Fall Kaufmann:Drei Verdächtige festgenommen

Neue Erkenntnisse über den Tod des Münchner Steuerberaters Hagen: Berliner gestehen Beteiligung am Überfall.

Von Christian Rost

Die Polizei hat in Berlin drei Männer festgenommen, die im "Fall Kaufmann" Mittäter gewesen sein sollen. Der Schauspieler Günther Kaufmann war 2002 wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung mit Todesfolge an seinem Steuerberater Hartmut Hagen zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Nun erscheint der Fall wieder völlig offen.

Am vergangenen Donnerstag bekam die Berliner Polizei den Tipp: Der 50-jährige Heinz K., der ebenfalls 50 Jahre alte Wolfgang N. und der 42-jährige Hans-Joachim U. waren an dem Überfall auf den Münchner Steuerberater beteiligt. Alle drei Männer, die sich aus dem einschlägig bekannten Ku'damm-Carré kannten und wegen Raubes und Körperverletzungsdelikten vorbestraft waren, wurden festgenommen.

Wertsachen des Steuerberaters wie Münzen, Uhren und Schmuck befanden sich in ihrem Besitz. Zwei der Täter räumten ein, von Berlin aus mit einem Ford in nur vier Stunden nach München gefahren und an dem Überfall im Februar 2001 beteiligt gewesen zu sein. Angestiftet habe sie zu einem Raubüberfall die damalige Frau des Schauspielers Günther Kaufmann, Alexandra Kaufmann. Sie war die Geliebte von Hans-Joachim U.

Ein Freund fand den 60 Jahre alten Steuerberater Hartmut Hagen am 2. Februar 2001 tot in dessen Haus in Großhadern. Es hatte offensichtlich einen Kampf gegeben, in dessen Folge der Mann erstickte. Die Polizei ermittelte als Täter einen Bekannten und Geschäftspartner Hagens, den damals 53 Jahre alten Kaufmann. In seinen Vernehmungen und später vor Gericht beteuerte er immer wieder, allein bei dem Steuerberater gewesen und mit seinen 117 Kilo Gewicht in einem Streit versehentlich auf ihn gefallen zu sein.

Zu dieser Auseinandersetzung kam es wegen eines Kredits. Knapp eine Million Mark hatte Hagen der mittlerweile an Krebs gestorbenen Alexandra Kaufmann zur Verfügung gestellt. Sie wollte damit angeblich in den USA einen Prozess gegen den Popstar Billy Idol führen - mit Aussicht auf Schadenersatz in Höhe von 70 Millionen Dollar. Davon sollte der Steuerberater 26 Millionen Mark für sein finanzielles Engagement erhalten.

Allerdings wurde sein Geld für alternative Krebsmedikamente ausgegeben. Das fand er Anfang 2001 heraus und geriet mit Kaufmann aneinander. Das Gerichtsurteil lautete nicht auf Mord - aber man vermutete durchaus, dass der Schauspieler Komplizen hatte und die Tat alles andere als ein Unfall war. Beweisen konnten das die Ermittler trotz eindeutiger DNA-Spuren am Tatort nicht, und Kaufmann bestritt dies vehement. Die Gründe sind unklar. Mit den 15 Jahren Haft zeigte er sich dann sehr zufrieden.

Nicht nur dem Chef der Münchner Mordkommission, Kriminalrat Josef Wilfling, war bei der Urteilsverkündung aufgefallen: "Er war ja recht glücklich, dass er nicht zu Lebenslang verurteilt wurde." Jetzt sitzt Kaufmann in Berlin ein und ist Mitglied der Gefangenen-Theatergruppe.

Die Staatsanwaltschaft will das Verfahren völlig neu aufrollen. Ein bislang nicht mit dem Fall befasstes Gericht, das Landgericht Augsburg, soll neutral prüfen, ob auch wieder gegen Kaufmann ermittelt werden kann, der rechtskräftig verurteilt worden ist und das Urteil noch im Gerichtssaal angenommen hat.

Und es wird ein langer Weg, herauszufinden, was am 2. Februar 2001 in Hagens Haus wirklich geschah: Es ist möglich, dass Kaufmann unschuldig ist, es ist aber auch möglich, dass er die drei Berliner als so genanntes Rollkommando zu einem Raubmord angestiftet oder die Tat mit ihnen vorsätzlich begangen hat.

Sollte sich Vorsatz erweisen, dürfte das Urteil mit Lebenslang härter ausfallen als die verhängten 15 Jahre Haft mit der Option, vorzeitig entlassen zu werden. "Alles ist offen, alles ist möglich", sagt Chef-Ermittler Wilfling.

Bislang bleibt Kaufmann bei seiner Version: Er sei allein bei seinem Steuerberater und es sei ein Unfall gewesen, teilten gestern seine Anwälte aus dem Büro Ufer in München mit. Die Kanzlei will den Fall von sich aus nicht neu aufrollen, so lange Kaufmann bei seiner Tatversion bleibt.

Auf die Frage, ob die Anwälte auch dann nicht tätig werden wollen, wenn eine Möglichkeit besteht, die Unschuld des Schauspielers zu beweisen, lautet die Antwort: "Kein Kommentar." Offensichtlich ist man auch hier mit den verhängten 15 Jahren Haft zufrieden.

Die in Berlin festgenommenen Männer berichten von dem Überfall höchst unterschiedlich: Über die genauen Umstände der Tötung des Steuerberaters und die Tatbeteiligung von Günther Kaufmann gebe es deshalb noch keine Klarheit, so Oberstaatsanwalt Peter Boie. Gegen die drei Berliner ergingen Haftbefehle wegen des Verdachts auf Raub mit Todesfolge.

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