Truderinger Forst:Bis zu 40 Brände in 13 Jahren: Feuerteufel zündelt wieder

Lesezeit: 3 Min.

Ein Feuerwehrmann beim Löscheinsatz im Wald. (Foto: Thomas Gaulke - FIRE Foto)
  • Im Truderinger Forst hat es am Donnerstag gebrannt - zum wiederholten Male.
  • Schon seit 2007 gibt es in den Wäldern zwischen Perlach, Trudering, Keferloh und Höhenkirchen-Siegertsbrunn eine auffallende Häufung von Waldbränden.
  • Feuerwehr und Polizei gehen von einem Brandstifter aus, der möglicherweise zwischen 20 und 40 Brände gelegt hat.

Von Martin Bernstein

Er ist wieder da. Oder ist er vielleicht eine Sie? Ist er weg gewesen, weil er Student ist oder Saisonarbeiter? Oder ist er die ganze Zeit seit April 2018 da gewesen, irgendwo im Münchner Osten, und hat nur darauf gewartet, dass der Schnee das vertrocknete Riedgras im Truderinger Forst freigibt, das sich aus seiner Sicht so prächtig eignet, um es anzuzünden? Tatsache ist: Am Donnerstag hat es im Truderinger Forst wieder gebrannt, wieder mal im Wald hinterm Kieswerk. Auch wenn Feuerwehr und Polizei sich noch zurückhaltend äußern, eigentlich zweifelt niemand daran: Dass die Waldbrandsaison so früh genau dort begonnen hat, ist alles andere als Zufall.

Seit Jahren treibt sich ein Brandstifter in diesem Gebiet herum - zwischen 20 und 40 Taten gehen inzwischen möglicherweise auf sein Konto, je nachdem, wann man die Serie beginnen lässt und wie weit das Einzugsgebiet des Feuerteufels reicht; auch im Würmtal und bei Fröttmaning brannte es im vergangenen Frühjahr, und befürchtet wurde, der Brandstifter aus dem Münchner Osten könnte seinen Aktionsradius erweitert haben. Schon seit 2007 gibt es in den Wäldern zwischen Perlach, Trudering, Keferloh und Höhenkirchen-Siegertsbrunn eine auffallende Häufung von Waldbränden. So richtig schlimm wurde es aber erst in den vergangenen beiden Jahren. Immer um Ostern herum. Aber mit dem Osterfest selbst dürften die Taten nichts zu tun haben.

Der Brandstifter nutzt womöglich einfach die Gelegenheit. Er steckt das strohtrockene Reitgras vom Vorjahr in Brand, das den Waldboden bedeckt und noch nicht von frischem Grün überwuchert ist. Streichholz oder Feuerzeug genügen ihm, für seine Taten braucht er kein Benzin und keinen anderen Brandbeschleuniger. Hannes Bußjäger, der Kommandant der Grasbrunner Feuerwehr, hat 2018 geschildert, was für vorsätzliche Brandstiftung spricht: "Wir haben vor zehn Jahren einmal einen Test gemacht und versucht, mit einer Zigarette trockenes Gras in Brand zu setzen. Das klappt bei 100 Versuchen vielleicht einmal", sagte der Feuerwehrmann.

Mehr als 15 Hektar Wald sind so schon verwüstet worden, der Schaden geht in die Hunderttausende. Und auch wenn das Feuer vom Donnerstag von den Behörden noch nicht offiziell als Brandstiftung eingestuft wurde, passt es genau in die Serie. 2017 und 2018 lagen die ersten Brandherde nördlich der Putzbrunner Straße, ehe später auch Waldgebiete weiter im Osten und Süden betroffen waren. Auch diesmal brannte es zwischen dem Kieswerk und der Josefskapelle, ein paar Hundert Meter nördlich der Putzbrunner Straße.

Der Brandstifter zündete offenbar eine gerodete und frisch aufgeforstete Jungwaldschonung an, möglicherweise einen Tatort früherer Jahre. Durch den starken Wind breiteten sich die Flammen schnell aus. Eineinhalb Hektar Wiese und Wald wurden in Mitleidenschaft gezogen, eines der größten Feuer in der Serie bisher. Und wie schon so oft brach das Feuer am Nachmittag aus, als viele Spaziergänger in dem beliebten Naherholungsgebiet unterwegs waren. Gegen 15.45 Uhr entdeckte einer dieser Spaziergänger die Flammen und alarmierte die Feuerwehr. Mit zahlreichen Fahrzeugen und rund 70 Einsatzkräften rückte sie aus, um die immer wieder neu vom Wind angefachten Flammen einzudämmen und zu löschen. Um weitere Glutnester aufzuspüren, flogen Hubschrauber der Bundes- und der Landespolizei über das Gebiet. Gegen 18 Uhr war der Einsatz beendet.

Der mutmaßliche Brandstifter konnte auch diesmal untertauchen. Das kriminelle Katz-und-Maus-Spiel mit den Ermittlern geht weiter. Möglicherweise ist er mit dem Fahrrad unterwegs. Er kennt sich offenbar extrem gut aus im Naherholungsgebiet rund um den 500 Jahre alten sogenannten Schwedenstein und die 1980 eingeweihte Josefskapelle. Selbst den versteckten Wildkameras dort weicht er offenbar gezielt aus. Menschen kamen bei den Bränden bislang nicht zu Schaden.

Auch im benachbarten Ödenstockacher Holz hat der Täter schon gezündelt. Teile dieses Waldgebiets gehören der Agrar Grasbrunn GmbH. Das forstwirtschaftliche Unternehmen im Besitz der Familie von Finck, das rund 2000 Hektar Fichtenwald im Osten Münchens besitzt, war bereits 2017 zweimal Opfer des Serientäters und lobte danach eine Belohnung von 4000 Euro für Hinweise aus, die zur Aufklärung der Serie und zur Ergreifung des Täters führen. Weitere 1000 Euro verspricht das Landeskriminalamt. Auf Plakaten und Flugblättern in der Region zwischen Perlach, Trudering, Keferloh und Hohenbrunn wies die Polizei vergangenes Jahr auf die Belohnung hin und bat Spaziergänger und Anwohner um Mithilfe.

Dutzende Polizisten durchkämmten immer wieder den Truderinger Wald. Spürhunde waren unterwegs, ebenso berittene Polizisten der Reiterstaffel. Auf den Straßen kontrollierten Polizisten Autos und Passanten und nahmen Personalien auf. Ein Tatverdächtiger war nicht darunter. Auch die Einsatzpläne örtlicher Feuerwehren haben sich die Ermittler schon angeschaut, um auszuschließen, dass ein Brandbekämpfer der Feuerteufel ist. Alles bisher ergebnislos. Schlechtes, feuchtes Wetter verschafft dem Wald und den Einsatzkräften eine Atempause. Für die beiden kommenden Sonntage jedoch verheißen die Meteorologen strahlenden Sonnenschein. Keine guten Aussichten.

© SZ vom 02.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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