Feldmoching:Gute Zeiten für Glücksritter

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Grundstücksspekulation ist für die Stadt schwer zu verhindern

Von Simon Schramm, Feldmoching

Auf den Äckern rund um Feldmoching wird langfristig ein neuer Stadtteil entstehen. Man muss kein Prophet sein, um das zu behaupten, auch wenn nach dem Aus für die Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) noch nicht feststeht, ob er aus Einzelprojekten zusammengestückelt sein wird oder ob die Stadt nach neuen Spielregeln doch ein Großquartier aus einem Guss entwickelt. Für Grundstücksspekulanten jedenfalls sind die Zeiten gerade wieder gut, oder in den Worten von Stadtbaurätin Elisabeth Merk: "Jetzt rennen natürlich alle Glücksritter wieder rum und versuchen, etwas zu machen". Denn die SEM ist ja gekippt, jenes baurechtliche Instrument, das mit seiner Begrenzung der Bodenpreise Aufkäufer und Zwischenhändler davon hatte abhalten sollen, Grundstücke zu horten und die Baulandkosten in die Höhe treiben. Wie der SEM-Nachfolger, das kooperative Stadtentwicklungsmodell Kosmo, dies in den Griff kriegt, muss sich erst noch zeigen. "Diese Bodenspekulationen sind schon ein großes Problem. Dafür haben wir eigentlich keine Instrumente", räumt Merk ein.

Vollkommen den Geschäftemachern ergeben wollen sich die Stadtplaner dennoch nicht. "Unser bestes Mittel ist die Planungshoheit", sagt Merk. Die Stadt entscheidet, wo gebaut wird, und sie arbeitet nur mit den Grundstückseigentümern zusammen, mit denen sie sich auf die Kosmo-Bedingungen einigen kann. Außerdem hat der Stadtrat dem Planungsreferat im Juni ein Vorkaufsrecht genehmigt, das laut Merk aber bisher nicht angewendet wurde. "Es ist eine Schranke", sagt sie.

Denn unter bestimmten Bedingungen darf die Stadt nun bei Grundstücksgeschäften im Gebiet um Feldmoching und Ludwigsfeld eingreifen. Zum Zug kommt sie aber erst, wenn ein Handel vollzogen ist. "Wenn im Hintergrund irgendwelche Optionsverträge laufen, das wissen wir ja nicht", erklärt Merk. Ein Patentrezept, um die Entwicklung zu steuern, sieht die Stadtbaurätin nicht. "Wir müssen einfach verhandeln. Es gibt keinen anderen Weg. Und dann muss man abwägen", sagt sie.

Ein Allheilmittel gegen Glücksritter war aber übrigens auch die SEM nicht. Da ist zum Beispiel eine Firma, die am 10. Februar 2017 ins Handelsregister aufgenommen wurde, zehn Tage bevor Oberbürgermeister Dieter Reiter die SEM Nord ankündigte. Für diese Firma ist im Grundbuch auf ein Flurstück in Ludwigsfeld eine Auflassungsvormerkung eingetragen. Ein Emissär des Unternehmens sprach im Herbst 2017 die Eigentümer und Pächter der drei benachbarten Flächen an und drängte sie, der Firma beizutreten. So erzählen es die betroffenen Ludwigsfelder, der Emissär selbst geht auf Anfragen nicht ein. Als er mit seiner Teilhaber-Offerte keinen Erfolg hatte, bot er einer Eigentümerin nach deren Angaben an, ihre gut fünf Hektar Grund für 160 Euro pro Quadratmeter zu kaufen - zu SEM-Zeiten wohlgemerkt, als man noch von Bodenwerten zwischen 15 und 20 Euro pro Quadratmeter ausgehen musste. Auf acht Millionen Euro hätte sich das Angebot summiert. Wie sich das für die Firma gerechnet hätte, lässt sich nicht sagen. Ihre Vertreter äußern sich auf Anfrage nicht.

Für die Stadt und ihre Bemühungen um günstigen Wohnraum liegt jedenfalls in solchen Offerten das Problem: "Wenn einer kommt und sagt, ich gebe euch aber trotzdem das Fünffache, dann haben wir keine Steuerungsmöglichkeit", sagt Stadtbaurätin Merk.

© SZ vom 11.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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