Feierstunde:Freund oder Feind

Ordensverleihung

Christian Gerhaher erhält von Ministerpräsident Seehofer einen Orden.

(Foto: dpa)

Ministerpräsident Seehofer zeichnet auch seine Kritiker aus

Seit der Antike bewertet man die Mächtigen auch danach, wie sie mit ihren Untergebenen umgehen. Allzu viel Hybris und Verachtung gereichte meist zum eigenen Nachteil, Milde und Großzügigkeit adelte den Sieger zusätzlich. So gesehen hat sich Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) am Mittwoch eher bleibenden Ruhm erworben. Denn er zeichnete beim Festakt in der Residenz neben verdienten Ehrenamtlichen auch zwei Menschen aus, die sich dezidiert und öffentlich gegen ihn gestellt hatten. Zum Beispiel die frühere Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth: Sie erhielt den Bayerischen Verdienstorden für ihr umweltpolitisches und humanitäres Engagement. "Trotz allem", habe ihr Seehofer bei der Überreichung zugeraunt, sagte Roth danach. "Wegen allem", habe sie ihm geantwortet. "Es zeigt, dass Bayern vielfältig und bunt ist und nicht nur schwarz", sagte Roth.

Einer der Mitgeehrten hatte im Februar geradezu zur Revolution gegen Seehofer aufgerufen. Bariton Christian Gerhaher appellierte in einer Rede nach einem Konzert in der Philharmonie an die Münchne, sie sollten Widerstand gegen Seehofers-Konzertsaal-Pläne leisten. Der Ministerpräsident will ja bekanntlich auf einen Neubau verzichten und stattdessen mit OB Dieter Reiter den Gasteig umbauen - für Gerhaher und sein Musik- und Musikerfreunde ein Unding, gegen das man kämpfen muss. Dennoch nahm er ebenso wie Pianist Gerhard Oppitz den Maximiliansorden aus Seehofers Händen an. Die Träger sollten ja laut Definition dieses Ordens die Staatsregierung auf den Feldern von Kunst und Wissenschaft beraten - "und dieser Aufgabe komme ich gerne nach", sagte der Sänger nach der Ehrung zur SZ. Zumal Horst Seehofer überaus freundlich gewesen sei: Der öffentliche Kampfaufruf sei kein Thema mehr gewesen, stattdessen habe er sich mit dem Ministerpräsidenten lange und gut über die Konzertsaal-Frage unterhalten, sagte Gerhaher. "Es ist ein Einsehen da", glaubt er. Seehofer selbst kokettierte bei seiner Rede mit der eigenen Flexibilität: Auch die Wittelsbacher hätten sich oft verrannt - und dann einfach die Seiten gewechselt.

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