Süddeutsche Zeitung

FDP in München:Einigkeit statt Irritationen

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Die Stadt-FDP will mit einem neuen Chef das schlechte Wahlergebnis und den internen Streit hinter sich lassen. Vor allem die Themen Digitalisierung und Verkehr sollen stärker in den Fokus rücken.

Von Heiner Effern

Die FDP in München hat einen neuen Stadtchef. Der 44 Jahre alte Jurist Michael Ruoff folgt Stadtrat Fritz Roth nach, der schon lange seinen Verzicht auf eine weitere Amtszeit erklärt hatte. Die Liberalen wählten ihren Vorsitzenden bereits am 21. Oktober in der Muffathalle, wegen der strengen Hygienevorschriften damals intern. Am Donnerstag stellte sich Ruoff nun offiziell als Vorsitzender der FDP vor. Die Stimmung auf dem Parteitag sei wegen der Abstände und der Maskenpflicht etwas "gebremst" gewesen, erzählte Ruoff. Doch von der Bremse will er die Münchner FDP schnell wegbekommen. "Ich möchte meine Partei wieder streitlustig und diskussionsfreudig erleben."

Ruoff hat damit wohl auch die Streitlust mit den anderen Parteien um die beste Stadtpolitik im Sinn. In den vergangenen Monaten konzentrierte sich diese Lust stark nach innen. Die FDP hatte bei der Kommunalwahl mit 3,1 Prozent enttäuschend abgeschnitten, wie schon 2014. Sie konnte wieder nur drei Stadträte ins Rathaus schicken, die dann zum Unwillen von Teilen der Partei auch noch eine Fraktionsgemeinschaft mit Richard Progl von der Bayernpartei eingingen. Die liberalen Europäer und die konservativen Sezessionisten, das passte für die Jungen Liberalen, aber auch für andere FDP-Mitglieder wie die Kreisvorsitzende im Münchner Osten, Cécile Prinzbach, nicht zusammen. Zudem wurde nicht nur Kritik am Wahlkampf laut, sondern bei diesem auch noch das Budget überschritten.

Die Aussprache auf dem Stadtparteitag soll aber sehr zurückhaltend gewesen sein. Die Jungen Liberalen sprachen die Kritikpunkte nochmals an. Der alte Vorstand wurde aber entlastet, und der neue Vorsitzende Ruoff ist sichtlich bemüht, die Liberalen wieder auf Einigkeit und den Blick nach vorne einzuschwören. Das Mandat dazu hat er mit seinen drei Stellvertreterinnen Dagmar Föst-Reich, Daniela Hauck und Laura Reif erhalten. Es gab keine einzige Kampfkandidatur, Ruoff erhielt 82 Prozent der gültigen Stimmen.

Sein Verhältnis zum OB-Kandidaten und Fraktionschef Jörg Hoffmann sei sehr gut, betonte Ruoff. Es gebe sehr viele inhaltliche Überschneidungen. Der Start der Fraktion in die neue Amtsperiode sei zudem gelungen, die Arbeit passe ins liberale Parteiprogramm. Und die Irritationen um die Kooperation mit der Bayernpartei seien weitgehend ausgeräumt, auch wenn es nicht die "Wunschkonstellation" einer liberalen Partei sei.

"Die drei Stadträte haben sich in einer schwierigen Situation befunden," räumte Ruoff ein, und hätten sich wegen der persönlich guten Basis für Progl entschieden. Offen bleibt allerdings, ob es überhaupt eine Möglichkeit für eine Entscheidung gab. Die FDP musste einen Partner finden, um sich von der gleichstarken AfD abzusetzen und nicht im Abseits des politischen Betriebs zu landen. ÖDP und Freie Wähler arbeiten in vielen Bezirksausschüssen schon länger zusammen, und der Wunschkandidat vieler Liberaler, Felix Sproll von der Partei Volt, sprach auch mit anderen Fraktionen. Er sehe kein größeres Konfliktpotenzial mit der Fraktion, sagte Ruoff, der Stadtverband werde ihre Arbeit kritisch begleiten und bei Bedarf auch mal eigene Themen setzen.

Inhaltlich will Ruoff die Stadt-FDP vor allem bei der Digitalisierung stärker positionieren. "Ich bin zum Beispiel immer wieder überrascht, wie schlecht die städtischen Schulen hier abschneiden", sagte Ruoff. Aber auch der Verkehr soll bei den Liberalen im Fokus stehen. Er wolle sich für "eine bessere Koexistenz der verschiedenen Verkehrsformen einsetzen", sagte er. Dabei sprach der neue Stadtchef viel über Radfahrer, jedoch nicht nur darüber, dass diese mehr Rücksicht einfordern sollten, sondern auch mehr Rücksicht ausüben sollten. Zum Beispiel auf Autofahrer. Insgesamt will Ruoff die FDP "inhaltlich und personell so aufbauen, dass wir uns 2026 bei der Kommunalwahl verbessern".

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SZ vom 30.10.2020
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