Süddeutsche Zeitung

Fehlalarme am Hauptbahnhof:Wau, ein Schließfach

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Münchens Sprengstoffhunde arbeiten zu dienstbeflissen. Die Vierbeiner der Polizei schlagen immer wieder auf falsche Substanzen an. Deswegen hat es am Hauptbahnhof reihenweise Fehlalarme gegeben.

Susi Wimmer

Der Hund an sich hat ja zumeist nur eines im Kopf, beziehungsweise in der Nase: Egal, wo die Chappi-Dose steht oder die Wurst deponiert ist, er erschnüffelt sie mit Sicherheit. Nun hat der Hund aber auch Artgenossen, die anderes im Sinn haben: die sechs Vierbeiner etwa, die zur Wiesnzeit am Hauptbahnhof ihren Dienst tun.

Die geraten bei einem etwas spezielleren Geruch außer Rand und Band: bei einer chemischen Substanz, die unter anderem in Sprengstoffen enthalten ist. Diese Fähigkeit sorgt momentan fast täglich zur halbseitigen Sperrung des Hauptbahnhofes.

Zum Oktoberfest reisen bekanntlich Millionen Gäste aus nah und fern an, und gerne gibt der Gast sein Gepäckstück zur Aufbewahrung in ein Schließfach am Hauptbahnhof. Dort hat die Bundespolizei, um die Wiesngäste zu beschützen, die Sicherheitsmaßnahmen nach oben gefahren. Deshalb patrouillieren momentan auch 18 statt normalerweise 13 Hunde an den Bahnsteigen, darunter sechs Sprengstoffhunde. Natürlich nicht alle gleichzeitig. Aber alle gleichermaßen dienstbeflissen.

Die Hunde haben in ihrer Grundausbildung in Neuendettelsau gelernt, bei bestimmten chemischen Substanzen Laut zu geben. Und nun stehen die Vierbeiner fast täglich vor den Schließfächern am Hauptbahnhof und kläffen die Türchen an. Sie wittern Substanzen, auf die sie trainiert sind. Nur: diese Substanzen sind nicht nur in Sprengstoff enthalten, sondern auch in sehr vielen Dingen des Alltags. Die Folge sind viele falsche Alarme, den ersten gab es gleich am Samstag. Trotzdem: "Die Hunde machen alles richtig", sagt Polizeisprecher Berti Habelt.

Beim ersten Kläffer läuft bei der Polizei ein bestimmter Einsatzplan ab: Zunächst wird die "Meldung" des Hundes als "Fundsache" behandelt. Am Eingang Arnulfstraße rattern die Rolltore nach unten, Absperrbänder werden gespannt, die Fahrgäste müssen den Umweg über den Haupteingang machen, und der Zugang zu den Schließfächern ist abgesperrt.

Ein zweiter Suchhund schnüffelt, und schlägt auch er an, werden Spezialkräfte der Polizei geordert, die am Münchner Flughafen stationiert sind. Die Entschärfer prüfen Schließfach und Gepäckstück, öffnen es - oder transportieren es ab, wenn es verdächtig erscheint. Sperre aufgehoben.

Ein Reisender soll am Montag seinen Zug verpasst haben, weil er nicht an seinen Koffer kam. "Das tut uns leid", sagt Berti Habelt, "aber wir müssen jeden Alarm ernst nehmen". Welche Gegenstände es nun genau sind, auf die die Spürhunde anschlagen, will Habelt nicht sagen. "Sonst haben wir lauter Trittbrettfahrer, die das absichtlich machen", fürchtet er.

Glycerin allerdings, das gerne zu Sprengstoff verarbeitet wird, ist in ziemlich vielen Alltagsgegenständen enthalten. Aber so lange es um die Sicherheit geht, sollte das dem Reisenden wurscht sein.

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Quelle:
SZ vom 22.09.2011
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