Süddeutsche Zeitung

Fall Teresa Z.:Endlose Ermittlungen in eine bestimmte Richtung

Vor Monaten hat ein Münchner Polizist Teresa Z. mit Faustschlägen schwer verletzt. Jetzt interessiert sich die Polizei intensiv für die Privatsphäre des Opfers. Kurz nachdem ihr Handy sichergestellt worden war, wurde ein Bekannter festgenommen. Er erhielt Aussicht auf Freilassung - gegen Informationen.

Von Bernd Kastner und Susi Wimmer

Nahezu vier Monate sind vergangen, seit ein Polizeibeamter der Inspektion Au der 23-jährigen Teresa Z. in der Haftzelle mit einem Faustschlag das Nasenbein gebrochen hat. Aus Notwehr, wie der 33-Jährige sagt. Seitdem sind die internen Ermittler der Polizei mit dem Polizeieinsatz vom 20. Januar befasst. "Die Verfahren laufen noch", sagt Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch.

Dabei interessiert sich die Polizei intensiv für das Leben und die Privatsphäre des Opfers Teresa Z.: Kurz nachdem ihr Handy sichergestellt worden war, wurde ein Bekannter von ihr wegen Drogenbesitzes festgenommen. Er kam in Untersuchungshaft und erhielt nach SZ-Informationen Aussicht auf Freilassung, wenn er Komplizen benenne. Die Fahnder und Staatsanwälte schienen weniger interessiert daran, woher der 30-jährige Münchner die Drogen bezogen hatte, sondern vielmehr daran, an wen er sie verkaufen wollte. Genau genommen schien sich ihr Interesse vor allem auf eine Bekannte zu konzentrieren: Teresa Z.

Der Fall der 23-jährigen Teresa Z. hatte weit über die Grenzen Münchens hinaus für Aufsehen und Empörung gesorgt: Nach einer durchgemachten Nacht war die Münchnerin am Nachmittag des 20. Januar mit ihrem Freund am Regerplatz dermaßen in Streit geraten, dass sie die Polizei um Hilfe rief. Beamte aus der Au kamen, regelten die Unstimmigkeiten und nahmen das Paar zur Klärung des Sachverhalts in zwei getrennten Streifenwagen mit auf die Wache.

Die Polizei sprach von einer "Randaliererin"

Bereits im Polizeiauto soll es zu einer Rangelei gekommen sein, weil ein Beamter Teresa Z. die Benutzung ihres Handys untersagte. Der 23-Jährigen wurden Handschellen angelegt, die Hände auf dem Rücken fixiert. Sie wurde sofort in die Haftzelle der Inspektion am Mariahilfplatz gebracht und noch immer gefesselt auf eine Pritsche gelegt.

Teresa Z. soll sich heftig gewehrt, geschimpft und um sich getreten haben, sagt die Polizei. Fünf bis sieben Beamte hielten sich in der Zelle auf. Die 23-Jährige soll einen Beamten bespuckt haben. Daraufhin habe er ihr zwei Faustschläge ins Gesicht versetzt, sagt Teresa Z. Die Polizei sagt, die 23-Jährige habe nach dem Spucken zu einem Kopfstoß gegen den Beamten angesetzt. Dieser habe ihr aus Notwehr einmal ins Gesicht geschlagen.

Teresa Z. kam in eine Klinik. Dort wurde ein Bruch des Nasenbeins diagnostiziert sowie eine angebrochene Augenhöhle. Die 23-Jährige wurde operiert.

Erst nachdem eine Zeitung von dem Fall berichtet hatte, kam die Geschichte an die Öffentlichkeit. Die Polizei gab eine Pressemitteilung heraus, in der von einer "Randaliererin" die Rede war, von einem "Faustschlag gegen den Kopf" der Frau und dass die 23-Jährige wegen Körperverletzung, Widerstand und Beleidigung angezeigt werde. Dass Teresa Z. von einem Beamten das Gesicht schwer verletzt worden war, fand hingegen keine Erwähnung.

Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer stellte sich in der Folge vor seinen Beamten, behauptete, die Frau sei "im Drogenrausch" gewesen und nannte den Faustschlag die für den Beamten "konsequente Vorgehensweise". Ein Richter, der den Vorfall via Staatsanwältin von den Beamten geschildert bekam, lehnte an dem Tag einen Drogentest bei Teresa Z. ab. Er hielt ihn für nicht angemessen.

Gut zwei Wochen nach den Schlägen in der Haftzelle standen um 6 Uhr früh Polizisten vor der Haustüre von Teresa Z., um ihre Wohnung auf Drogen zu durchsuchen und eine Haarprobe zu nehmen. Innenminister Joachim Herrmann erging sich im Landtag in fragwürdigen Andeutungen über das Privatleben von Teresa Z. Kritiker warfen ihm vor, das Opfer in ein schlechtes Licht rücken zu wollen.

Am 20. Februar, fünf Tage nachdem die Polizei Teresa Z.s Handy beschlagnahmt hatte, wird ein Bekannter von der Polizei an der Rastanlage Frankenwald auf der A 9 angehalten. Der 30-Jährige kam gerade aus Berlin und war mit einer Mitfahrgelegenheit unterwegs. Er hatte nach Informationen der SZ fast 200 Gramm Marihuana im Gepäck sowie eine geringe Menge Haschisch und Amphetamin. Der Münchner kam in Untersuchungshaft. Auch sein Handy wurde ausgewertet. Man signalisierte ihm nach mehr als zwei Wochen Haft, dass er freikäme, wenn er Abnehmer benenne.

Aus Justizkreisen allerdings verlautete, dass sich die Zuständigen lediglich für eine Abnehmerin interessierten. Der 30-jährige Münchner soll dann eine eher vage Aussage getroffen haben, was die Abgabe von Marihuana an Teresa Z. anbelangt. Daraufhin kam er frei. Der Anwalt des 30-Jährigen wollte sich im Gespräch mit der SZ zu dem Vorfall nicht äußern.

Auch der Rechtsanwalt von Teresa Z., Franz J. Erlmeier, gibt sich wortkarg: Er habe noch immer nicht alle notwendigen Ermittlungsakten vorliegen. Er wundere sich aber, "wie wahnsinnig intensiv die Ermittlungen gegen die Geschädigte geführt werden". Das gesamte private Umfeld der 23-Jährigen werde durchleuchtet, ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt. Dabei sei sie doch diejenige, die schwer verletzt worden sei. So weit er die Akten bislang kenne, gebe es keine derartig detaillierten Ermittlungen gegen den 33-jährigen Beamten, der seine Mandantin schwer verletzt hatte.

Diverse Gutachten wurden in Auftrag gegeben. Eines soll nach SZ-Informationen noch ausstehen: Die rechtsmedizinische Beurteilung, ob die Gesichtsverletzungen der Frau tatsächlich von einem einzigen Faustschlag herrühren können, oder ob der Beamte doch zweimal zugeschlagen hatte.

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Quelle:
SZ vom 13.05.2013/fran
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