Süddeutsche Zeitung

Faschingsfinale:Hexen, Hippies und ein Bürgermeister

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Gut 500 Allacher beteiligen sich am Allacher Faschingsumzug, darunter Josef Schmid im Cowboy-Kostüm. Zu den Teilnehmern auf den zehn großen Wagen gehören auch viele Einrichtungen und Institutionen

Von Anita Naujokat, Allach

Die Grünen fahren mit großem Trommelwirbel auf, die SPD macht sich lieber rar - und die CSU? Ist nur die CSU. Keine Anspielung auf die Landtagswahl im Herbst hängt an ihrem Wagen, während die Grünen - Slogan "Hep, Hep, Hurra" - schon mal ihren Landtagskandidaten Hep Monatzeder hochleben lassen und "Grünen Wind gegen schwarze Flaute" ankündigen. Hat die CSU da eine Chance verpasst? Mitnichten, so Münchens Bürgermeister und Wirtschaftsreferent Josef Schmid (CSU) im Cowboy-Kostüm, der sich ebenfalls für ein Landtagsmandat bewirbt. "Wir sind noch nicht im Wahlkampf und zeigen in Allach bei jedem Anlass und zu jeder Jahreszeit Präsenz, nicht wie die Grünen, die es nötig zu haben scheinen." Für den Allacher Schmid ein Heimspiel, für Monatzeder, der sich gerade noch schminken lässt, eine Premiere. Er nimmt erstmals am Allacher Faschingszug teil.

Was wäre der Allacher Umzug ohne politisches Geplänkel. "Einmal links, einmal rechts, einmal vor und zurück", schallt es vom Wagen des Alpenrösls, noch während sich der Zug in der Baumstänglstraße formiert. Und angesichts der jüngsten Koalitionsverhandlungen in Berlin kann man sich ein Grinsen nicht verkneifen. Auch das Wort "Jamaika" blitzt zwischendrin auf, doch auch das ist nicht politisch gemeint. Es prangt auf dem Wagen der "Cool Runners", einer privaten Gruppe aus der Pfarr- und der ehemaligen Pfarrjugend.

Generationenwechsel, Tierschutz und "verkehrte Welt": Die Motive sind so vielfältig wie die Akteure. An die 500 Teilnehmer zählt die Polizei und bestimmt doppelt so viele Zuschauer. Zehn große Wagen, gezogen von zum Teil schon historischen Traktoren, und fast so viele Hand-, Kinder- und Bollerwagen, schieben sich durch Allachs Straßen.

Auf den von Einhörnern, Hippies, Hexen und allerlei Tierfiguren bevölkerten Gehsteigen ist zum Teil kein Durchkommen mehr. Als Modell für die Zukunft präsentiert sich die "1. Allacher mobile Kita", und der Jugendclub macht einen auf "Superhelden". Überhaupt ist der Allacher Faschingszug ein erstaunlich junger. Dass jetzt die Jungen übernehmen, zeigte nicht zuletzt die "Lila-Lupi-Gruppe". Dort übernehmen jetzt die Töchter Linda, Laura, Luisa und Pia die von Mutter Claudia gegründeten, gleichnamigen Kindereinrichtungen, der Name setzt sich aus den Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen zusammen.

Die Pfarrjugend und Ministranten der Allacher Gemeinde Maria Himmelfahrt verarbeiten die Mühsal des Austragens von 4000 Briefen zur Pfarrgemeinderatswahl, indem sie im Postwagen anrücken. Die Buben vom Burschenverein - alle Ski- und Snowboard-Fans - lassen es wie beim Après-Ski krachen, eine Truppe im Outfit der "Simpsons"-Zeichentrickfiguren sind auch mit von der Partie - mitsamt gelbem Atom-Warnzeichen auf schwarzem Untergrund. "Ich gehe schon mit, seit ich ein Jahr alt bin", erzählte der 38-jährige Florian Mühl, damals freilich als Zwerg. Ist die Krähengruppe der pure Kostümspaß, muss man bei der "verkehrten Welt" schon zweimal hinschauen. Dirndl und Janker falsch herum, Masken auf den Hinterköpfen: Ja, Allach hat eben zwei Gesichter.

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Quelle:
SZ vom 14.02.2018
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