Fernbusse für München:Konkurrenz für den ICE

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Fernbusse sollen München mit anderen deutschen Städten verbinden - und das 30 bis 50 Prozent billiger als die Bahn.

Marco Völklein

Wer von München nach Berlin, Frankfurt oder Hamburg reisen will, hat vom kommenden Jahr an möglicherweise eine günstige Alternative zu Bahn, Flugzeug oder Auto: den Reisebus. Das Frankfurter Busunternehmen Deutsche Touring kündigt an, sein Drehkreuz München auszubauen und künftig Direktverbindungen in andere deutsche Städte anzubieten - als Konkurrenz vor allem zum ICE der Deutschen Bahn.

Möglich wird dies, weil die Bundesregierung ein Gesetz aus dem Jahr 1934 ändern will, das derzeit solche Linien noch untersagt. Man wolle ein flächendeckendes Angebot an Fernbussen, sagt eine Sprecherin des Verkehrsministeriums.Ursprünglich wollte der Gesetzgeber mit der Regelung die Bahn vor Konkurrenz auf der Straße schützen - bis heute hat sich diese Bestimmung für innerdeutsche Verbindungen gehalten, eine Ausnahme gibt es nur für Verbindungen nach Berlin, die noch aus der Zeit des Kalten Krieges stammt.

Doch seit ein paar Jahren fordert die Bus-Lobby eine Öffnung des Marktes - offenbar nun mit Erfolg. Die Stiftung Warentest, der ADAC und der ökologisch orientierte Verkehrsclub VCD unterstützen die Forderungen. Der Branchenverband BDO rechnet mit bundesweit 50 bis 100 Unternehmen, die Buslinien oder ganze Fernbusnetze aufziehen könnten. Experten rechnen auch mit dem Einstieg britischer Unternehmen wie Stagecoach oder National Express, die über viel Erfahrung im eigenen Land verfügen.

Deutsche-Touring-Chef Roderick Donker van Heel hat sich zum Ziel gesetzt, die "Nummer eins in Deutschland zu werden" - mit einem bundesweiten Netz und zahlreichen Direktverbindungen quer durchs Land. München spielt dabei eine zentrale Rolle. Heute schon steuert das Unternehmen von der Isar aus zahlreiche Ziele an, unter anderem im ehemaligen Jugoslawien, in Rumänien und Bulgarien. Dieses Drehkreuz will Donker van Heel ausbauen: So bedient sein Unternehmen derzeit zum Beispiel täglich die Route Frankfurt - München - Skopje; nicht täglich allerdings fahren die Busse zwischen Berlin und Skopje. Eine tägliche Verbindung von Berlin nach Münchenwürde somit zusätzliche Angebote für Umsteiger ermöglichen.

Die Deutsche Bahn dagegen hat Anfang Juni angekündigt, dass sie vorerst nicht in den Fernbusverkehr einsteigen wolle. Im Interesse von Kunden, Mitarbeitern und des Eigentümers werde der Konzern "keine unnötigen Risiken" eingehen. Man werde den Markt beobachten, sehe aber durch den Fernbus vorerst keine Gefahren für das eigene Geschäft.

Donker van Heel macht sich gleichwohl große Hoffnungen. Zum Start 2012 plant er zwei Linien von München aus: eine führt über Frankfurt nach Hamburg, eine über Nürnberg und Leipzig nach Berlin. Weitere Linien sollen folgen.

Seine Fahrkarten will der Geschäftsmann "30 bis 50 Prozent" billiger anbieten als die Bahn. Ähnliches Sparpotenzial hatte der ADAC in einer Studie ermittelt - daran würden auch die Gepäckgebühren der Busfirmen, die zwischen ein und fünf Euro pro Stück betragen, nichts ändern. Allerdings ist der Kunde mit dem Bus länger unterwegs: So sitzt der Fahrgast laut Stiftung Warentest auf der Strecke Hamburg-Berlin in etwa doppelt so lange im Bus als im ICE der Bahn. Dennoch: "Unsere Kunden achten vor allem auf den Preis, weniger auf die Zeit", sagt der Touring-Chef. Und beim Komfort könnten es die Busse mit Snackbar und Zeitungsservice durchaus mit der Bahn aufnehmen.

© SZ vom 22.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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