Fasangarten:Amöbe am Föhrenpark

Lesezeit: 2 Min.

Die Arbeiterwohlfahrt will bis Frühjahr 2018 ein Pflegeheim mit 118 Zimmern und 15 Apartments in die Amisiedlung stellen. Ausdrücklicher Wunsch des Bauherren ist es, örtliche Vereine ins Haus zu holen und so die Einrichtung mit dem Quartier zu vernetzen

Von Hubert Grundner, Fasangarten

Eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Amöbe unter dem Mikroskop ist nicht von der Hand zu weisen. Zumindest drängt sich dieser Eindruck auf bei einem ersten flüchtigen Blick in die Pläne für das Pflegeheim, das die Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Fasangarten errichten will. Der Grundriss spiegelt wider, was man in der Architektur wohl als "organische Formensprache" bezeichnen würde: Runde, geschwungene Linien prägen den Baukörper vom Unter- bis ins vierte Obergeschoss. Das ist ebenso gewollt wie den Umständen an der Lincolnstraße 64 geschuldet: "Wir bauen gewissermaßen um die Bäume herum", erklärt Awo-Geschäftsführer Christoph Frey die örtlichen Gegebenheiten. Anders gesagt, das Münchner Büro sorge.architekten musste bei seinen Entwürfen den unter Schutz stehenden Baumbestand berücksichtigen. Nicht umsonst heißt das Projekt auch "Seniorenwohnen am Föhrenpark".

Frey sieht hier künftig "ein sehr anspruchsvolles Gebäude" stehen, in dem die Awo in 105 Einzel- und 13 Doppelzimmern Pflegeplätze anbieten wird. Für Betreutes Wohnen sind noch einmal 15 Apartments vorgesehen. Laut Geschäftsführer liegt auch schon die Baugenehmigung vor, der Baubeginn ist für das Frühjahr 2016 avisiert, im Frühjahr 2018 will man fertig sein. Augenblicklich werden bei der Awo die Ausschreibungen für die einzelnen Baulose vorbereitet. Eine genaue Investitionssumme kann Frey noch nicht nennen - um sich nicht selbst die Angebotspreise zu verderben. Ebenso klar ist, dass hier auch der extrem angespannte Münchner Immobilienmarkt hereinspielt: Je höher die Grundstückspreise sind, desto schwieriger ist es, die Investitionskosten wieder hereinzuholen. Zugleich stehe man in Konkurrenz zu anderen Heimträgern, so Frey. "Wir wollen zwar auch eine schwarze Null schreiben - Minimum. Aber wir sind nicht gewinngetrieben. Das würde auch nicht zu unserem Selbstverständnis passen", betont der Awo-Geschäftsführer. Der Preis für ein Einzelzimmer im Neubau an der Lincolnstraße wird sich voraussichtlich in Richtung 4000 Euro bewegen. Wobei der finanzielle Eigenanteil von der Pflegestufe und der jeweiligen Pflegeversicherung abhängt.

Dass sich auch eine gewisse Beunruhigung in der Nachbarschaft breitmachte, nachdem das Projekt bekannt geworden war, will Frey nicht verschweigen. Entsteht dadurch mehr Verkehr? Wer zieht hier ein? Wie wird der Neubau aussehen? So lauteten die meistgestellten Fragen. Grundsätzlichen Widerstand gegen das Vorhaben will er aber in der Amisiedlung nicht registriert haben. Viele Mitarbeiter im Heim werden vermutlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln kommen, beruhigt er. Auch aus diesem Grund dürften in der Tiefgarage, deren Bau vorgeschrieben ist, etliche Plätze leer bleiben. Ebenso wird das Pflegeheim vermutlich keinen nennenswerten Lieferverkehr produzieren. Frey rechnet mit einer Lkw-Fahrt am Tag, zum Beispiel wenn Wäsche und Essen angeliefert werden oder Müll abgeholt wird.

Überhaupt soll das Pflegeheim am Föhrenpark auch ein Angebot für die Bewohner der Amisiedlung sein. Schon heute betreibt die Awo an der Lincolnstraße eine Kindertagesstätte mit rund 180 Plätzen. "Wir sind hier schon bekannt, wir wollen mit dem neuen Haus ein Teil des Quartiers werden", beteuert Frey. Es solle deshalb zum Beispiel Vereinen offenstehen, die die Cafeteria nutzen wollen: "Je mehr Action im Haus ist, umso lieber ist es uns." Und als wäre das nicht schon deutlich genug, fügt er hinzu: "Je mehr Leben in der Bude ist, umso schöner." Wobei Frey ausdrücklich im Interesse der älteren, pflegebedürftigen Menschen spricht. Denn gerade in den vermeintlich gewünschten Oasen der Ruhe litten die Bewohner früher darunter, isoliert und vom Leben der Gemeinschaft abgeschnitten zu sein. Von solchen Konzepten hat man sich inzwischen verabschiedet: Kaum etwas wünschten die Älteren mehr, als am Leben der anderen teilzunehmen, weißt der Awo-Geschäftsführer aus eigener Anschauung.

Darüber hinaus steht das Projekt in Fasangarten in direktem Zusammenhang mit einer anderen Awo-Einrichtung: Das Seniorenwohnen am Föhrenpark dient als Ersatzbau für das Sozialzentrum Giesing in der Schwanseestraße. Dort läuft, wie Frey erklärt, im Jahr 2024 der Erbpachtvertrag aus. Augenblicklich führe er bereits Gespräche über die weitere Nutzung der Immobilie. Wobei für die Arbeiterwohlfahrt letztlich nur Abriss und Neubau des Sozialzentrums zur Debatte stehen.

© SZ vom 04.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: