Familienkonzert:Eindeutige Sympathien für den Wurm

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Die jungen Zuhörer haben klare Präferenzen, welche der Figuren ihnen die liebste ist

Von Barbara Hordych

"Wo ist der Drache?" fragt Peter Refle seine vierjährige Tochter Ella und deren fünfjährige Freundin Marlene. Das Konzert im Herkulessaal hat noch nicht begonnen. Die Orchestermusiker nehmen gerade ihre Plätze ein, die Zuschauer im ausverkauften Familienkonzert zugunsten des SZ-Adventskalenders sitzen schon etwas länger. Gerade weil es in der Mehrzahl sehr junge Besucher sind, die sich mit ihren Eltern und Großeltern an diesem Samstag im Konzertsaal eingefunden haben, erweist sich Refles Idee, "Ich sehe was, was du nicht siehst" zu spielen, als glückliches Ablenkungsmanöver, um die Wartezeit zu verkürzen. Die beiden Mädchen brauchen nicht lange, um den Lindwurm auf einer der großen Abbildungen an der Wand zu entdecken, die Szenen aus der antiken Herkulessage zeigen. "Wir sind mit großem Glück an die Karten gekommen", berichtet Werbefilmer Refle, Direktor der Münchner Hochkant-Film. Den Erzähler Rufus Beck kenne er schon seit zwanzig Jahren, vor einigen Wochen hätten er und seine Frau ihn auf einer Party wieder getroffen. Man kam ins Gespräch und Rufus Beck habe ihnen noch spontan Karten für seinen Auftritt mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks vermitteln können. Zwar sei Töchterchen Ella mit vier Jahren noch sehr jung für das Erzählkonzert. Doch weil seine Frau als Sprecherin arbeite, vor kurzem bei einem Kinderkonzert des Patentorchesters auftrat, sei ihr dieses Format bereits vertraut. Und schon geht es los, tatsächlich taucht auch in der Geschichte der beiden "Koboldsschwestern" nach kurzer Zeit ein gewaltiger Lindwurm auf.

Nach dem Ende der Geschichte, die die beiden Kindergartenfreundinnen gebannt verfolgt haben, sind sie sich einig: Nicht der Drache mit den goldenen Augen, sondern der "lustige Regenwurm" war ihre Lieblingsfigur im Konzert. Nur ein bisschen habe sie sich im Märchenwald gegruselt, gesteht Ella. "Einfach toll, welche Dramatik die Geschichte erreicht hat in Verbindung mit der Orchestermusik", sagt Vater Refle beeindruckt. Auch bei den achtjährigen Freundinnen Karla und Greta, die mit Karlas Mutter Susanne Wiedemann das Konzert besuchen, sind die Sympathien eindeutig verteilt: "Den Wurm und seinen Song fand ich voll schön", sagt Karla.

"Wir hatten einen tollen Platz oben auf der Galerie, von dem aus wir die Geiger genau im Auge hatten", schwärmt Kathrin Weidinger im Anschluss an das Konzert. Darüber hat sich die Ärztin vor allem deshalb gefreut, weil Sohn Paul demnächst anfangen wolle, selbst Geige zu spielen. Ihr Mann Alban Lenzen ist Bassbariton-Sänger, kennengelernt haben sie sich vor Jahren im Schulchor. Die Begeisterung für Musik liegt also in der Familie. "Wobei es der Opa war, der unserem Sohn die Karten zum sechsten Geburtstag geschenkt hat", erzählt Lenzen. Seine Frau Kathrin ist ein großer Fan von Rufus Beck. "Ich habe alle seine Harry-Potter-Kassetten gehört, obwohl ich damals schon zwanzig war", sagt sie. Bei der Figur der willensstarken Prinzessin, die so mutig mit Schwert durch den Wald ziehe, habe sie an ihre Zweitjüngste denken müssen. "Aber sie ist noch zu klein, um sie hierher mitnehmen zu können". Die Prinzessin hat es auch der elfjährigen Sophia angetan, die mit ihren Großeltern Karin und Werner Palussek aus Aying zum Konzert gekommen ist. "Sie ist wie ich!", sagt Sophia und lacht. "Ein starkes Mädchen halt, das keine Lust hat, sich von anderen bestimmen zu lassen", erklärt sie. Nur dass sie erst etwas gemein zu dem Koboldsmädchen gewesen sei, habe ihr nicht gefallen. "Aber das hat sich zum Schluss ja geändert."

© SZ vom 02.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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