Kino:Familie Fläxl hat den Dreh raus

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Angela und Paul Fläxl mit Sohn Andreas Fläxl. (Foto: cineplex erding/oh)

Bereits in vierter Generation ist die Familie Fläxl schon im Kinogeschäft. Begonnen hat die Geschichte vor über 100 Jahren mit einem Ausflug des Freisinger Schneidermeisters Georg Fläxl nach München.

Von Regina Bluhme, Erding

Der Name des Films, den sich der Freisinger Schneidermeister Georg Fläxl vor über hundert Jahren in München angeschaut hat, ist nicht bekannt, aber die Vorführung muss ihn sehr beeindruckt haben. So sehr, dass er beschloss, selbst ins Kinogeschäft einzusteigen. 1912 eröffnete er zusammen mit seiner Frau Magdalena das Stadtkino in Freising. Heute betreiben die Fläxls in vierter Generation erfolgreich Häuser in den Landkreisen Freising, Erding und Landshut und demnächst auch im Landkreis Mühldorf. Zeit für einen Rück- und Ausblick mit Paul und Andreas Fläxl.

„Kein Warten auf Anfang. Jederzeit Zutritt!“ - damit wirbt der Kino-Pionier Georg Fläxl auf Plakaten für die ersten Freisinger  „Kinematographischen Vorstellungen“. So ging damals alles los. Die Filmvorführungen kamen gut an. Ein zweites Haus wurde 1944 eröffnet, das Bavaria. Später kamen noch zwei weitere Kinos in Freising dazu.

Die nächste Generation, Georgs Sohn Paul mit seiner Frau Therese, übernahm. Nach dem Tod ihres Mannes stemmte Therese Fläxl alleine erfolgreich weiter das Geschäft. Der älteste der drei Söhne Paul junior, der heutige Seniorchef, absolvierte ein Maschinenbaustudium, hatte eine gute Anstellung und dachte zunächst nicht daran, einmal das Kinogeschäft zu übernehmen. Als sich herausstellte, dass die älteren Brüder andere Pläne hatten, „da hab' ich mich dann gemeldet“, erzählt Paul Fläxl.

Bei der Eröffnung im März 2000 hieß das Erdinger Kino noch Spielberg - wie Steven Spielberg, der berühmte Regisseur. (Foto: cineplex erding/oh)
Aus dem Spielberg wurde2006 das heutige Cineplex. (Foto: Renate Schmidt)

So kann es gehen. Es ging aber auch nur, weil Paul Fläxls Frau Angela, Studienrätin für Ernährung und Hauswirtschaft, bereit war, beruflich komplett umzusatteln. 1982 stiegen die beiden ins Kinogeschäft ein. Es lief gut und das lag auch am Popcorn. „Popcorn war der große Kniff“, erinnert sich Paul Fläxl. Im Bavaria stand 1989 eine der ersten Popcornmaschinen in einem deutschen Kino. „Das brachte einen Riesenschub.“

Bei einem Termin kam Angela Fläxl zufällig mit dem damaligen Bürgermeister von Vilsbiburg ins Gespräch. Dieser war schon länger auf der Suche nach einem Kinobetreiber für seine Stadt. Man wurde sich einig, und so kam es, dass 1994 in der niederbayerischen Kleinstadt ein Kino entstand, dessen Größe und Ausstattung und vor allem Architektur es mit großstädtischen Häusern aufnehmen konnte. Sechs Säle unter einem Dach, damals eine Sensation.

Wo alles begonnen hat: Ein Bild vom Stadtkino in Freising, das Georg und Therese Fläxl 1912 eröffneten. (Foto: cineplex erding/oh)
Immer noch eine runde Sache: Das Cineplex in Vilsbiburg. (Foto: cineplex erding/oh)

Die Fläxls zogen mit den drei Kindern, Andreas, Susanne und Veronika, nach Vilsbiburg, in den gläsernen Turm über dem Kino. Heute hat Andreas Fläxl im ehemaligen Wohnzimmer sein Büro eingerichtet. Andreas Fläxl und seine beiden Schwestern haben beruflich zunächst andere Wege eingeschlagen. Heute ist vor allem Andreas Fläxl in die aktuelle Geschäftsführung eingebunden. Studiert hat er Garten- und Landschaftsbau. Dem Vater war das recht. „Die Kinder sollten über den Tellerrand hinausschauen“, sagt er. Auch Andreas Fläxl hält es für vorteilhaft, dass er sich erst etwas Eigenes aufbauen konnte, „fern des Kinos“.

Letztendlich landete der Sohn doch im Familienunternehmen. Die Fläxls betreiben drei, demnächst vier Kinos. Das Haus in Vilsbiburg im Landkreis Landshut hat heute sieben Säle und circa 600 Plätze, Erding hat zwölf Säle mit circa 1000 Sitzplätzen. Eines der größten Kinos in Bayern haben die Fläxls 2008 in Neufahrn eröffnet. Das Cineplex hat 16 Säle und etwa 1350 Sitzplätze. In Freising sind die Fläxls nicht mehr präsent. Es gab es einmal große Pläne für einen Neubau im Freisinger Gewerbegebiet. Doch Stadt und Kinofamilie wurden sich bei der Zahl der Stellplätze nicht einig. Die Freisinger Kinofamilie Fläxl baute im benachbarten Neufahrn.

In Erding können zwei Säle auch für private Feiern gemietet werden

In Freisings Nachbarstadt Erding feiert das Kino dieser Tage 25-jähriges Bestehen. Familie Fläxl hatte 2000 das Angebot angenommen, im Neubau an der Dorfener Straße auf dem Areal eines ehemaligen Lagerhauses ein Kino einzurichten. Vor drei Jahren, die Corona-Krise war gerade so vorbei, haben die Fläxl am Standort Erding kräftig in zwei neue Säle investiert, die auch für Firmenpräsentationen oder private Feiern gemietet werden können.

Dem Erdinger Kino gehe es bestens, sagt Paul Fläxl aus Anlass des Jubiläums. „Wir sind zufrieden.“ Generell aber ist die Delle bei den Besucherzahlen aufgrund der Corona-Pandemie immer noch zu spüren. 2024 verzeichneten die Fläxlbetriebe insgesamt 245 000 Kinobesuche, da ist noch Luft nach oben. Paul Fläxl sagt, es sei auf jeden Fall von Vorteil, dass sich sein Unternehmen 2003 dem Cineplex-Verbund angeschlossen hat, in dem mehrere Kinobetreiber sich beim Marketing und im Filmverleih zusammengetan haben.

„Wenn der Film passt, kommen die Leute auch“

Kinos müssen sich etwas einfallen lassen, um die Kundschaft, die während Corona verloren gegangen ist, wieder in die Säle zu bekommen. Von der Konkurrenz durch Netflix und Co einmal ganz abgesehen. Die Leute hätten inzwischen wieder Lust etwas zu machen, etwas gemeinsam zu unternehmen, „zusammen mit anderen einen Film zu schauen“, sagt Andreas Fläxl überzeugt.

„Wenn der Film passt, dann kommen die Leute auch“, meint Paul Fläxl. In Erding kommen sie auch sehr gerne zu den Live-Übertragungen aus der Metropolitan Opera in New York. Hier habe sich ein Stammpublikum etabliert, das zuweilen zwei Säle fülle und in Abendgarderobe erscheine, so Andreas Fläxl. Er arbeite auch mit einem Podcastteam zusammen, das sich vor Ort rund ums Thema Film unterhält.

Die neueste Investition steht im Landkreis Mühldorf

Theateraufführungen aus London flimmern inzwischen ebenso über die Leinwand wie Dokumentationen, Sonderreihen mit Klassikern wie Forrest Gump oder Anime-Filme. Die Reihe „Mein erster Kinobesuch“ richtet sich an die künftige Kinogeneration, an Kinder ab etwa vier Jahren, die einen halbstündigen Film ohne Werbung anschauen können.

Die neueste Investition der Kinofamilie Fläxl befindet sich in Waldkraiburg im Landkreis Mühldorf. Dort wird das ehemalige Kino, ein 25 Jahre altes Haus mit acht Sälen und circa 800 Sitzplätzen, gerade zu neuem Leben erweckt. Demnächst soll das Kino eröffnet werden, noch wird am Indoor-Spielplatz gebaut. Und wie sieht es bei Familie Fläxl mit Generation 5 aus? Die Frage habe noch Zeit, sagt Andreas Fläxl und lacht. Sein Sohn sei erst sechs Jahre alt. Aber immerhin: Der Kleine gehe sehr gern ins Kino.

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