FDP-Politikerin:Hildegard Hamm-Brücher ist tot

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Hildegard Hamm-Brücher - hier im Jahr 2011 - ist im Alter von 95 Jahren gestorben. (Foto: picture alliance / dpa)

Über Jahrzehnte prägte sie die Politik der FDP. Nun ist die Liberale im Alter von 95 Jahren gestorben.

Die Grande Dame der deutschen Politik ist tot: Hildegard Hamm-Brücher ist im Alter von 95 Jahren gestorben. Über Jahrzehnte prägte sie die Politik der Liberalen - erst von München aus, dann in ganz Deutschland. Seit etwa anderthalb Jahren hatte Hamm-Brücher mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, wie sie zuletzt an ihrem Geburtstag im Mai erzählte: Zwei Oberschenkelhalsbrüche, Gedächtnislücken und Gleichgewichtsstörungen. Das politische Geschehen verfolgte sie dennoch weiter, denn ihre Haltung verlor sie nie.

Hamm-Brücher gehörte einer Politiker-Generation an, die es heute kaum mehr gibt. Geboren 1921 in Essen, aufgewachsen in Berlin. Mit zehn Jahren verlor sie die Eltern, lebte bei der Großmutter in Dresden. Mit 15 erfuhr die preußische Protestantin, dass sie nach den Rassegesetzen der Nazis "Halbjüdin" ist. Sie wechselte auf das Internat Schloss Salem an den Bodensee, machte in Konstanz Abitur.

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Sie war liberal und eigensinnig: Hildegard Hamm-Brücher galt als "Grande Dame der FDP". Dann gab sie nach 54 Jahren aus Protest ihr Parteibuch zurück. Eindrücke aus ihrem Leben.

Von Melanie Staudinger

"Das kriegt man nicht mehr aus dem Kopf und aus dem Herzen, wie die Deutschen waren. Sie waren grässlich", sagte sie über die NS-Zeit. Der Kampf für Freiheit und Demokratie prägte nicht nur ihre politische Laufbahn, sondern ihr Leben.

1948 zog die promovierte Chemikerin als Rathaus-Jüngste für die FDP ins Münchner Stadtparlament ein. Später wurde sie Bundestagsabgeordnete und Staatsministerin im Auswärtigen Amt unter Hans-Dietrich Genscher. Die Krönung blieb ihr 1994 versagt. Hamm-Brücher kandidierte für das Bundespräsidentenamt und wurde im dritten Wahlgang von der eigenen Partei dem Koalitionskalkül geopfert - Unionskandidat Roman Herzog wurde Staatsoberhaupt.

Nach 54 Jahren Mitgliedschaft gab Hamm-Brücher 2002 ihr Parteibuch ab. Auslöser waren antiisraelische Äußerungen des inzwischen verstorbenen Partei-Vizes Jürgen Möllemann. "Ich bin ja eine Liberale. Ich bin nur keine Möllemann-Liberale. Und auch Westerwelle war nicht gerade mein Typ", sagte Hamm-Brücher. Für diese Haltung wurde sie bewundert, aber auch angegangen.

Als die FDP sich 1982 während der Kanzlerschaft von Helmut Schmidt (SPD) an die Seite der Union schlug und Helmut Kohl (CDU) in einem konstruktiven Misstrauensvotum Kanzler wurde, gehörte Hamm-Brücher zu den Abgeordneten, die nicht mitmachten.

Bis zuletzt hat Hildegard Hamm-Brücher im Münchner Süden gelebt, am Mittwoch ist die Politikerin gestorben, wie der bayerische Landesverband der Liberalen mitteilte. Die Trauerfeier soll am Montag, 19. Dezember, um 10.30 Uhr in der Münchner St.-Lukas Kirche stattfinden, unter anderem hat sich dazu Bundespräsident Joachim Gauck angekündigt.

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Sie war schwanger von einem verheirateten Katholiken, versteckte sich zur Geburt und kämpfte früh für die Rechte der Frauen. 2012 sprach das SZ Magazin mit Hamm-Brücher über die Lehren aus einem bewegten Leben.

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