Süddeutsche Zeitung

Fall Kaufmann:Der wahre Täter stand schon vor Gericht

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Einschlägig vorbestraft: Der Liebhaber von Kaufmanns Ehefrau war 2002 bereits als Zeuge der Anklage geladen.

von Christian Rost

Neue Details im "Fall Kaufmann": Bereits im Prozess gegen den Schauspieler im Jahr 2002 sagte ein Mann als Zeuge aus, der heute als Beschuldigter geführt wird und in Untersuchungshaft sitzt. Es handelt sich um einen der drei Berliner, die vorige Woche festgenommen wurden und den Raubüberfall an dem Steuerberater Hartmut Hagen teils gestanden haben. Hagen starb nach ihren Angaben, als er gefesselt wurde.

Bei dem Zeugen und jetzt geständigen Täter handelt es sich um den 42 Jahre alten Hans-Joachim U. Zunächst als Bekannter der Frau Kaufmanns, Alexandra Kaufmann, in den Akten geführt, hatte sich im Verlauf des Prozesses herausgestellt, dass er deren Geliebter war. Und noch mehr ist über diesen Mann bekannt: Er ist einschlägig vorbestraft - wegen Eigentums- und Körperverletzungsdelikten. In einer Auseinandersetzung mit einem Türsteher soll er auf einen Mann geschossen haben. Dies ging bei der Justiz als Notwehr durch.

Im Fall Kaufmann befassten sich die Ermittler zwar intensiv mit U., es wurde auch eine Speichelprobe für eine DNA- Analyse genommen. Nur Verbindungen mit der Tötung des Steuerberaters ließen sich damals nicht herstellen. Laut Oberstaatsanwalt Peter Boie habe man nicht davon ausgehen können, dass es sich um einen Einbruch bei dem Steuerberater handelte. Die Ermittlungen hätten sich deshalb auf den Schauspieler Kaufmann konzentriert, weil der mit Hagen heftigen Streit wegen eines Kredits hatte. Wie berichtet, sagte Kaufmann aus, er sei während der Auseinandersetzung auf Hagen gefallen und habe ihn erdrückt.

Noch heute - obwohl die Räuber aus Berlin weitgehend gestanden haben - bleibt Kaufmann bei dieser Version. Weshalb, ist ein Rätsel. Sein Anwalt Steffen Ufer will mit ihm am Donnerstag sprechen.

Im Fall des Zeugen U. hatten die Ermittler durchaus bemerkt, dass die Wohnung des Steuerberaters nach Wertsachen durchsucht worden war. So hingen die Täter wertvolle Bilder ab. Zum Abtransport kam es nicht. Auch eine Uhr und Münzen verschwanden aus Hagens Besitz. Nichts davon fand sich jedoch bei U. Er wurde als unverdächtig entlassen.

Gesetzt den Fall, dass es zu einem Wiederaufnahmeverfahren kommt und Günther Kaufmann dabei entlastet würde, behält ihn die Münchner Staatsanwaltschaft dennoch im Visier. Es werde dann, so Oberstaatsanwalt Peter Boie, gegen den Schauspieler wegen Betrugs - es geht um den Kredit seines getöteten Steuerberaters - und Freiheitsberaubung in einem besonders schweren Fall ermittelt.

Die Freiheitsberaubung bezieht sich auf die zwei Münchner, die Kaufmann im Prozess als Mittäter genannt hatte. Sie kamen in Haft. Erst später stellte sich deren Unschuld heraus.

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