Süddeutsche Zeitung

Feldmoching:Hoch hinaus

In der Nähe des Feldmochinger Bahnhofs plant die Stadt den Bau von etwa 600 Wohnungen. Bei einem Workshop reden die Bürger darüber, wie die Neubauten den Charakter des Viertels verändern

Von Simon Schramm, Feldmoching

Der Bewohner aus Feldmoching weiß, dass mit der neuen Bebauung entlang der Ratoldstraße das Viertel auch in der Horizontale wachsen wird. "Wie hoch werden denn die Häuser?", fragt er und erhält als Antwort von Bettina Gerlach vom Stadtplanungsbüro Dragomir: "Wie hoch hätten Sie es denn gern?" Auch ihr sei aufgefallen, "dass wieder höher gebaut wird, wir sind heute bei einer Deckenhöhe von 2,70 Meter, ein Geschoss kommt dann auf 3 bis 3,10 Meter". Aus dem Gespräch entsteht eine Vorstellung, wie sich die Neubebauung staffeln könnte: Höhere Geschossbauten könnten nahe der Bahnlinie stehen, Richtung Osten könnten sie niedriger ausfalle, um sich dem Charakter des Viertels anzupassen.

Viele Gespräche am Samstagnachmittag verliefen so, denn Bürger aus Feldmoching sprachen mit Experten über das Wohnprojekt und lieferten Vorschläge, wie sich der Stadtteil entwickeln könnte. Der Druck der Stadt, für mehr Wohnraum zu sorgen, macht auch an ihrer Grenze, in Feldmoching, nicht Halt. Das Immobilienunternehmen CA Immo möchte auf einem 9,5 Hektar großen Areal rund 600 Wohnungen bauen. Als Antwort auf die Forderung vieler Bewohner, bei einen solchen Projekt in der Nachbarschaft beteiligt zu werden, veranstaltete das Unternehmen in Kooperation mit der Stadt am Wochenende einen Workshop, der gut besucht war. An fünf Thementischen holten Mitarbeiter der Stadtreferate und städtebaulichen Büros die Meinungen und Ideen der Bürger ein.

Die Bewohner bezweifelten etwa, dass der Stellplatzschlüssel in der geplanten Tiefgarage mit einem Parkplatz pro Familie ausreicht. "Heut' haben doch Frau und Mann jeweils ein Auto, und der Bub auch noch", sagte ein Teilnehmer. Die Planer verwiesen auf den bestehenden Parkplatz am Bahnhof, der womöglich ausgebaut wird. Als mögliche Maßnahme gegen Fremdparker wurde auch eine Parklizenzierung genannt. Die Bewohner erhoffen sich, dass nun auch die sozialen Strukturen ausgebaut werden: Sie forderten eine neue Apotheke, mehr Arztpraxen, eine Postfiliale oder einen Nachbarschaftstreff.

Stefan Müller vom Ingenieursbüro "Möhler und Partner" erklärte, welcher Lärmschutz wohl für die Wohnbebauung in Frage kommt: Eine schallschluckende Hausfassade, wie sie sich beispielsweise am Museum Brandhorst befindet. Innerhalb des Gebäudes könnten dann außerdem Flur, Küche und Bad zur Bahnlinie ausgerichtet werden - und die Schlafzimmer zur ruhigen Seite. "Wie am Mittleren Ring", verglich eine Anwohnerin. Zwei Kitas sind geplant, offen ist noch, ob es in der Raheinstraße eine Berufsschule geben wird. Über den möglichen Abriss des Gebäudes an der Raheinstraße soll ein Gutachten entscheiden. Auch wird untersucht, wie genau der Abriss und Neubau der Grund- und Mittelschule an der Eduard-Spranger-Straße aussehen wird; das Referat für Bildung und Sport rechnet damit, dass der fünfzügige Ausbau der Schule für die neuen Schüler reicht. Und wie sieht es mit der Nahversorgung aus? Am Walter-Sedlmayr-Platz wird ein Vollsortimeter entstehen; vielleicht wird der Discounter ausgebaut.

Alle gesammelten Ideen wird das Planungsreferat nun auswerten; das Planungsbüro Dragomir wird den Workshop auf www.dragomir.de dokumentieren. Beim städtebaulichen Wettbewerb sollen die Preisrichter die Entwürfe der Architekten auch danach bewerten, inwiefern die Ideen der Bürger berücksichtigt werden. Noch vor dem Wettbewerb wird den Bürgern das Ergebnis des Workshops präsentiert. Nach dem Wettbewerb folgen die üblichen Schritte bis zum Bebauungsplan. Mit dem Baubeginn ist wohl 2018 oder 2019 zu rechnen. Fazit des Wochenendes? "Wesentlich ist es jetzt, dass die Ideen ernst genommen werden", sagte Reinhard Sachsinger von der Aktionsgemeinschaft "Rettet den Münchner Norden." "Und es ist wichtig, dass sie erkennbar in den Eckdatenbeschluss aufgenommen werden."

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Quelle:
SZ vom 12.10.2015
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