Fahrrad geklaut:Ein Brief an die Polizei

19-Jähriger muss sich laut Urteil schriftlich entschuldigen

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Ob diese Erziehungsmaßnahme fruchtet? Ein Münchner Amtsrichter hat einen klauenden und pöbelnden 19-jährigen Schüler nicht als jungen Erwachsenen verurteilt, sondern als unreifen Jugendlichen und ihn wegen Diebstahls und Beleidigung zu 48 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Der 19-Jährige muss einen Entschuldigungsbrief an die Polizei schreiben.

Der Schüler hatte im Juni nachts am S-Bahnhof Planegg ein Damenfahrrad im Wert von 200 Euro gestohlen. "Ich hatte mir ein paar Bier gekauft", sagte er nun vor Gericht. Dann habe er den Bus verpasst. Bei den Fahrradständern fand er ein unabgesperrtes Rad. "Das habe ich dann genommen und wurde direkt von den Polizisten angehalten", erklärte der 19-Jährige dem Jugendrichter. Den Beamten begegnete er großmäulig und ablehnend und verlangte, dass sie ihn sofort nach Hause fahren. Als die Beamten dies ablehnten, gab er ihnen lautstark zu verstehen, dass es sein Recht sei, von "unnötigen Polizisten" heimgebracht zu werden." Einen Polizisten beleidigte er, indem er mit seiner linken Hand seine Unterlippe herunterzog und mit dem Zeigefinger der rechten Hand auf den in der Lippeninnenseite eintätowierten Schriftzug "ACAB" (all cops are bastards) deutete und dazu sagte: "Das sind Sie".

Vor Gericht zeigte sich der 19-Jährige einsichtig. Das Gericht befand, dass er kaum mit einem Erwachsenen gleichzusetzen zu sei. "Er lebt noch zu Hause, verfügt über keine abgeschlossene Schulausbildung und er wurde zur Hauptverhandlung auch von beiden Elternteilen begleitet", sagte der Amtsrichter. Es sei "erzieherisch geboten, ihn anzuweisen, insgesamt zwölf mal vier Stunden gemeinnützige Arbeit abzuleisten. "Auf diese Weise ist ihm eindringlich zu Bewusstsein zu bringen, dass er für das von ihm begangene Unrecht einzustehen hat", sagte der Richter. Außerdem gab er ihm auf, einen Entschuldigungsbrief an den Polizisten zu schreiben, den er mit seinem Lippen-Tattoo beleidigt hatte. Das Urteil (Az.: 1014 Ds 457 Js 183150/16 jug) ist rechtskräftig.

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