Fall Teresa Z.:Opfer wartet noch immer auf Schmerzensgeld

Prozess gegen Polizisten wegen Körperverletzung

"Intensiver Schlag ins Gesicht": Gewaltopfer Teresa Z. mit ihrem Anwalt Franz Erlmeier im Gerichtssaal.

(Foto: dpa)

Mit einem Faustschlag brach ein Polizist Teresa Z. Nasenbein und Augenhöhle. Die Frau wartet weiterhin auf das Schmerzensgeld, das der Münchner Polizeipräsident ihr in Aussicht gestellt hat. Der verurteilte Beamte ist suspendiert - und bekommt weiter sein Gehalt.

Von Susi Wimmer

Es war eine bemerkenswerte Geste des neuen Polizeipräsidenten gewesen: Er schrieb Polizeiopfer Teresa Z. einen Entschuldigungsbrief und kündigte an, dass man sie zeitnah auch finanziell für die entstandenen körperlichen und seelischen Schmerzen entschädigen werde.

Ein 33-jähriger Polizist aus der Au, Frank W., hatte der gefesselten Frau im Januar 2013 mit mindestens einem Faustschlag mehrere Brüche im Gesicht zugefügt. Der Beamte ist längst rechtskräftig verurteilt, das Opfer wartet bis heute vergeblich auf eine Entschädigung. Und der Täter auf den Ausgang seines Disziplinarverfahrens: Er ist seit 15 Monaten vom Dienst suspendiert - der Staat zahlt ihm sein volles Gehalt weiter.

"Langsam bin ich mit meiner Geduld am Ende", sagt Franz Erlmeier, Anwalt von Teresa Z. Er hatte mit Schreiben vom 13. Mai dem Anwalt des verurteilten Polizisten die Schmerzensgeldforderungen unterbreitet. 17 500 Euro hat Erlmeier im Namen seiner Mandantin angesetzt. "Es geht um einen wirklich traumatisierenden Vorfall, um die psychischen Folgen, zumal der Beamte auch bis heute keine Schuld eingestanden hat", so Erlmeier. Teresa Z. hatte nach einem Streit mit ihrem Freund selbst die Polizei zu Hilfe gerufen. Am Ende lag sie gefesselt in einer Gefängniszelle in der Au, wehrte sich, und Frank W. versetzte der zierlichen Frau mindestens einen Faustschlag ins Gesicht.

Die 23-Jährige erlitt eine Orbitabodenfraktur, ein gebrochenes Nasenbein, außerdem wurde die Hornhaut am rechten Auge verletzt. Bis heute leidet Teresa Z. unter Schmerzen und Entzündungen am Auge. "Es ist noch nicht absehbar, ob die Schäden überhaupt jemals abheilen werden; eventuell ist noch einmal eine Laserbehandlung nötig", erklärt Erlmeier. Bis zum 27. Mai, so schrieb der Anwalt, solle sich die Gegenseite zu den finanziellen Forderungen äußern.

Der Anwalt von Frank W. leitete das Schreiben sogleich an den Dienstherren des Verurteilten weiter. Die Frist hielt das Polizeipräsidium nicht ein und bat stattdessen, man solle "etwas Geduld haben", das Präsidium prüfe noch. Auch im Juni war die Prüfung noch nicht beendet, der Anwalt wurde erneut vertröstet und in der Folge bis Mitte Juli nichts entschieden. "Das Präsidium ist bemüht, auch die finanzielle Seite angemessen zu regulieren", sagt Polizeisprecher Wolfgang Wenger. Die Prüfung dauere an.

Andrä steht im Wort

"Es geht um den Ruf und um das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei. Das Präsidium täte in dem Fall gut daran, eine frühzeitige Entschädigung zu zahlen", meint Ernst Tandler. Der Münchner Rechtsanwalt ist unter anderem Spezialist für Disziplinarrecht und hat, was Schmerzensgeldforderungen angeht, eher negative Erfahrungen gemacht: "Im Regelfall zahlt der Staat nur im Namen des Volkes, also nicht freiwillig."

Polizeipräsident Hubertus Andrä allerdings steht im Wort: Im August 2013 war sein Beamter Frank W. zu zehn Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe von 3000 Euro verurteilt worden. Andrä schrieb sofort nach dem Urteil einen Entschuldigungsbrief an das Opfer. Doch Frank W. brüskierte seinen Chef: Er berief sich nach wie vor auf eine Notwehrsituation und legte Berufung ein. Von Reue keine Spur. Im März 2014 sah auch das Münchner Landgericht keinerlei Anzeichen für eine Notwehrsituation seitens des Beamten und verwarf in zweiter Instanz die Berufung.

Diesmal akzeptierte Frank W. das Urteil. Gleichzeitig nahm das Präsidium München das eingeleitete Disziplinarverfahren gegen Frank W. wieder auf. Die Abteilung, in der hauptsächlich Juristen beschäftigt sind, prüft beispielsweise die Schwere der Tat, will sich ein Persönlichkeitsbild des Verurteilten machen und wird Frank W. zur Befragung bitten. Am Ende wird entschieden, ob der Mann etwa degradiert wird, mit einer Gehaltskürzung zu rechnen hat oder etwa ganz aus dem Dienst entfernt wird.

Polizist wurde 2013 vom Dienst suspendiert

Frank W., der im Streifendienst bei der Inspektion Au eingesetzt war, wurde nach erster Prüfung der Vorfälle im Mai 2013 vom Dienst suspendiert. Seitdem sitzt er zu Hause, tut nichts, bezieht, wie vor Gericht gesagt wurde, etwa 2600 Euro netto vom Staat, seine Frau verdient noch mit dazu.

"Die Suspendierung wurde bewusst nicht aufgehoben, bis die Angelegenheit vollends geklärt ist", sagt Polizeisprecher Wolfgang Wenger. Dass das Disziplinarverfahren nun fünf Monate andauert, sei nicht ungewöhnlich.

Auch Rechtsanwalt Tandler kennt die langsam mahlenden Behördenmühlen: Er vertritt einen Beamten, der im April 2012 verurteilt worden war. Der Abschluss des Disziplinarverfahrens stehe bis zum heutigen Tag aus. Im Fall von Teresa Z. allerdings hat er kein Verständnis für die Dauer der disziplinaren Prüfung. "Das Präsidium wäre gut beraten, das Verfahren zu beschleunigen", meint er. Wobei er bei einem Polizisten, der nach einer derart massiven Tat keine Reue zeigt, eine Wiederholungsgefahr sieht.

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