Praktikum für Medizinstudierende:"Es gab viele Absagen und manchmal gar keine Antworten"

Lesezeit: 3 Min.

Üben, üben, üben - das gilt auch für angehende Ärztinnen und Ärzte, die gegen Ende ihrer Ausbildung vier Famulaturen absolvieren müssen. (Foto: Bodo Schackow/dpa)

Wegen Corona, aber auch weil viele Praxen an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, gibt es weniger Famulatur-Plätze für angehende Ärzte. Studierende suchen oft lange nach einem Praktikum.

Von Nicole Graner

Lena ist 20. Ihren vollständigen Namen möchte sie nicht so gerne nennen. Wie auch die anderen Studentinnen und Studenten, die der Fachschaft für Humanmedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) ihr Leid geklagt haben. Schließlich wollen alle ja weitere Praktika machen können. Lena hat gerade ihr Physikum bestanden. Für sie beginnt nun das klinische Semester - und die Zeit der Famulaturen. Also der Praktika, die die Studierenden mit der ärztlichen Patientenversorgung vertraut machen sollen. Doch ihre Suche gestaltet sich schwierig. "Ich habe", sagt sie, "lange gebraucht, bis ich einen Platz gefunden habe. Es gab viele Absagen und manchmal gar keine Antworten." Und oft lautete die Begründung für die Absage: Corona.

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Vier Famulaturen müssen Medizin-Studenten bis zum Praktischen Jahr (PJ) absolviert haben. Jede muss über 30 Tage gehen und in der vorlesungsfreien Zeit geleistet werden. Zwei Praktika müssen in der stationären Patientenversorgung, also in Krankenhäusern, und eine in der ambulanten Patientenversorgung wie in Arztpraxen, aber auch Polikliniken, Ambulanzen oder Notaufnahmen absolviert werden. Unbedingte Pflicht ist ein Praktikum beim Hausarzt, wahlweise bei Allgemeinärzten, Kinderärzten und Internisten. Genau hier gestaltet sich die Suche nach Aussagen von Studenten besonders schwer.

Praxen nehmen oft wegen Corona keine Famulanten

Nina, 24, sagt: "Um im Sommer 2020 meine Hausarzt-Famulatur zu absolvieren, habe ich viele Praxen abtelefoniert und ganz oft gehört, dass sie wegen Corona gerade keine Famulanten nehmen." Das beklagt auch die 23-jährige Laura - wenngleich "natürlich auch viele Plätze bereits besetzt" gewesen seien.

Wolfgang Ritter, selbst Hausarzt in einer Praxis in Sendling und Vorstandsmitglied im Bayerischen Hausärzteverband, bestätigt, dass es gerade in der Anfangszeit der Pandemie zu "reduzierten Angeboten" gekommen sei. "Am Anfang der Pandemie gab es ja nicht genügend Schutzkleidung, wir mussten uns täglich mit neuen Infektionsschutzplänen auseinandersetzten", sagt der 54-Jährige. Später sei dann auch noch das Impfgeschehen dazu gekommen. Man habe dafür einfach Zeit und Ressourcen gebraucht.

Seiner Meinung nach sei es in größeren Praxen auch immer leichter, Famulaturen anzubieten. In kleinen Einzelpraxen sei das kaum möglich. Der 24-jährige Marius erzählt, dass er seine ambulante Famulatur zum Beispiel gerne bei einem Augenarzt gemacht hätte. Er habe sogar schon eine Zusage gehabt, aber kurz vor Beginn des Praktikums sei dann doch noch abgesagt worden. Corona, lautete die Begründung. Und auch die Kapazität. "Am Ende", sagt der Student, "konnte ich leider keine Famulatur in der gewünschten Fachrichtung machen."

Gerade arbeiten in der Sendlinger Praxis ein Famulant und ein Student im Praktischen Jahr. Normalerweise würde der Paxisbetreiber vier Ausbildungsplätze anbieten. Um die Studentinnen und Studenten kümmerten sich dann sogar vier Kollegen. "Mir ist das sehr wichtig", sagt Ritter. "Und wir machen das sehr gern." Gerade auch, weil durch die neue Approbationsordnung von 2020 ja auch die Allgemeinmedizin weiter gestärkt worden und sie ein obligatorisches Prüfungsfach sei. "Aber Corona ist ein solches Sonderereignis. Es zehrt an allen Kräften", sagt Ritter und nennt schnell ein paar Zahlen: 2500 bis 3000 Anrufe im Monat nehme das Praxisteam sonst entgegen. Jetzt seien es 12 500.

Medizin-Studierende müssen sich früher bewerben

Beate Reinhardt, die seit vielen Jahren eine Landarztpraxis außerhalb München hat, sagt zwar auch, dass es 2020 Phasen gegeben habe, in denen den Ärzten sehr viel Organisatorisches abverlangt worden sei. Aber sonst habe sie keine Probleme gehabt und weiterhin Famulaturen angeboten. "Ich habe die jungen Mediziner", sagt die 54-Jährige, "einfach gleich beim Impfen eingebunden." Bei Interessensbekundungen frage sie mittlerweile allerdings ab, ob die Studenten geimpft seien. Denn ungeimpfte junge Mediziner gebe es auch.

Lena hat sich auch vergeblich bei fünf Krankenhäusern beworben. Beate Reinhardt, die sich beim Bayerischen Hausärzteverband intensiv um die "junge Medizin", also den Nachwuchs kümmert, glaubt, dass es durch Corona vor allem in den Städten zu einem "kurzfristigen Stau" bei Famulatur-Plätzen gekommen sei. Aber sie wünscht sich ganz generell von den Studierenden, dass sie sich "eindeutig früher" kümmerten.

Mangelnde Planbarkeit und fehlende Famulatur-Plätze sind für Cedric Smets ein "großes Problem für die planmäßige Ausbildung" der zukünftigen Ärztinnen und Ärzte. Insbesondere auch deshalb, betont der 24-jährige Beauftragte für Externes in der LMU-Fachschaft Medizin, weil durch Corona ohnehin viele Lehrveranstaltungen ausfielen. "Famulaturen sind ein zentraler Bestandteil der praktischen Ausbildungen", sagt Smets, der im elften Semester Medizin studiert. Wolfgang Ritter hofft deswegen auch, dass es in Zusammenarbeit mit den Universitäten bald mehr "Lehrpraxen" gibt. "Schließlich", sagt der Arzt, "geht es ja um die Zukunft unserer Kollegen".

Lena hat am Ende doch noch eine Famulatur gefunden. In einer Hausarztpraxis in Rosenheim.

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