Falsche Tische auf dem Oktoberfest:Wiesn-Wirte wehren sich

Sie kommen von weit und wollen auf jeden Fall dabei sein: Bis zu 10.000 Euro blättern Gäste für einen Tisch im Bierzelt auf dem Oktoberfest hin. Und bekommen dann trotzdem keinen Platz. Immer öfter verkaufen Geschäftemacher falsche Reservierungen. Damit soll nun Schluss sein.

Jetzt reicht es den Wiesn-Wirten: Mit juristischen Mitteln wollen sie gegen den Verkauf fiktiver Oktoberfest-Reservierungen vorgehen. Gutgläubige Kunden aus aller Welt zahlen bis zu 10.000 Euro, um einen begehrten Tisch in einem der Bierzelte zu ergattern - und stehen dann vor besetzten Bänken. Denn Geschäftemacher und Betrüger haben ihnen Plätze verkauft, die gar nicht reserviert werden können, etwa im reservierungsfreien Mittelschiff.

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Auf das Wiesn-Geschunkel unter dem weiß-blauen Bierzelthimmel müssen viele verzichten: Vor allem  Gäste aus dem Ausland werden häufig ausgetrickst, wenn sie Tische auf dem Oktoberfest reservieren wollen.

(Foto: dpa)

Immer öfter komme es zu solchen Fällen, sagt Richard Seifert, Rechtsanwalt und Justiziar der Oktoberfestwirte. Die Münchner Polizei ermittelt bereits. "Wir möchten die Leute warnen, dass sie ein erhebliches Risiko eingehen", sagte Seifert nach einem Treffen bei Wirtesprecher Toni Roiderer über Käufe im Internet. "Die Gefahr ist groß, dass sie auf der Rechnung sitzen bleiben." Denn selbst wenn die Reservierung tatsächlich besteht, aber - oft zum zehnfachen Preis - weiterverkauft wurde, kann der Wirt den Platz stornieren. Die Festleitung kritisiert diese Zweitverkäufe seit langem.

Wiesn-Chefin Gabriele Weishäupl sprach schon vor zwei Jahren von einer "gigantischen Abzocke". Die Internet-Preise hätten nichts mit Gemütlichkeit zu tun und schadeten dem Volksfest. "Die Wiesn kommt in Verruf, ein Platz zu sein, wo man gut abzocken kann mit überhöhten Preisen," sagt sie. Festleitung und Wirte werben seit langem für eine direkte Reservierung beim jeweiligen Zelt: Für einen Verzehrgutschein von 30 und 80 Euro je nach Zelt bekommt der Gast dann auch sein Wiesn-Hendl plus mindestens ein, zwei Maß Bier. Doch diese Reservierungen müssen die Wirte nicht erst im Internet anpreisen. Die Anfragen dafür stapeln sich bei ihnen schon, bevor sie überhaupt ihre jährliche Zulassung für das Fest haben.

Ticketagenturen bieten hingegen im Netz einen Platz in einem der Promi-Zelte am ersten Wiesn-Abend (heuer 17. September) für 600 bis 700 Euro an. In anderen Zelten geht es auch für "nur" 400 Euro. Der Kunde kann nicht erkennen, ob er damit zumindest eine echte Reservierung erstanden hat oder komplett einem Betrüger aufgesessen ist. Trotzdem brummt das Geschäft. "Es gibt noch genügend Leute, die auf diese Weise zu einem Tisch kommen", erläutert Seifert. Denn auch Gruppen mit eigentlich gar nicht existenten Plätze schaffen es manchmal ans Ziel ihrer Wünsche - und halten den Weg dahin womöglich für völlig normal: Ein Helfer bugsiert die Gäste ins Zelt. Dann wird versucht, eine Bedienung mit mehreren hundert Euro zu motivieren, einen schon besetzten Tisch frei zu räumen.

Die Reservierungsbüros aller Zelte arbeiten nun zusammen - insgesamt 30 bis 50 Mitarbeiter sind den schwarzen Schafen im Internet auf der Spur. Einige Angebote, die "nicht ganz sauber" seien, habe man schon entdeckt. In begründeten Fällen müsse auch strafrechtlich vorgegangen werden, sagt Seifert. Es seien Ermittlungen im Gange, bestätigte Polizeisprecher Wolfgang Wenger. "Wir haben immer wieder solche Verfahren".

Vor zwei Jahren halfen sogar geprellte Kunden mit, den Betrüger dingfest zu machen. Eine Gruppe aus London hatte für zwei Abende jeweils einen Tisch für 5000 Euro gekauft. Doch als die Bedienung bestochen werden sollte, spielte die nicht mit und informierte den Wirt. "Da standen die zehn Mann und hatten keinen Platz", berichtet Seifert. Am Ende bekamen die betrogenen Gäste doch einen Tisch. Dafür spielten sie am nächsten Abend den Lockvogel - zusammen mit einer Kripobeamtin im Dirndl, die den Schleuser auf frischer Tat stellte.

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