Feldmoching:Baden gegangen

Feldmoching: Verhandlungsversuche: Badegäste und der Abschleppdienst auf der Wiese am Feldmochinger See.

Verhandlungsversuche: Badegäste und der Abschleppdienst auf der Wiese am Feldmochinger See.

(Foto: Privat)

Ein Student parkt verbotswidrig auf Privatgrund am Feldmochinger See. Der Abschleppdienst verlangt 331,40 Euro, obwohl er das Auto gar nicht mitnimmt. Dass der Preis korrekt ist, hält ein ADAC-Jurist für zweifelhaft. Das Geschäftsgebaren der Firma ist schon öfter aufgefallen

Von Kilian Beck, Feldmoching

Die Sonne brennt auf den Feldmochinger See, der Parkplatz ist bereits voll, als Paul C. mit zwei Freunden an jenem Sommer-Sonntag die Ferchenbachstraße entlang fährt. "Dann war da das Feld, auf dem standen schon ungefähr 50 andere Autos, deshalb habe ich dort geparkt", sagt der französische Student, der mit seinem Nachnamen nicht in der Zeitung stehen möchte. Als C. und seine Freunde zwei Stunden später aufbrechen, stehen sie vor einer fast leeren Wiese. "Da standen nur noch mein Auto, noch eins und ein Abschleppwagen", erzählt er. Die Grundstück gehört dem Feldmochinger Landwirt Johann Kammerer. Sein Sohn Johann Kammerer junior betreibt den Hof. "Der Zirkus", den die Badegäste seit Jahren am See veranstalteten, werde für ihn immer wieder zum Problem. "Ich hatte Glasscherben im Futter, daran kann ein Tier sterben", sagt der Landwirt. Er hat ein Abschleppunternehmen beauftragt.

Als C. sein Auto erreicht, will es der Fahrer des Abschleppwagens gerade aufladen. Das kann der Student verhindern. Die Leerfahrt soll er trotzdem übernehmen. "Wenn ich sofort bezahle, kostet es nur 200 Euro, hat er gesagt, darauf ging ich nicht ein", erzählt der Student. C. wird aufgefordert, sich auszuweisen, der Mitarbeiter der Abschlepphilfe 24 fotografiert den Ausweis und C.s Kennzeichen.

Die Abschlepphilfe 24 eckt mit ihrem Geschäftsgebaren nicht zum ersten Mal an. Das Unternehmen ist auch Klaus Heimgärtner, Anwalt für Verkehrsrecht beim ADAC, ein Begriff, C.s Empörung kann er zumindest nachvollziehen. "Gegenüber dem Abschleppdienst hätte er sich nur ausweisen müssen, hätte er sein Auto aus der Verwahrstelle zurückverlangt", sagt Heimgärtner. Schon anhand des Kennzeichens sei der Halter zu ermitteln und gegebenenfalls in Haftung zu nehmen. Als C. sein Auto weggefahren hat, lädt der Abschlepper aber noch ein anderes Auto auf. "Damit ist es auch keine Leerfahrt mehr, da ja kein Schaden entstand", sagt Heimgärtner.

Eine Woche nach dem Ausflug an den See hat C. eine Rechnung über 331,40 Euro im Briefkasten. "Ich war erst mal geschockt, und fühlte mich betrogen", sagt der angehende Ingenieur. Ein Gefühl, das auch andere Autofahrer kennen. So war die in Gröbenzell ansässige Abschlepphilfe24 durch ihre rigide Abschlepp-Praxis von einem Privatparkplatz in der Nähe des Ladenzentrums am Lerchenauer See schon im Januar 2018 aufgefallen. Einen ähnlichen Fall gab es im August 2019 auf einem Parkplatz nahe der Zulassungsstelle an der Eichstätter Straße.

In einer E-Mail an die Abschleppfirma fragt C. nach, warum er eine Leerfahrt bezahlen müsse, die nicht stattgefunden habe. Eine Woche später flattert ihm eine Mahnung ins Haus, die nach zehn Tagen fällig wird. Wer die Firma beauftragt hat, muss er erfragen. Neben dem Punkt "Auftraggeber" steht, orthografisch nicht ganz korrekt, nur das Wort "kunde".

Allein das ist laut Heimgärtner schon ein Problem. "Die Abschlepphilfe24 kann nicht einfach eine Rechnung stellen, es besteht ja kein Vertragsverhältnis", sagt er. Eine Rechnung dürfe nur im Auftrag des Grundstückeigentümers gestellt werden. "Der muss dann auch kenntlich gemacht werden", führt er weiter aus. Warum diese Angabe fehlt, kann sich der Jurist nicht erklären. Die Abschleppfirma lässt eine Nachfrage dazu unbeantwortet.

Auftraggeber Kammerer hat jedenfalls gar nicht darum gebeten, seinen Namen von der Rechnung zu tilgen, zumindest gibt er das so an. Der Landwirt hat den Abschleppdienst beauftragt, weil er sich nicht mehr anders zu helfen wusste: "Ich brauche die Wiese, und habe schon Schilder aufgestellt, Absperrband gespannt, aber beides wurde immer wieder abgerissen", sagt Kammerer. Heimgärtner gibt ihm Recht: "Dass Eigentümer abschleppen lassen, ist natürlich in Ordnung, aber wie das dann passiert, ist das Problem." Kammerer weist die Verantwortung zurück: "Ich gehe davon aus, dass der Abschleppdienst weiß, was er tut."

In seiner E-Mail an das Unternehmen hinterfragt C. die Höhe des Preises. "Damit hat er Recht", sagt Heimgärtner - und zwar aus zwei Gründen: Abschleppdienste müssen ortsübliche Preise verlangen. Ob 218,48 Euro allein für das Abschleppen - ohne Sonntagszuschlag - noch ortsüblich seien, hält Heimgärtner für "mindestens zweifelhaft". Die Geschäftsführung der Abschlepphilfe 24 äußert sich auch dazu nicht. Außerdem geht aus der Rechnung hervor, dass ein Abschleppwagen mit Kran eingesetzt wurde. Warum das notwendig gewesen sein soll, ist laut Anwalt Heimgärtner nicht ersichtlich. Der Verband der Bergungs- und Abschleppunternehmen gibt in seiner aktuellen Preisumfrage jedenfalls einen Mittelwert von 159 Euro pro Stunde für einen Abschleppwagen ohne und 185 Euro für einen mit Kran an.

Einen Tag, nachdem die Mahnung fällig gewesen wäre, erhält C. eine Antwort auf seine E-Mail: Es handle sich um eine Leerfahrt, da ein weiteres Abschleppfahrzeug bestellt worden sei. Auf alle weiteren Punkte geht das Unternehmen nicht ein. Auf die Mahnung hat Paul C. nicht reagiert: "Ich habe immer noch nicht gezahlt, ich glaube nicht, dass das legal ist."

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