Fettes Brot in München:Das Leben ist eine Hüpfburg

Drei Hamburger in München: Beim Konzert im Zenith bringen Fettes Brot das Publikum zum Singen und Springen - mit neu aufpolierten Versionen ihrer Gassenhauer.

Beate Wild

Es ist nicht mehr "1996", sondern 2010. Kaum zu glauben, wie die Zeit vergangen ist, seit Fettes Brot vor 14 Jahren mit ihrem All-Time-Klassiker "Jein" die Charts stürmten. Kaum ein heute um die 30-Jähriger, der nicht die ersten Zeilen dieses Songs aus dem Stegreif singen kann.

Fettes Brot in München

In letzter Zeit immer sehr elegant gekleidet: Fettes Brot.

(Foto: Foto: dpa)

Als die drei Hamburger am Mittwochabend die Bühne des Münchner Zeniths stürmen und gleich mit ihrem ersten Song "Emanuela" die Halle zum Hüpfen bringen, ist es sofort wieder da: das leichte Lebensgefühl, bei dem der Spaß an der Sache an erster Stelle steht. Und sie stellen dann auch gleich freudig überrascht fest: "So viele Leute waren noch nie bei einem Konzert von uns in München."

Stimmt, und das ist wirklich in soweit verwunderlich, da die "Brote" nicht einmal mit einem neuen Album auf Tour sind, sondern mit ihren alten Gassenhauern.

Das Einzige, was sie gerade veröffentlicht haben, sind zwei separate Live-Alben - und das auch noch gleichzeitig. Ein ziemlich gewagtes Unterfangen im Musik-Business, doch "Fettes" und "Brot", wie die beiden Platten heißen, stürmten - trotz aller Kontroversen im Vorfeld - die Charts. Das erklärt vielleicht auch den Drang der Münchner, die Nordlichter live sehen zu wollen.

Aus den drei hanseatischen Rotzlöffeln sind erfahrene Entertainer geworden. Statt Baggy Pants und Kapuzenpulli tragen sie heute weiße Jacken beziehungsweise Anzüge und bunte Hüte dazu. Dies scheint im Übrigen der neue Hamburger Stil zu sein, denn Jan Delay neulich war genau so gekleidet.

Bei den Songs der Hamburger geht es wie immer um Humor ("Wenn wir uns mal hauen, dann n'Holsten in die Plautze") und Partytauglichkeit ("Also seid ihr dabei, wenn der Beat losgeht?"), doch auch Kritik an der Gesellschaft ("Eine Million bedroht vom Hungertod nach Schätzungen der Unicef, während ich grad gesundes Obst zerhäcksel in der Moulinex") und Ratschläge fürs Leben ("Lass die Finger von Emanuela") teilen die Jungs aus.

Sprachwitz und gute Laune

Mit einer achtköpfigen Band im Rücken stehen die "Brote" auf der Bühne und lassen keinen Baustein ihrer altbekannten Songs auf dem anderen. Alles bekommt einen neuen Anstrich. "Silberfische" wird zur Dancehall-Nummer, "Die Definition von Fett" wird im Big-Band-Stil vorgetragen, "Jein" ist ein Rock-Elektro-Gewitter, "Bettina" eine Punkhymne, "Erdbeben" kommt in Diskomanier daher und "Hamburg Calling" ist eine Coverversion von The Clashs "London Calling".

Pop in seinem ursprünglichen Sinn ist das, was die "Brote" bieten. Überall stibitzen sie sich ihre Songelemente und mixen sie zu einem wundervollen Endprodukt zusammen. Fettes Brot zählt mit zu den Pionieren des deutschen Hip-Hops. Von Aggro-Rappern wie Bushido oder Sido grenzen sie sich ab durch Reimkunst, Sprachwitz und gute Laune.

Mit den neuen Arrangements ihrer Stücke zeigen Doktor Renz, König Boris und Björn Beton, dass sie mehr drauf haben, als einfach ihre alten Hits herunterzuspielen wie immer. Man sieht den Jungs an, dass sie Spaß haben bei der Sache. Dem Publikum im Übrigen auch.

Es wird gesprungen und gesungen. Vor allem Old-School-Fans, also ältere Semester, sind gekommen. Aber auch einige jüngere "Brote"-Anhänger sind da. Die alten Nummern haben sie trotzdem alle drauf.

Am Ende des Abends sind alle durchgeschwitzt und glücklich. Ein Live-Konzert der Hamburger Jungs ist eine Art Verjüngungskur. Oder anders ausgedrückt: fett.

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