Fasching:Kinder an der Macht

Fasching: Umringt von ihrer Garde steht das Nachwuchsprinzenpaar Juli I. und Marcus I. beim Auftritt in Hebertshausen im Zentrum der Aufmerksamkeit.

Umringt von ihrer Garde steht das Nachwuchsprinzenpaar Juli I. und Marcus I. beim Auftritt in Hebertshausen im Zentrum der Aufmerksamkeit.

(Foto: Toni Heigl)

Das erste Kinderprinzenpaar der Narrhalla, Juli I. und Marcus I., hat ein klares Ziel für seine Regentschaft: Glück verbreiten

Von Kathrin Aldenhoff

Auf der Bierbank liegt eine Autogrammkarte. Zwei Kinder sind darauf zu sehen, das Mädchen im Ballkleid, der Junge im Anzug - das Kinderprinzenpaar eines Faschingsvereins aus Unterhaching. Dort heißt die Prinzessin Magdalena II. Und Marcus I. aus München ruft seiner Prinzessin zu: "Schau mal, die ist schon die zweite Magdalena!" Das kann ihm und Juli nicht passieren.

Sie sind das erste Kinderprinzenpaar überhaupt beim Münchner Faschingsverein Narrhalla, mit ihnen geht das Zählen von vorne los: Sie sind Marcus I. und Juli I., beide neun Jahre alt, begeisterte Tänzer und seit dem 11.11. ganz offiziell Prinz und Prinzessin, bis zum Aschermittwoch. Und sie haben eine genaue Vorstellung von den Aufgaben, die ihre Regentschaft mit sich bringt: "Wir machen Menschen mit unseren Tänzen glücklich und haben selbst dabei Spaß", sagt Marcus. Juli nickt. Und, klappt das? "Ja", sagt Juli, "die Leute klatschen."

Marcus und Juli haben eine Garde, 14 junge Mädchen, die mit ihnen tanzen. Sie tragen glitzernde Kostüme und Faschingsorden aus Lebkuchen, auf die ihr Bild gedruckt ist. Und auch sie haben Autogrammkarten. 125 Jahre gibt es die Narrhalla, seit 1928 gibt es einen Prinzen. Die erste Prinzessin kam 1930 dazu, damals mit dem etwas ungewöhnlichen Namen Bimpf I. Und nun also ein Kinderprinzenpaar.

So wie alle Vereine muss sich auch die Narrhalla um den Nachwuchs bemühen, um zu überleben. Juli und Marcus sollen die Tanz- und Faschingsbegeisterung bei den Kindern wecken, so wünschen sie sich das in Münchens ältestem Faschingsverein. Präsident Günther Grauer ist stolz auf die beiden: "Ganz liebreizend" findet er sie und lobt, wie Marcus sich durchgekämpft hat, als er vor Kurzem für ein paar Tage krank war. "Das ist schon eine Leistung!"

Etwa 25 Auftritte werden Juli und Marcus am Aschermittwoch hinter sich haben. Im Bayerischen Hof, im Deutschen Theater, aber auch in Krankenhäusern und Altenheimen, denn die Narrhalla, so sagt es ihr Pressesprecher, will den Fasching zu allen bringen.

Am vergangenen Sonntag warten Juli und Marcus gespannt auf ihren Auftritt beim Kinder- und Jugendgardetreffen in der Schulturnhalle von Hebertshausen im Landkreis Dachau. 21 Faschingsvereine sind mit ihren Prinzenpaaren gekommen, Musik dröhnt durch die Turnhalle, Orden baumeln vor oftmals breiten Männerbrüsten, Kinder essen Krapfen. Etwa 20 Minuten dauert ein Auftritt, danach gibt es für jede Truppe eine große Plastikbox mit Gummibärchen. In 45 Minuten geht es los. Eine letzte Probe noch unter dem prüfenden Blick von Tanzlehrerin Simone Schlicht. Sie schiebt die Kinder auf Position. Die Prinzessin und ihre beiden Mittänzerinnen stehen bei ihrer Hebefigur in der Mitte. Schlicht korrigiert, lächelt wohlwollend, als Juli und Marcus ihren Prinzenwalzer üben, und verspricht einem Mädchen, dass es für den nächsten Auftritt eine neue Strumpfhose bekommt, weil die alte ein kleines Loch am Knie hat.

Die Prinzessin schluchzt. Ihr Prinz hat sie geärgert, Tränen kullern, mit verschränkten Armen steht die Neunjährige auf der Tanzfläche. Das Mädchen hinter ihr legt ihr die Hände auf die Schultern, redet ihr gut zu. Weiter geht's, nächster Tanz. Juli stellt ihre Füße auf die Oberschenkel von zwei Tänzerinnen, breitet die Arme aus - da ist das Lächeln wieder da.

Dann ist es soweit: Nach den Seegeistern Gmund und vor dem Kirchheimer Narrenrat ist die Narrhalla München dran. Die Paillettenkleider glitzern, strahlend laufen die Kinder auf das Basketballfeld, das an diesem Sonntag eine Tanzfläche ist. Die Garde stellt sich auf, das Prinzenpaar hat seinen großen Auftritt: der Walzer. Juli lächelt huldvoll, Marcus blickt konzentriert, ihre Tanzlehrerin filmt, auf der Bühne schunkeln Präsident Grauer und die anderen Vertreter der Narrhalla. Einer davon ist Peter Simon, er leitet eine Tanzschule und hatte die Idee mit dem Kinderprinzenpaar. Vor einigen Jahren war er selbst ein Prinz der Narrhalla, nun schaut er stolz dem Nachwuchs zu.

Plötzlich Prinzessin sein - Juli findet das gut. Zwar auch ein bisschen anstrengend, das Schminken und Rumfahren, ja das schon, aber es macht Spaß. Sie tanzt, seit sie drei Jahre alt ist, erzählt sie stolz. Ihr Prinz tanzt seit drei Jahren im Verein. "Aber ich habe vorher auch schon viel getanzt", sagt er. Zweimal die Woche trainieren sie mit ihrer Garde, als Prinz und Prinzessin bleiben sie jeweils ein bisschen länger, um ihren Walzer zu üben.

Worauf sie sich freuen? Darauf, Prominente zu treffen, sagt Juli. Und auf lustige Faschingskostüme. Damit kennt sich Juli aus, in den vergangenen Jahren war sie als Schaf und als Zuckerwatte verkleidet, ihre Mutter und sie haben Watte auf ein weißes T-Shirt vom Papa gestickt. Dieses Mal trägt sie ein silbernes Paillettenkleid mit einem langen blauen Rock, den sie an- und abmachen kann. Eine Schneiderin hat das Kleid genäht, nur für diese eine Faschingssaison, genauso wie Marcus' schwarzen Anzug mit den silbernen Pailletten am Revers und dem Glitzerschriftzug mit seinem Namen auf der Brust.

"Wir machen das, weil es uns Spaß macht", sagt Marcus bestimmt. "Und weil man im Mittelpunkt steht", sagt Juli und grinst. Zumindest, bis es in der nächsten Faschingssaison ein neues Prinzenpaar gibt. Das ist fest geplant. Voraussetzung ist allerdings, dass bis dahin noch ein anderer Junge in der Kinder- und Jugendgruppe tanzt. Denn bisher ist Marcus der einzige. Aber Faschingsprinz sein, das geht nur einmal im Leben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: