Wäre der Flaucher ein Hotelstrand am Mittelmeer, hätten Urlauber längst den Reiseveranstalter verklagt: wegen wüster Strandpartys mit Grillrauchschwaden und Kiesinseln voller Müll am Morgen danach. Einige Feiernde benehmen sich auch durchaus so, als wäre der Flaucher ein Strand am Ballermann inklusive täglicher Reinigung. Was sie an Flaschen und Verpackung mitgebracht haben, lassen sie am Ende der Nacht einfach liegen. Die morgendliche Strandreinigung gibt es am Isarufer tatsächlich, an heißen Wochenenden sammeln die Müllmänner in den Morgenstunden bis zu vier Tonnen Abfall ein. 4000 Kilogramm Müll.
Es ist Mittwochfrüh, seit sechs Uhr streifen die Männer in ihren orangefarbenen Westen mit blauen Säcken und Sammelstöcken am Ufer entlang und sammeln ein, was andere hinterlassen haben: Wein-, Sekt- und Bierflaschen, Plastiktüten, ganze Grillsets. Dazu überall Zigarettenkippen und Glasscherben. Auch auf den Wegen entlang des Tierparks sammeln Mitarbeiter des Zoos Weggeworfenes ein. "Die Zustände sind wirklich unter aller Sau", sagt Josef Schmid. Am Tag zuvor steht Münchens Zweiter Bürgermeister ein paar Kilometer nördlich des Flauchers am Vater-Rhein-Brunnen und blickt auf den Fluss. Der CSU-Politiker setzt sich eigentlich leidenschaftlich dafür ein, dass die Münchner ihre Isar noch besser nutzen können. Sogar ein öffentliches Flussbad im Kanal kann er sich gut vorstellen. Doch das Verhalten von Feiernden, die ihren Müll einfach am Flaucherstrand liegen lassen, findet Schmid unerträglich. "Mehr Kontrollen, mehr Ermahnungen" fordert Schmid. "Der private Sicherheitsdienst braucht Verstärkung."
Die Tiere im Zoo sind gestresst
Dienstagabend am Flaucher. An der Thalkirchner Brücke schwärmen Sicherheitsleute von "Securitas" aus, paarweise gehen sie die Strecke zwischen Brudermühlbrücke und Großhesseloher Brücke ab. Überall auf den Kiesbänken flackert es. Oft sitzen allerdings Pärchen nur vor ein paar Windleuchten und blicken ins Wasser, in dem sich der Schein von Lagerfeuern spiegelt. "Wenn wir offenes Feuer sehen, bitten wir die Leute, es auszumachen", sagt einer der Security-Leute. An diesem Abend haben er und sein Kollege schon mehrere Lagerfeuer austreten lassen. "Und zwei bis drei Mal pro Nacht müssen wir die Polizei rufen." Dann, wenn die Feiernden uneinsichtig oder gar aggressiv werden. Dabei warnen zahlreiche Schilder davor, Lagerfeuer zu entfachen oder in der Nähe von Büschen oder Bäumen zu grillen. Im Umkreis der hölzernen Thalkirchner Brücke ist auch Grillen streng verboten.
Aber längst nicht alle halten sich an die Spielregeln. Zwischen Büschen und sogar auf dem Kiesweg an der Grenze zum Tierpark sind an diesem Abend gelöschte Feuerstellen zu sehen. "Wir haben da große Angst und können nur hoffen, dass kein Feuer ausbricht", sagt Daniel Hujer. Der Sprecher des Tierparks befürchtet, dass ein plötzlicher Brand im Hellabrunner Gehege "in keinster Weise kontrollierbar wäre: Dann hätten wir ein richtiges Problem".
Aber auch ohne eine derartige Katastrophe leiden die Tiere im Zoo unter dem nächtlichen Treiben hinterm Zaun. Insbesondere die Elche, Ziegen und Alpakas werden vom Partylärm auf Dauer nervös. "Es verstört sie einfach, wenn sie bis morgens nicht schlafen können", sagt Hujer. Am meisten gestresst seien jedoch die Giraffen. Sobald sie den Rauch riechen, der oftmals bis in die Mitte des Tierparks zieht, versuchen die Tiere instinktiv zu fliehen. Und sogar vom Müll ist der Tierpark betroffen. Plastikverpackungen von Grillfleisch weht es oft über den Zaun, die werden dann von den Tieren gefressen. "Teilweise schmeißen die Leute den Müll auch absichtlich über den Zaun", glaubt Hujer.
Der Alarm, den Tierparkchef Rasem Baban und seine Mitarbeiter deshalb kürzlich geschlagen haben, zeigt Wirkung im Rathaus. Noch Mitte Juli hatte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) lediglich freundlich an die Münchner appelliert, den Müll an der Isar nicht einfach liegen zu lassen. "Genießen Sie diesen wunderbaren Sommer. Genießen Sie das einmalige Naherholungsgebiet an der Isar. Haben Sie Spaß! Und grillen Sie bitte nur dort, wo es ausdrücklich erlaubt ist, nehmen Sie alles, wirklich alles, was man so zum Feiern, Grillen, Chillen braucht, einfach wieder mit", schrieb Reiter in der Rathaus-Umschau. Zwei Wochen später verlor der Oberbürgermeister allerdings die Geduld mit den "Saubären", wie er sie dann nannte. Der OB drohte, den Müll am Flaucherstrand einfach nicht mehr wegräumen zu lassen. In einem Städtchen an der portugiesischen Küste scheint eine derartig drakonische Maßnahme gewirkt zu haben: Die Leute nahmen fortan ihren Müll wieder mit.
Und den Abfall lassen einige auch einfach liegen - der Müllmann räumt ja auf.
(Foto: Robert Haas)