Süddeutsche Zeitung

Flagship-Store des FC Bayern:Eine rot-weiße Welt mit Bierzapfsäulen

In München entsteht derzeit das neue Prestigeprojekt des FC Bayern: Sieben Stockwerke Erlebniswelt mit Verkaufsflächen, Restaurant und Hotel. Ein Besuch auf der Baustelle - und der Frage: Was kostet eine Nacht beim Rekordmeister?

Von Linus Freymark

Flaggschiffe haben immer etwas Imposantes an sich. Sie sollen beeindrucken, identitätsstiftend sein für den Rest der Flotte, die der Admiral von hier aus führt. Auch Werbestrategen haben den Begriff für sich entdeckt, und viele große Marken, die etwas auf sich halten, betreiben in München mittlerweile einen Flagship-Store: Apple in der Rosenstraße, Nymphenburger Porzellan am Odeonsplatz, Louis Vuitton in der Residenzstraße und Prada - wo auch sonst - in der Maximilianstraße. Aushängeschilder sollen diese Geschäfte sein, würdige Repräsentanten des eigenen Hauses - auch wenn sich diese Art von Geschäft meist lediglich durch seine Größe und Lage von den anderen, ganz gewöhnlichen Filialen abhebt.

Natürlich darf in der illustren Reihe der Flagship-Store-Besitzer der FC Bayern nicht fehlen. Da war man sich beim FC Bayern einig. Lange haben Vorstand und Marketingstrategen eine geeignete Immobilie gesucht, 2017 wurde man fündig: In der Weinstraße 7, direkt neben der Frauenkirche, soll in diesem Dezember die "FC Bayern Welt" eröffnen, und um der Öffentlichkeit schon einmal zu zeigen, was da auf sie zukommt, haben die Bayern am Dienstag ausgewählte Medien zu einem Baustellenrundgang geladen. Neben den obligatorischen Verkaufsräumen finden in dem Gebäude zwei Restaurants mit bayerischer beziehungsweise internationaler Küche Platz sowie ein Hotel mit 30 Zimmern. Im fünften Obergeschoss entsteht ein "Penthouse", ein Lounge-Bereich mit Panorama-Fenstern und Dachterrasse mit Blick auf die direkt angrenzende Frauenkirche.

In erster Linie richtet sich der Betrieb an Touristen, aber selbstverständlich, betonen die Bayern-Bosse, seien Einheimische jederzeit willkommen. "In Anführungszeichen für jedermann" erschwinglich sollten die Preise in Hotel und Restaurant sein, verspricht Vorstandsmitglied Jörg Wacker. Doch was man bei den Bayern darunter versteht, wird bei den Übernachtungspreisen deutlich: Diese würden "bei unter 200 Euro beginnen", erklärt Attila Dogudan von der Betreiberfirma DO & CO, je nach Saison und Zimmergröße werde es teurer. Die Lage direkt am Marienhof hat ihren Preis - doch der gewöhnliche Bayern-Fan, der das Team in normalen Zeiten in der Kurve unterstützt, wird vom neuen Prestigeprojekt seines Vereins wohl wenig haben.

Alle sieben Stockwerke des Hauses haben die Bayern für ihr Projekt von der Nymphenburg Immobilien AG angemietet, zu Mietdauer und -kosten haben beide Seiten Stillschweigen vereinbart. Noch sieht das Gebäude allerdings nicht danach aus, als würde es in wenigen Monaten neuer Repräsentant der Marke FC Bayern München werden. Überall werkeln Bauarbeiter herum, der Bohrlärm hallt durchs ganze Haus. Fotografen dürfen deshalb auch nicht mitkommen zum Termin, der FC Bayern will die Fotos aus dem Inneren anschließend lieber selbst zur Verfügung stellen. In der Chefetage ist man optimistisch, den Eröffnungstermin im Dezember halten zu können. "Es sieht sehr, sehr gut aus", sagt Wacker.

Auf Außenwerbung verzichte man "aus Respekt vor der Fassade" aus dem 19. Jahrhundert vollkommen, und auch die Hotelzimmer wirken in den Simulationen, die den Pressevertretern präsentiert werden, eher neutral. Im Flagship-Store dagegen sind in den Entwürfen Logo und Vereinsfarben omnipräsent und wichtige Werbepartner bekommen die Möglichkeit, sich zu präsentieren: Audi und Adidas bekommen sogar Verkaufsflächen im Laden. Und beim Bier, das aus Zapfsäulen kommt, die in die Hotelzimmer integriert sind, könne man sich sicher sein, dass das von Paulaner komme, sagt Wacker.

Die Bayern sind angesichts des neuen Projekts entzückt von sich selbst. "Schwer begeistert" sei er darüber, dass das Projekt trotz dieser schwierigen Zeiten nun bald fertiggestellt werden könne, lässt der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge wissen. Die Bauarbeiten seien von der Corona-Krise kaum betroffen gewesen, doch ganz dürfte FC Bayern nicht von den Folgen der Pandemie verschont bleiben. Denn auch wenn der Eröffnungstermin durch die Pandemie bisher nicht gefährdet sei und sich die Vereinsoberen optimistisch zeigen, so dürfte doch der Hotel- und Gastrobetrieb zumindest in den ersten Monaten um einiges schleppender anlaufen als geplant.

Unbedingt Profit machen muss so ein Flaggschiff einerseits nicht unbedingt, da geht es vor allem um Präsenz. Andererseits ist der Eröffnungstermin im Dezember aber nicht zufällig gewählt. "Das Weihnachtsgeschäft wartet", sagt Karl-Heinz Rummenigge.

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SZ vom 12.08.2020/mmo
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