Vor dem Champions-League-SpielSchottische Fans planen Party auf dem Marienplatz

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Wie laut und bunt es zugehen kann, wenn Fußballfans feiern, haben die Anhänger der schottischen Nationalmannschaft bei der EM im vergangenen Sommer eindrücklich gezeigt.
Wie laut und bunt es zugehen kann, wenn Fußballfans feiern, haben die Anhänger der schottischen Nationalmannschaft bei der EM im vergangenen Sommer eindrücklich gezeigt. (Foto: Catherina Hess)

Die Anhänger von Celtic Glasgow wollen an diesem Dienstag vor der Champions-League-Partie gegen den FC Bayern in München wieder lautstark feiern. Mittendrin: die Mitglieder des Fanclubs „Bavarian Celtic Bhoys“.

Von Maik Rosner

Jürgen Keilwerth ist voller Vorfreude, und das hat auch viel zu tun mit den Erfahrungen der Vergangenheit. Der 58 Jahre alte Vorstand und Gründer des Fanclubs Bavarian Celtic Bhoys erinnert an die Fußball-Europameisterschaft im vergangenen Sommer, als zehntausende schottische Anhänger die Münchner Innenstadt in eine Partyzone verwandelten. Sehr laut und bunt ging es damals zu, die Kilts prägten die Szenerie ebenso wie der Alkohol.

Die Kombination aus beidem führte zuweilen zwar auch zu unschönen Impressionen. Aber überwiegend war es eine ausgelassene und friedliche Feier, die gerade deshalb ein besonderes Flair verströmte, weil Menschen aus Schottland, Deutschland und vielen anderen Ländern miteinander eine gute Zeit hatten, unterlegt von einem Klangteppich aus schrägen Tönen, ob aus Dudelsäcken oder rauen Kehlen.

So ähnlich wird das auch an diesem Dienstag sein, bevor der FC Bayern den schottischen Meister Celtic Glasgow am Abend in der Champions League zum Playoff-Rückspiel empfängt. Anders als im Sommer wird aber nicht das schottische Blau-Weiß die Bilder prägen, sondern die Farben Grün und Weiß, die Celtics Trikot in Querstreifen zieren. Es könnte eine Szenerie werden wie zuletzt 2017, als es in der Gruppenphase der Champions League zum gleichen Aufeinandertreffen kam. Diesmal werden aber weniger Fans aus Schottland erwartet, vor allem auch deutlich weniger als während der EM. Rund 4000 Gästetickets wurden verkauft. Die Boulevardzeitung The Scottish Sun berichtete von bis zu 5000 Fans, die nach München reisen wollten.

2017 feierten Celtic-Fans auf dem Marienplatz in München - und hinterließen deutliche Spuren. 
2017 feierten Celtic-Fans auf dem Marienplatz in München - und hinterließen deutliche Spuren.  (Foto: Marco Krefting/dpa)

Die vergleichsweise geringe Zahl hat vor allem damit zu tun, dass die europäische Fußball-Union Uefa erst vor wenigen Tagen von einem Ausschluss der Fans aus Glasgow absah, nachdem diese wiederholt mit Pyrotechnik aufgefallen waren. Die Reise so kurzfristig anzutreten, war für die meisten Anhänger nicht möglich oder schlicht zu teuer. Zudem wirkt der Schock des Anschlags in München vom Donnerstag nach. In Schottland wurde wegen dieses und anderer Attentate wie in Magdeburg vor den Gefahren bei Menschenansammlungen gewarnt.

All das trägt wohl dazu bei, dass die sonst sehr reisefreudigen schottischen Fans diesmal nicht ganz so zahlreich nach München kommen werden wie unter normalen Umständen. Von der Münchner Polizei hieß es am Montag auf Anfrage, dass die Sicherheitsmaßnahmen kontinuierlich überprüft und gegebenenfalls angepasst würden. Es gebe nach den jüngsten Anschlägen in München und in Villach derzeit „keine Hinweise auf eine konkrete Gefährdung hinsichtlich der Begegnung oder der anreisenden Fans“.

Keilwerth verweist auf die vielen Anhänger des schottischen Traditionsvereins in Deutschland. Auch deshalb hofft er noch, dass eine fünfstellige Zahl von Celtic-Fans zusammenkommt. Sicher ist er sich bei seiner Prognose: „Der Marienplatz wird voll.“ Er kann es kaum erwarten, dass sich seine Bavarian Celtic Bhoys dort treffen, um ihre deutsch-schottische Freundschaft zu pflegen. Aktuell habe der Fanclub 44 Mitglieder, 24 davon kämen von den Britischen Inseln, überwiegend aus Glasgow und Umgebung, die anderen aus Deutschland, erzählt Keilwerth. Die meisten deutschen Mitglieder seien aus dem Großraum München und Bayern, manche kämen aber auch aus anderen Bundesländern.

Jürgen Keilwerth (Mitte) mit den schottischen Fanclub-Mitgliedern Frank McDade (links) und Kevin Murphy (rechts).
Jürgen Keilwerth (Mitte) mit den schottischen Fanclub-Mitgliedern Frank McDade (links) und Kevin Murphy (rechts). (Foto: privat)

Abends werden sie gemeinsam in die Arena gehen. Keilwerth hat für alle Karten besorgt. Alle 20 deutschen Mitglieder des Fanclubs seien dabei. Aus Glasgow haben sich vier Freunde angekündigt, ein weiterer Schotte reist aus Irlands Hauptstadt Dublin an. Das passt in den Kontext. Celtic, das die Anhänger ganz weich Seltic aussprechen, hat irisch-katholische Wurzeln. Das Team wird „The Bhoys“ genannt, das eingeschobene h soll eine gälische Schreibweise darstellen.

Sportlich geht es um den Einzug ins Achtelfinale, die Münchner gehen mit einem 2:1-Vorsprung aus dem Hinspiel vom vergangenen Mittwoch in die Begegnung. Doch für die Fans, vor allem für die der Gäste, geht es fast mehr um das Drumherum, um das Miteinander und die gemeinsamen Erlebnisse. Die Party wird deshalb auch schon weit vor dem Anpfiff um 21 Uhr tagsüber in der Münchner Innenstadt beginnen. Eingestellt auf das Spiel hat sich auch das Kennedy’s am Sendlinger Tor. Dort soll der irische Sänger und Celtic-Fan Damien Quinn nach dem Abpfiff auftreten.

Keilwerth lebt in Penzberg, er stammt aus Wolfratshausen. Doch wie kommt ein Oberbayer dazu, einen Celtic-Fanclub zu gründen? Durch Zufälle. 1992 hatte Keilwerth seine Schwester und ihren Mann im Rheinland besucht und war mit ihnen zum Europapokalspiel des 1. FC Köln gegen Celtic Glasgow gegangen. Die Schotten waren chancenlos und verloren 0:2, doch ihre Anhänger sangen sich die Seele aus dem Leib. „Da habe ich mich gefragt: Wie kann es sein, dass die so schlecht spielen, die Fans ihre Mannschaft aber so feiern?“, erzählt Keilwerth. Ihn beeindruckte diese bedingungslose Unterstützung wohl auch deshalb so sehr, weil er grundsätzlich ein Herz für Außenseiter habe, wie er sagt. Er sei damals „hochgradig mit dem Celtic-Virus infiziert“ worden. Fünf Jahre später lernte er auf einer Teneriffa-Reise einen Schotten kennen. Es war der Beginn einer bis heute währenden Freundschaft.

Obwohl Keilwerth Celtic schon durch ganz Europa nachgereist ist, unter anderem 2003 zum Uefa-Pokal-Finale nach Sevilla, gründete er seinen Fanclub erst im Februar 2018. Seine Partnerin Susanne ist natürlich auch Mitglied. Mit ihr fährt er zuweilen in den Irish Pub nach Garmisch-Partenkirchen, um dort Celtics Spiele zu schauen. Im legendären Stadion des Vereins, im Celtic Park, sei er bisher rund 30 Mal gewesen. Zum Hinspiel am vergangenen Mittwoch konnte er aus beruflichen Gründen nicht reisen. Umso mehr freut er sich nun, beim Rückspiel in der Münchner Arena dabei zu sein. Und vor allem darauf, die deutsch-schottische Freundschaft zu pflegen.

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