Kostümpartys 2025 in München:Wo die Münchner Fasching feiern

Lesezeit: 6 Min.

Grantig? Mitnichten. Beim traditionsreichen „Tanz der Marktweiber“ zeigen sich die Verkäuferinnen des Viktualienmarkts von ihrer ausgelassenen Seite. (Foto: Catherina Hess)

Der Fasching in München hat es schwer, in diesem Jahr ganz besonders. Aber viele Münchner trotzen der traurigen Lage und halten die Stimmung hoch – an vielen Orten, wo man es gar nicht erwartet.

Von Michael Zirnstein

Eine wahrlich ritterliche Entscheidung: „Uns ist einfach derzeit nicht nach Feiern zumute“, vermelden die Damischen Ritter. Nach dem schrecklichen Attentat auf einen Demonstrationszug der Gewerkschaft Verdi mit zwei Todesopfern hat ihr Verein „Die Turmfalken“ seinen für den 23. Februar geplanten Faschingsumzug mit Tausenden Teilnehmern und Schaulustigen abgesagt. Nach Gesprächen mit der Stadtverwaltung und den Sicherheitsbehörden sei man überein gekommen, dass ein Faschingszug zwar möglich sei, er könne aber „unter den gegebenen Umständen nicht fröhlich und unbeschwert veranstaltet werden“.

Die Absage ist umso gewichtiger, da die nun seit fast 100 Jahren bestehende Faschingsgilde sich seit mehreren Monaten auf den Umzug, ihren Jahreshöhepunkt vorbereitet hat. Die Ritter trauern stattdessen ganz ungepanzert.

Andere Faschingsfreundinnen und -freunde reagieren ebenfalls. Der „Tanz der Marktweiber“ und „Fasching hat Herz“  -  früher „Weiberfasching“ genannt sind ebenfalls abgesagt und  das Programm für „München Narrisch“ in der Innenstadt. Einige mögen noch mit einer Entscheidung ringen, gerade nach der Absage der großen städtischen Events.

Manche reagieren auf den Anschlag aber auch voller Trotz. Sie sagen, wenn man sich von solchen grausamen Taten das gemeinsame Feiern verleiden lässt, wenn die Angst gewinnt, dann hätten die Täter genau das erreicht, was sie wollen. In diesem Sinne möge jeder selbst entscheiden, ob er sich in diesem Fasching frei und fröhlich ins Getümmel stürzen kann und möchte. Dabei das eine oder andere Mal an die Opfer und Hinterbliebenen und die Weltlage zu denken, kann dabei nicht verkehrt sein. Bis zum Aschermittwoch am 5. März bieten sich viele Gelegenheiten, auf Bällen, Partys oder Straßenfesten kostümiert die Sorgen wegzufeiern. Ein Überblick.

Freiluft-Fasching

Wo geht’s denn hier zum Fasching? Rund um die Fußgängerzone ist zum Faschingsfinale allerhand geboten. (Foto: Catherina Hess)

Einen Faschingsumzug gibt es doch, einen ganz sympathischen: den Gaudiwurm der Feringa. Der Verein aus dem Bürgerpark Oberföhring stellt nicht nur seit 1978 einen kompletten eigenen Narrenstaat samt Hoheiten, Garde, Kinderpaar. Er hat auch seinen eigenen Narren-Zug: Der Gaudiwurm startet traditionell am Faschingssonntag um 13 Uhr beim Maibaum in Johanneskirchen und schlängelt sich mit Lauftruppen und bunten Wägelchen sehr fantasievoll bis zum bunten Treiben im Bürgerpark (2. März).

Mickie Krause hat einmal gesagt: „Man könnte denken, man ist nicht in München“ – so schilderte der „Sinatra des Mallorca-Schlager“ seine Eindrücke von vielen Auftritten auf Stachus und Marienplatz im Interview mit der SZ. Soll heißen: Da geht was! Heuer allerdings war Krause ohnehin nicht angekündigt.

Klein, aber fein: Die Faschingsgesellschaft Feringa organisiert ihren Umzug in Oberföhring, in diesem Jahr ist es der einzige der Stadt. (Foto: Stephan Rumpf)

Der Fasching in München ist nicht zentralistisch organisiert, die vielen Gilden feiern auch Open Air in den Stadtvierteln. Der Faschingsclub Neuhausen-Nymphenburg lädt gleich dreimal zum „bunten Faschingstreiben“ am Rotkreuzplatz, mit Musik, Shows und Kindererlebniswelt (2. bis 4. März, 11 bis 17 Uhr). Und der Laimer Faschingsclub organisiert auf dem Laimer Anger am Samstag, 1. März, sein 21. Faschingstreiben mit vielen Gastgarden.

Wirtshaus-Fasching

Zum Kehraus verteilen sich die Münchner Narren traditionell auf die umliegenden Lokale (und deren Toiletten). Was bisher eher unorganisiert geschah, hat nun durch den Gaststättenverband Dehoga und die Innenstadtwirte eine neue Ordnung und einen Namen bekommen: „Wirtshaus-Fasching“, in Anlehnung an die bereits etablierte „Wirtshaus-Wiesn“. Wie beim Monaco Franze („Es gibt Sachen im Leben und besonders im Fasching, die, wenn man’s nicht selber erlebt hat, glaubt man’s fast selbst nicht“) soll es zum Kehraus zugehen an diesen Orten (die auch sonst einige Faschingsfeste anbieten): Ratskeller, Weisses Bräuhaus im Tal, Augustiner am Platzl, Hofbräuhaus, Zum Franziskaner, Restaurant Donisl, Andechser am Dom, Augustiner Klosterwirt, Augustiner Stammhaus, Hackerhaus, Schlagerbar Roy und Der Pschorr (Partykeller Alice). Nur die Stammgäste des Stadtcafé-Faschings müssen sich eine neue Feieroase suchen.

Zum Beispiel im Muffatcafé. Denn hier legen bei Münchens „wohl ältester und kultigster Kehrausparty“ die „Faschinx“-Stadtcafé-Legende DJ Christos Davidopoulos und seine Optimal-Records-Kollegin Jasmin geschmackvoll auf: Disco, Soul, Funk, Hip-Hop, Indie, Electronica, Reggae, Latin und Brasil. Garantiert ohne Ballermann-Hits und „Krapfen-Wettbewerbe“ (17 Uhr, Zellstraße 4).

Wie immer wird am Faschingsdienstag auch in der Reichenbachstraße vor dem Hotel Deutsche Eiche (und darin) gefeiert, wo einst Freddie Mercurys Lieblingssauna war. Auch „Live-Sets von einer talentierten Dragqueen“ locken die queere Community an, aber natürlich nicht nur die (14 bis 22 Uhr).

Studenten-Fasching

Die Stimmung ist im Keller? Sicher nicht beim Biedersteiner Kellerfasching, wie hier auf einem von der damaligen Hausgemeinschaft zur Verfügung gestellten Bild. (Foto: Biedersteiner Wohnheim)

Die Münchner Studierenden sind nach all der Büffelei stets eine Bank beim Faschingsfeiern. Viele haben große Lust auf Feste, sogar eine „Olympialust“. Nachdem die große Sause voriges Jahr zum „Olympialüstchen“ zusammengestrichen wurde, geht man heuer im Olympiadorf von 27. Februar bis 1. März wieder in die Vollen – diesmal zum Thema „Atlantis“. Drei Tage lang taucht man auf fünf Areas und einem neuen Outdoor-Bereich rund um die Mensa ab ins Ungewisse, bei der „Sirenen-Disco“ mit Drag-Show am Unsinnigen Donnerstag, bei „Poseidons Party“ mit Karaoke und Bierpong-Turnier am Freitag und bei „Legends of Atlantis“ mit Live-Musik am Samstag.

Berüchtigt sind die Feste im Biedersteiner Wohnheim mit den krassesten Bands, den irrsten Kostümen und den billigsten Drinks – nach Pandemie und Kernsanierung im Keller gebe es heuer wieder das „komplette Faschingshighlight“, verspricht die Hausgemeinschaft. Am Samstag, 22. Februar, wird in den Keller-Katakomben gefeiert, am 27. Februar im Atrium, am 1. März muss man sich entscheiden: Da wird parallel, aber getrennt in Keller und Atrium durchgemacht. Fast schon eine Revolution: Für Karten muss man sich nicht mehr tagsüber stundenlang anstellen, wer Glück hat, wird noch beim Vorverkauf im Internet fündig (www.biedersteiner.de/shop/fasching-2025/).

Auch in Weiß kann man es bunt treiben auf den Weißen Festen, bei denen vielleicht sogar Rod Stewart einmal zu Gast war (hier allerdings nicht im Bild). (Foto: Florian Peljak)

Auch die „Weißen Feste“ gehen auf die studentische Feierlust zurück. Münchner Kunststudenten erfanden sie für eine Semesterarbeit zum Motto „Antarktis“ – seitdem treibt man es bunt in toller weißer Kulisse und in schneeweißen Kostümen (sogar Rod Stewart soll einmal dagewesen sein). Nach wilden Jahren von 1967 bis 2019 in der Max-Emanuel-Brauerei und dem Umzug in die Isarpost ist man nun erstmals im Café Reitschule zu Hause – „mit zweiter Tanzfläche und zweiter Musikrichtung“ (21., 22., 28. Februar, 1. und 3. März).

Kölner Karneval

Als Kölner im Münchner Fasching fühlt man sich wie ein Punk in der Oper, irgendwie unterbespaßt. Zur Selbsthilfe gründeten einige Exilanten 2001 den Köln Münchner Karnevalsverein Superjeile Zick e. V. – man hat sogar einen eigenen Orden, auf dem diesmal auf einer Blumenwiese der Kölner Dom und die Münchner Frauenkirche gemeinsam von einer friedlicheren und liebevollen Welt träumen. Mit ihren Hits von daheim und „flüssigem Gold“ aus kleinen Gläsern feiern die Jecken drei große Feste, oder wie sie es nennen „eine wilde Fahrt in den Grenzbereich zum Irrsinn“: die „Weiberfastnacht“ am 27. Februar in der 089Bar, „Kölle Alaaf“ am Rosenmontag im Neuraum und den „Kölner Abend Karnevalsdienstag“ im Sweet Club.

Weitere wilde Kostüm-Partys

Man kann einfach kostümierten Gestalten auf der Straße folgen – und landet wie in diesem Fall bei der Party im Bayerischen Nationalmuseum. (Foto: Catherina Hess)

Münchens Fasching versteckt sich ein wenig, in zum Teil ehrwürdigen Kulturinstitutionen. Man kann also zufällig auf der Straße entdeckten Menschen mit Hasenohren oder Clownsnasen folgen, oder man weiß, wo man sich wann einzufinden hat. Zum Beispiel im Bayerischen Nationalmuseum. Das kann ja nur verstaubt sein? Weit gefehlt, hier im Schatzhaus hinter der Eisbachwelle steigen erfahrungsgemäß rauschende Feste. Das diesjährige Motto „Out of Space“ soll die Gäste zu „spacigen Visuals“ von Kalle Laar und „kosmischen Beats“ auf eine intergalaktische Reise entführen. Wer nicht auffallen möchte oder eben ganz besonders, soll sich als Astronaut, Marsfräulein oder ganzes Sternensystem verkleiden. Na, wenn das mal nicht ein ganz sonderbares Wesen anlockt – den Hausherrn und Weltraum-Fan Markus Söder (21. Februar).

Der meist bespielte Ballsaal der Stadt ist das Deutsche Theater. Hier schwebt man nicht nur bei feinen Schwarz-Weiß-Bällen übers Parkett, einige Partys eskalieren durchaus. Etwa der „089 Kult“ am Rosenmontag. Ein Faschingsfest, das dem Monaco Franze oder dem Charly aus den „Münchner Geschichten“ gefallen hätte – die selbstgesteckte Messlatte ist hoch, auch im zweiten Jahr. Es braucht also wieder Münchner Originale, und so wird die Spider Murphy Gang ihre Hits wie „Schickeria“ abfeuern, ein Soundtrack für München, der ja selbst in Wiesnzelten funktioniert. „Isarindianer“ Willy Michl initiiert mit dem „Bobfahrerlied“ ein altes Disco-Ritual (man sitzt dazu auf dem Hosenboden eng hintereinander am Parkett), und Stadtrat Roland Hefter macht mit seinen Isarriders genauso Stimmung wie die einstigen Atomic-Café-Soulkasperl Los Poppos (3. März).

Selbst die Kulturbastion Muffatwerk verwandelt sich in allen drei Sälen zur Faschingshochburg: Radio Gong bittet hier zum „Ü30 Fasching“ mit der legendären Partyband Gerry & Gary with their Used Underwear, mit „Classic Hip-Hop“ im Ampere und House im Muffatcafé (1. März, 20 Uhr).

Und dass Münchens größte und älteste Faschingsgilde, die Narrhalla, nicht nur Orden verleihen und Garde tanzen kann, zeigt sie bei ihren wilden Festen. Zum Beispiel bei der „legendären Schlagerparty“ im Alten Hackerhaus, das inklusive der Bar Roy mit den Hits der Sechziger bis Neunziger beschallt wird. Die Auslese übernimmt Udo Jürgens wahrer Sohn DJ John Munich (27. Februar, 18 Uhr).

Der legt auch bei den „Monaco Nights“ auf, die zwar nur eine Nacht sind, aber sich selbstbewusst „die größte Faschingsparty der Stadt“ nennen. „In bunten und glitzernden Kostümen“ macht man den Festsaal des Hotels Bayerischer Hof, in dem gerade Weltpolitik bei der Sicherheitskonferenz verhandelt wurde, zur Disco. Auch mit Live-Sänger und einer Narrhalla-Tanz-Show (1. März, 19.30 Uhr).

„Verkleidung erwünscht“ ist auch im Hofbräukeller-Keller.  Radio Arabella prämiert hier bei seinem „Weiberfasching“ am Unsinnigen Donnerstag, 27. Februar, die ausgefallensten Gruppen- und Einzelkostüme – die Sieger können etwa an einem gewonnenen Tisch im Wiesnzelt weiterfeiern. Erst mal ist man aber hier mit der Arabella-Hausband auf der „heißesten Faschingsparty der Stadt“ zugange.

Diesen Titel möchte bestimmt der „Queere Rosenmontagsball“ mit seiner Drag-Show im Oberangertheater streitig machen. Das Motto diesmal: „Durchgeknallt im Märchenwald!“ Auch hier kann sich fantasievolles Verkleiden („Setzt euch das Rotkäppchen auf oder schlüpft in den Wolfspelz“) lohnen, denn die besten Kostüme werden prämiert.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

„Tocotronic“ über ihr neues Album und die politische Lage
:„Diese Leute sind einfach in jeder Hinsicht niederträchtig“

Was hilft in finsteren Tagen? „Tocotronic“ feiern auf dem Album „Golden Years“ Zusammenhalt und Widerstand. Sänger und Gitarrist Dirk von Lowtzow über Elon Musk und die AfD, den bösen Witz von Böhmermann und die Heilkraft von Stofftieren.

SZ PlusInterview von Michael Zirnstein

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: