Feldmoching:Leben auf dem Acker

Auf 23 Hektar zwischen Lerchenauer Straße und Lerchenstraße sollen 1600 neue Wohnungen entstehen. Noch bevor die Planungen begonnen haben, beziehen Stadt und Investoren die Bürger ein

Von Jerzy Sobotta, Feldmoching

Peter Müller und Benjamin Meinke stehen am Rand des großen Feldes, das nur fünf Gehminuten südlich vom Ortskern von Feldmoching liegt. "Lerchenauer Feld" nennen sie es. Wegen der Schneedecke erahnt man nur, dass der Acker zwischen Lerchenauer und Lerchenstraße noch immer von Bauern bewirtschaftet wird. Nicht mehr lange, denn in einigen Jahren wird dort eine Wohnsiedlung für mindestens 3700 Menschen entstehen. Müller und Meinke sind die beiden Geschäftsführer der "Wohn Park Lerchenauer Feld", eines Gemeinschaftsunternehmens zweier großer Immobilieninvestoren aus München und dem Umland. Müller vertritt die Bayerische Hausbau, die zur Schörghuber-Gruppe gehört, Meinke die Concept Bau. Die beiden Firmen haben in den vergangenen fünf Jahren den Acker Stück für Stück aufgekauft, von insgesamt 58 Eigentümern. "Es war ein ganz schöner Kraftakt", sagt Meinke, sich an die Verhandlungen erinnernd. Es hat geklappt, und nun ist die Wohn Park Eigentümerin von 53 Prozent des Feldes. Der Rest gehört der Stadt. Auch sie will die 23 Hektar große Siedlung zwischen Lerchenauer und Lerchenstraße, das hat der Stadtrat im Dezember noch einmal bekräftigt.

Um die 1600 Wohnungen werden gebaut werden, so viel steht fest. Wie sie aussehen werden, allerdings noch nicht. Dafür muss die Stadt erst einen Bebauungsplan ausarbeiten, der sich an einem städtebaulichen Wettbewerb orientiert. Architekturbüros aus ganz Europa konnten sich bis vor Kurzem um die Teilnahme bewerben. Drei vorläufige Entwürfe setzen ihnen einen Rahmen.

Müller zeigt auf die Häuser im Osten. Einige sind drei Stockwerke hoch, andere um die acht. "Etwa in dieser Höhe könnte gebaut werden. Aber keinesfalls so hoch wie die Betonklötze dort drüben." Die stehen auf der anderen Seite der Gleise und sind gut 14 Stockwerke hoch. "Wir werden in den Randbereichen sicherlich Rücksicht auf die gewachsene Struktur Feldmochings nehmen", versichert Müller. Daher sollen die Wohnhäuser erst Richtung Süden höher werden - bis zu acht Etagen. Das ist das Maximum, das die Stadt erlaubt.

Südlich begrenzen zwei Fußballplätze den Acker. "Nördlich davon soll ein Schulcampus entstehen, mit weiteren Turnhallen und Sportplätzen. Insgesamt um die 7,5 Hektar groß", sagt Müller. Dazu gehörten eine Grundschule und das neue sechszügige Gymnasium, für das viele Eltern aus dem Stadtbezirk schon lange kämpfen. Außerdem hat die Stadt ein "Flexiheim" mit Plätzen für hundert Obdachlose, ein Pflegeheim für 130 Senioren und einen Kinder- und Jugendtreff angekündigt - sowie einen Nachbarschaftstreff auf Wunsch des Bezirksausschusses Feldmoching-Hasenbergl.

Ortstermin und Begehung der großen Freifläche an der Georg-Zech-Allee in Feldmoching am 15.01.2019.

Ortsansicht: die Investoren Peter Müller (links) und Benjamin Meinke auf dem Lerchenauer Feld.

(Foto: Jan A. Staiger)

"Es soll ein weitgehend eigenständiges Viertel werden, das nicht in Konkurrenz zum Ortskern von Feldmoching steht", sagt Müller. Dafür wird es vier bis sechs Kindertagesstätten, einen Drogerie- und Supermarkt geben. Auch Gastronomie an zentralen Orten kann er sich gut vorstellen, größeres Gewerbe oder Büros hingegen nicht. "Wir wollen ein belebtes Wohnviertel, keine reine Schlafstadt."

Für die soziale Durchmischung der Bewohner soll die sozialgerechte Bodennutzung sorgen, eine Vorgabe der Stadt. Sie regelt, dass auf öffentlichem Grund 50 Prozent geförderter Wohnraum entstehen muss, auf privatem Grund 30 Prozent plus zehn Prozent preisgedämpft. Den Rest wollen die Investoren "familienfreundlich" bauen, also im mittleren Preissegment verkaufen. Wie viele der künftigen Eigentümer ihre Wohnungen dann vermieten, können sie nicht sagen.

Frühestens 2025 werden die ersten Menschen in ihre neuen Wohnungen einziehen, schätzen die Investoren. Den Zeitplan haben sie bereits vor Augen: Dieses Jahr entwickeln mindestens zwölf Architekturbüros ihre Ideen für die Bebauung des Viertels. Von Anfang 2020 bis Ende 2021 erstellt die Stadt den Bebauungsplan, der 2022 alle Hürden im Stadtrat genommen haben soll. So will es auch die Stadt.

Die Öffentlichkeit wird schon jetzt beteiligt: Noch bevor die Planung beginnt, könne man die Anregungen der Bürger am besten berücksichtigen, sagt Müller. Schon am Dienstag, 5. Februar, wird daher ein erster Bürger-Workshop stattfinden. Ein zweiter soll Mitte des Jahres folgen, sobald das Preisgericht fünf Architekturbüros für die zweite Phase des Wettbewerbs bestimmt hat. Das sei ein guter Zeitpunkt, um öffentlich erste Entwürfe zu präsentieren. "Wir wollen nicht an den Bürgern vorbeiplanen", sagt Müller. Drei Sieger gibt das Preisgericht voraussichtlich Ende dieses Jahres bekannt. Auf einen müssen sich Stadt und Investoren einigen und den Bürgern zeigen. Auf seiner Grundlage wird dann der Bebauungsplan ausgearbeitet.

Obwohl erst dann Konkretes feststehen wird, hat der Bezirksausschuss bereits eine lange Liste von Verbesserungsvorschlägen vorgelegt: Die größte Sorge gilt dem Verkehr. Den verursachten allerdings Pendler aus dem Umland, sagt Müller. Das bestätigen auch die Zahlen der Verkehrsplaner der Stadt. Die Lokalpolitiker wünschen sich ein nachhaltiges Verkehrskonzept, und zwar bevor die Bagger anrollen. Zudem wollten sie die Größer der Häuser auf drei Stockwerke begrenzen, das Obdachlosenheim verkleinern und aus ökologischen Gründen Fernwärme vermeiden. Diese Punkte hat die Stadt jedoch abgelehnt.

Die beiden Investoren stapfen an einer Holztafel vorbei, die für frische Kartoffeln wirbt. "Feldmoching wird sich durch die anstehenden Entwicklungen in den nächsten Jahrzehnten stark verändern", sagt Müller und blickt auf die benachbarten Häuser im Norden. Einigen Anwohnern hätten früher Teile des Feldes gehört. Sie seien selbst auf den Investor zugekommen. "Sie rechnen schon lange damit, dass hier Wohnungen gebaut werden."

Schon in den Achtzigerjahren wollte die Stadt die Siedlung an der Bergwachtstraße planen, wie sie damals genannt wurde. 1992 hatte sie sogar eine Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) beschlossen, die sie 2002 allerdings wieder aufgehoben hat, weil die Kassen klamm waren. Nun soll es schneller gehen. Und es sieht alles danach aus, dass die neue Siedlung bald wirklich kommt. Ob das auch die übrigen Anwohner freut, wird sich spätestens im Februar zeigen.

Der Bürger-Workshop zur Quartiersentwicklung des Lerchenauer Feldes findet am Dienstag, 5. Februar, von 19 bis 22 Uhr in der nahegelegenen Faganahalle an der Georg-Zech-Allee 15 statt.

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