Ferienprogramm Lilalu:Wie Betreuer von den Kindern lernen

Ferienprogramm Lilalu: Beim Lilalu Ferienprogramm hat ein großer Teil der Betreuer einen Migrationshintergund.

Beim Lilalu Ferienprogramm hat ein großer Teil der Betreuer einen Migrationshintergund.

(Foto: Robert Haas)
  • Im Olympiapark findet jährlich das Lilalu statt - ein Ferienprogramm für Kinder.
  • Sowohl unter den Teilnehmern, als auch unter der ehrenamtlichen Betreuern sind viele Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund.
  • Die Lilalu-Helfer und ihre Ausbildung werden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gefördert.

Von Melanie Staudinger

Wenn der kleine David auf die Toilette muss, begleitet Frosan ihn. Wenn er zu wild wird, ruft sie ihn zur Ruhe. Und wenn er lacht, dann lacht sie mit ihm. Die 19-jährige Fachabiturientin arbeitet ehrenamtlich beim Ferienprogramm "Lilalu" im Olympiapark mit. Ihre Aufgabe: Sie betreut David, einen Neunjährigen mit Down Syndrom.

Der hält die junge Frau ziemlich auf Trab. "Er ist das erste Kind mit Behinderung, auf das ich aufpasse", erzählt Frosan. Anfangs sei das schon anstrengend gewesen, doch nach kurzer Zeit habe sie gesehen, dass David im Parkour-Workshop Fortschritte macht, dass er sich an seine neue Begleiterin gewöhnt hat und langsam auch das tut, was sie ihm sagt. "Man lernt selbst viel durch die Tätigkeit als Ferienbetreuerin", erzählt Frosan, die schon seit April 2014 bei den Lilalu-Workshops dabei ist. "Die Arbeit hier hat mich selbstbewusster und selbstsicherer gemacht", sagt sie.

Wie die Ferienbetreuer vorbereitet werden

Frosan ist eine von mittlerweile 180 Lilalu-Helfern, die in den vergangenen drei Jahren am deutschlandweiten Projekt "Wir engagieren dich - engagier dich" teilgenommen haben, das vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gefördert wird. Gerade in der Jugendarbeit ist es wichtig, dass nicht nur deutsche Betreuer eingesetzt werden, sondern auch welche mit ausländischen Wurzeln.

In zwei Seminaren werden Interessenten auf ihre Tätigkeit in der Ferienbetreuung vorbereitet. Als Entschädigung erhalten sie 40 Euro vom BAMF. Über soziale Netzwerke und Internetseiten werden gezielt Jugendliche und junge Erwachsene mit Migrationshintergrund im Alter von 16 Jahren an angesprochen. Dabei spielt keine Rolle, ob sie hier geboren sind wie Frosan, deren Eltern aus Afghanistan kommen, oder ob sie vor kurzem erst nach Deutschland geflüchtet sind wie die Cousins Saeed und George aus Syrien.

Ferienprogramm Lilalu: Das Gleichgewicht zu halten, ist nicht immer ganz so einfach. Schon gleich gar nicht, wenn der einzige Halt ein dünner Reifen ist, der sich dreht.

Das Gleichgewicht zu halten, ist nicht immer ganz so einfach. Schon gleich gar nicht, wenn der einzige Halt ein dünner Reifen ist, der sich dreht.

(Foto: Robert Haas)

Gut ein Drittel aller Ferienbetreuer bei Lilalu sind nicht-deutscher Abstammung, bei den Teilnehmern an den Workshops ist der Anteil ähnlich hoch. Das hat für Lilalu-Sprecherin Vera Tichy einen doppelten Vorteil: Zum einen sehen sich die Kinder mit ihrem eigenen Kulturkreis in den Betreuern widergespiegelt und auch die Eltern hätten einen Ansprechpartner, mit dem sie sich in der Muttersprache unterhalten könnten. Zum anderen profitieren die Betreuer. "Sie sollen sich als integraler Bestandteil unserer Gemeinschaft fühlen", sagt Tichy. Und nebenbei ihre Deutschkenntnisse verbessern.

Was die Betreuer für Hintergründe haben

Im Orionzelt im Olympiapark hilft der 17-jährige Saeed seinem Workshop-Leiter Mike bei der "Bunten Woche". Hier können die Kinder in Akrobatik, Trampolin und Luftartistik hineinschnuppern. Saeed passt auf, dass den Teilnehmern nichts passiert, wenn sie auf Stelzen laufen, sich auf Reifen und Vertikaltücher schwingen oder mit Gymnastikbällen spielen.

Es ist warm im Zelt, ein wenig stickig und vor allem laut. "Das ist bei Kindern doch normal", sagt Saeed und lacht. Er spricht erstaunlich gut deutsch, kam er doch erst vor acht Monaten ohne Eltern aus Syrien nach München. Warum er bei Lilalu ist? Er wollte etwas Neues ausprobieren, bevor er im September ein Gymnasium besuchen und mit seinem Cousin George das Abitur machen will. Beide planen zu studieren, Saeed am liebsten Medizin, George vielleicht Architektur. Josue passt ebenfalls bei der Luftakrobatik auf. Der 18-Jährige kommt ursprünglich aus dem Kongo und lebt seit siebeneinhalb Jahren in Deutschland. Bald legt er seine mittlere Reife auf einer Wirtschaftsschule ab. "Klar ist es hier anstrengend", sagt er. Aber es mache Spaß.

Ferienprogramm Lilalu: Frosan passt auf, dass sich die Kinder bei ihren waghalsigen Kunststücken nicht verletzen.

Frosan passt auf, dass sich die Kinder bei ihren waghalsigen Kunststücken nicht verletzen.

(Foto: Robert Haas)

Beim 17-jährigen Jwan im Sonnenzelt ist es hingegen ein wenig ruhiger. Die Kinder haben sich um ein Trampolin versammelt und hören zu, wie sie sich auf die Abschluss-Show vorbereiten. Jwan macht derweil Pause. Vor Lilalu habe er ein Praktikum im Kindergarten absolviert. Doch mit den zwei- bis vierjährigen Kindern habe er nicht viel anfangen können. Bei Lilalu sind die Teilnehmer älter, vier bis neun Jahre alt. "Jetzt weiß ich, dass ich Sozialpädagogik studieren will", sagt der junge Mann, der vor einem Jahr aus Syrien floh. Vorausgesetzt er schafft das Abitur. Die Mittelschule hat er gerade erfolgreich beendet und wechselt nach den Sommerferien ebenfalls auf ein Münchner Gymnasium.

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