieder sind Rettungssanitäterinnen und -sanitäter, mindestens eines ist als Rettungsassistent oder Notfallsanitäter ausgebildet. Auch die Zahl der E-Calls ist gestiegen und hat sich mit gut 1200 seit 2019 vervierfacht. Bei einem E-Call setzen Autos eigenständig einen Notruf ab - etwa wenn der Airbag ausgelöst wurde. Außerdem stellt die Feuerwehr seit mehr als zehn Jahren den Notfallsanitäter für den Rettungshubschrauber Christoph 1 der ADAC-Luftrettung.

Aber auch mit Großereignissen wie die Europameisterschaft Euro 2020, die 2021 nachgeholt wurde, war die Feuerwehr gut beschäftigt. Diese habe sie über mehrere Jahre hinweg mit vielen Organisationen generalstabsmäßig vorbereitet. Das zahlte sich just zum dritten Spiel am 23. Juni beim Unwetter aus, das seit der Nacht zuvor heftig mit Schnee und Hagel in München und dem Umland tobte. Mehr als 800 Einsätze meisterten die Helfer bis um acht Uhr am nächsten Morgen. Oder die Großübung im Oktober im Aubinger Tunnel, wo ein brennendes Auto und dann zusätzlich ein Verkehrsunfall in der anderen Röhre simuliert wurden.

Fehlplanungen erschweren Einsätze

Doch das Spektrum der Feuerwehr umfasste auch weniger spektakuläre Aufgaben: Feuerbeschauen in Gebäuden in der vorbeugenden Brandbekämpfung, Schulungen und Fortbildungen, Kontrollen hinsichtlich Flucht- und Rettungswegen in Corona-Teststellen, Pop-up-Stores, auf Freischankflächen, Ortsbesichtigungen bei Veränderungen an Verkehrswegen. Bei Letzteren stellte die Feuerwehr in 17 von 913 Fällen Fehlplanungen fest, die ihren Einsatz bei Bränden und Lebensgefahr für Menschen erschwert oder die Anfahrt mit Drehleitern und Fahrzeugen an den Unfallort ganz verhindert hätten.

In der Tierrettung haben die Tauben die Bienen als häufigsten Einsatzgrund abgelöst. 318 Mal half die Feuerwehr Tieren, die sich in Netzen verfangen hatten. 199 Mal hielten sich Enten, meist bei Familienausflügen, nicht an die Regeln im Straßenverkehr. Einzufangende Bienenschwärme landeten auf Platz drei. Zu tun hatten es die Helfer aber auch mit drei Wasserschildkröten im Teich des Waldfriedhofs und einem im Urlaubsgepäck mitgebrachten Skorpion.

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