Süddeutsche Zeitung

Festival:Lasst euren Träumen freien Lauf

Was gibt es Schöneres, als im Sommer ins Kino zu gehen? Zum 68. Mal finden die Filmkunstwochen München statt - und warten mit neuen Filmen, Hits, Klassikern und prominenten Gästen auf.

Von Josef Grübl

Franz Kafka war großer Filmfan, einmal schrieb er sogar in sein Tagebuch: "Im Kino gewesen. Geweint." Dieser Satz wird oft zitiert: Meist von nah am Wasser gebauten Kinogängern, aktuell aber auch von starr in die Kasse schauenden Kinobetreibern. Erst durften sie monatelang gar nicht aufmachen, ihre Häuser blieben leer. Dann durften sie wieder öffnen, ihre Häuser bleiben aber trotzdem leer. Oder so gut wie leer: Ansteckungsangst, Abstandsregeln und fehlende Neustarts aus Hollywood verhageln das Sommergeschäft, die Besuchszahlen sind auf einem historischen Tiefstand angelangt. Dabei kann Kino so schön sein, gerade in diesen Wochen: Man hat viel Platz, die Säle werden regelmäßig durchgelüftet, und auf bescheuerte US-Blockbuster kann man auch einmal verzichten.

Nicht verzichten sollte man auf die Filmkunstwochen München, die dieses Jahr zum 68. Mal stattfinden. Einst wollten Kinobetreiber etwas gegen die Sommerflaute in den Kinos tun, jetzt begegnen sie der Kinoflaute im Corona-Sommer. Los geht es mit dem neuen Film von Marcus H. Rosenmüller, der seine Musikerdoku Dreiviertelblut - Weltraumtouristen dem Publikum im Rio Filmpalast persönlich vorstellt. In den drei darauffolgenden Wochen suchen auch Caroline Link (Der Junge muss an die frische Luft), Michael Kranz (Was tun?), Klaus Lemke (Ein Callgirl für Geister) oder Janna Ji Wonders (Walchensee Forever) Kontakt zum Publikum. Der nimmermüde Eckhart Schmidt ist sogar mit drei neuen Filmen zu Gast.

Es gibt eine "Black Lives Matter"-Reihe mit Spielfilm-Highlights wie Moonlight, Waves, Precious oder Queen & Slim, sowie eine "Fernweh"-Reihe für alle Daheimgebliebenen. Im Studio Isabella wird in Filmen aus Spanien und Lateinamerika getanzt, im Rottmann, Rio und Rex laufen Biopics und Dokus über "Künstlerköpfe" wie Christoph Schlingensief, Udo Lindenberg oder Maria Callas. Ein Wiedersehen mit Klassikern von Fassbinder, Fellini, Wenders, Godard oder den Marx Brothers gibt es im ABC Kino, Theatiner und Filmeck Gräfelfing. Und im ABC darf man es berühmten Filmfans gleichtun und den Tränen freien Lauf lassen, bei der Vorstellung von Orson Welles' Kafka-Verfilmung Der Prozess.

68. Filmkunstwochen München, Mittwoch, 5., bis Mittwoch, 26. August, mehrere teilnehmende Kinos, www.filmkunstwochen-muenchen.de

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Quelle:
SZ vom 30.07.2020
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