Fahrradfahren:München sollte Radlrücksichts-Hauptstadt werden

Lesezeit: 1 min

Platz da: Zwischen parkenden Autos weicht eine Radfahrerin in Berlin auf die Fahrbahn aus. (Foto: Alexander Heinl/dpa)

Immer wieder geraten Radfahrer und Autofahrer aneinander. Manchmal vertragen sie sich danach sogar. Manche haben aber auch besonderes Pech.

Kolumne von Tom Soyer

Das nächste Mal fahr ich wieder mit dem Auto, ist vor allem sicherer", so hat SZ-Leserin Stefanie H. neulich ihr Protokoll einer ziemlich störungsreichen Fahrradtour von Vaterstetten bis in den Münchner Norden und wieder retour beendet. Mal sind Autofahrer oder Zweite-Reihe-Parker das Risiko, mal vom Handy abgelenkte Radler, mal unachtsam querende Fußgänger, mal Baustellen, mal ignorierte Ampeln, mal Hundehaufen - all das habe ihr den Pedal-Frischluftgenuss gründlich verdorben.

Die Luft ist in München entlang großer Straßen zwar bestenfalls mittelfrisch. Grund zu Lungenpessimismus besteht indes nicht: Gerade hat eine Studie der Universität Kopenhagen belegt, dass die positiven Gesundheitseffekte des Radelns überwiegen, selbst wenn die Route innerstädtisch nah an Ottomotor und Dieselstinker verläuft. Nicht mit erfasst sind allerdings zwei ziemlich böse Gefahren: Plötzlich geöffnete Autotüren und fahrlässig geringer Seitenabstand.

Verkehrsplanung
:Nur das Fahrrad kann den Stau-Kollaps abwenden

Elektroautos und besserer öffentlicher Nahverkehr sind nicht die Lösung für schmutzige und überfüllte Städte. Es ist das Fahrrad. Doch es fehlt an Investitionen in die Infrastruktur.

Kommentar von Felix Reek

Wie vorgestern Abend in der Inneren Wiener Straße, als ein Radler mit lautem Schreckensschrei quittierte, dass eine Dame im mächtigen Mercedes mit weniger als zehn Zentimetern Seitenabstand überholte. Sie bog nur wenige Dutzend Meter weiter in eine Tiefgarageneinfahrt nach rechts ein und stieg, als der Radler - furchterregt - neben ihr hielt, sofort aus.

Einer Tirade kam sie zuvor: "Ich weiß, entschuldigen Sie bitte, viel zu knapp, ja. Weiß gar nicht, wie mir das passieren konnte . . .!" So viel Einsicht ist der Radler in München gar nicht mehr gewohnt. Umso wohltuender. Beide reichen einander versöhnlich die Hand, lachen, alles gut. "In Zukunft mindestens 1,50 Meter Seitenabstand zu Radlern?" - "Ja, unbedingt!" - "Weitersagen, bitte!"

Der radelnde Redakteur wollte Stefanie H. diese ermutigende Episode berichten, erhielt aber eine neuerliche Mail von ihr. "Wollte gestern nur kurz ums Eck mit dem Rad, einkaufen. Autotüre ging plötzlich weit auf. Liege jetzt mit Rippenfraktur im Rechts der Isar." Ach, herrje. München sollte alles daran setzen, Seitenabstands- und Radlrücksichts-Hauptstadt zu werden.

© SZ vom 31.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

ExklusivLuftverschmutzung
:Wie viel Stickstoffdioxid atmen Radfahrer ein?

Um das herauszufinden, fährt ein Team der Universität München mit einem Messlabor auf dem Anhänger durch die Stadt. Das Ergebnis: In einigen Straßen wird der als bedenklich geltende Grenzwert erreicht.

Von Thomas Hummel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: