Familienplanung:Bedürftige nutzen kostenlose Verhütungsmittel nicht

Anti-Baby-Pille

Die Pille kostet für sechs Monate bis zu 60 Euro.

(Foto: imago)
  • 1,6 Millionen Euro hat die Stadt für Gratis-Verhütungsmittel für Bedürftige in ihrem Haushalt vorgesehen.
  • Abgerufen wurden aber nur 34 500 Euro abgerufen, wie Sozialreferentin Meier im Sozialausschuss berichtete.
  • Für dieses Jahr ist deshalb das Budget auf 200 000 Euro reduziert worden.

Von Sven Loerzer

Familienplanung zu betreiben, kann eine teuere Angelegenheit sein. Frauen, die nur wenig verdienen, haben es dabei besonders schwer: Bis zu 60 Euro für sechs Monate Pille, für die Hormonspirale bis zu 200 Euro für fünf Jahre, für das Einsetzen bis zu 100 Euro. Sich sterilisieren zu lassen, kann eine Frau bis zu 850 Euro kosten, Männer an die 400 Euro. Beratungsstellen wie Pro Familia kämpfen deshalb seit Langem dafür, wieder bundesweit den kostenlosen Zugang zu ärztlich verordneten Verhütungsmitteln zu schaffen, wie er bis Ende 2003 existierte.

In München übernimmt seit einem Jahr die Stadt die Kosten ärztlich verordneter Verhütungsmittel - für Bezieher von Hartz-IV-Leistungen, Sozialhilfe und Leistungen für Asylbewerber. Sie tut das auf freiwilliger Basis. Nach einer überschlägigen Rechnung war die Stadt von etwa 20 000 Frauen ausgegangen, die Anspruch auf kostenlose Verhütungsmittel hätten.

Wie das Programm genutzt wurde

Dafür war im vergangenen Jahr ein Etat von 1,6 Millionen Euro vorgesehen. Doch davon wurden nur 34 500 Euro abgerufen, wie Sozialreferentin Brigitte Meier nun dem Sozialausschuss des Stadtrats berichtete. Das dürfte in etwa dem Bedarf von 450 Frauen entsprechen. Offenbar ist das Angebot kaum bekannt - trotz Medienberichten, Plakaten und Flyern in den Sozialbürgerhäusern und in den Familien- und Schwangerschaftsberatungsstellen.

Für dieses Jahr ist deshalb der Haushaltsansatz auf 200 000 Euro reduziert worden. Zudem hat die Rathaus-SPD beantragt, den Kreis der Menschen zu vergrößern, die eine Kostenübernahme für die Verhütung beantragen können. Der Sozialausschuss beschloss daraufhin, alle München-Pass-Inhaber einzubeziehen.

Damit kommen alle hinzu, die Wohngeld oder einen Kinderzuschlag erhalten, sowie einige weitere Haushalte mit niedrigem Einkommen. SPD-Stadträtin Anne Hübner schätzt, dass so der Kreis der Berechtigten um etwa 10 000 Personen größer werde. Das Sozialreferat geht davon aus, dass der reduzierte Etat dennoch reichen dürfte.

In den Sozialbürgerhäusern überlegt man derweil, wie sich die freiwillige Leistung der Stadt den Menschen besser nahebringen lässt. Bezieher von Hartz-IV-Leistungen erhalten sie nicht vom gewohnten Sachbearbeiter im Jobcenter, sondern müssen eine andere Stelle im Sozialbürgerhaus aufsuchen. "Da ist die Schamgrenze hoch, danach zu fragen", sagt Hübner.

Doch der für Gesundheitsleistungen im bundesweiten Regelsatz vorgesehene Betrag sei noch immer zu niedrig. Deswegen setzt sie darauf, "dass die Sozialbürgerhäuser einen Weg finden, die freiwillige Leistung unbürokratisch an die Frau und an den Mann zu bringen".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: