Fahndung:Geldtransporter mit einer Million geklaut: Fahrer war bereits polizeibekannt

  • Der Geldtransport-Fahrer, der mit mehr als einer Million Euro auf der Flucht ist, wird noch immer gesucht.
  • Vor einer Bank stiegen seine Kollegen aus. Er fuhr los und stellte den Wagen wenige Meter später wieder ab.
  • Die Polizei setzte bereits Hubschrauber und Spürhunde ein. Sie hofft auf Hinweise aus der Bevölkerung.

Von Thomas Schmidt

Rijad K. trat auf das Gaspedal eines Geldtransporters und verschwand mit mehr als einer Million Euro. Mit allen Mitteln fahndet jetzt die Münchner Polizei nach dem 26 Jahre alten Prosegur-Mitarbeiter, der am Donnerstag den auffallend gelben Firmenwagen entführte. Zunächst hatte die Polizei noch von mehreren Hunderttausend Euro Beute gesprochen, am Freitag hieß es dann jedoch, Rijad K. sei wohl mit etwas mehr als einer Million Euro auf der Flucht.

Den Ablauf der Tat konnte die Polizei schnell rekonstruieren: Rijad K., der nur als Leiharbeiter bei der Sicherheitsfirma Prosegur beschäftigt war, fuhr Donnerstagmorgen zusammen mit zwei Kollegen eine dienstliche Tour durch die Stadt. Vor einer Bäckerei an der Blumenauer Straße hielt er den Wagen an und ließ seine Kollegen aussteigen. Die beiden Mitarbeiter betraten eine Bankfiliale. Sobald sie außer Sichtweite waren, machte sich Rijad K. mit dem Geldtransporter aus dem Staub.

Doch er fuhr nur wenige Hundert Meter weit mit dem Lieferwagen, der mit einem Sender ausgestattet ist und dessen Position die Firma leicht orten kann. Nach kurzer Strecke stellte er den Wagen auf einem Parkplatz wieder ab, nahm das Geld und verschwand. Anwohner berichteten später, sie hätten zwei Männer eilig davonlaufen sehen, ein Hinweis auf einen möglichen Komplizen. Die Polizei wollte hierzu allerdings nichts sagen.

Als Leiharbeiter trug Rijad K. keine Dienstwaffe bei sich, auch sonst haben die Ermittler bisher keine Hinweise darauf, dass der Flüchtende bewaffnet sein könnte. Bereits kurz nach seinem Coup setzte die Polizei alle Hebel in Bewegung: Ein Hubschrauber stieg auf und suchte die Umgebung aus der Luft ab, ein Spürhund schnüffelte am Boden nach Spuren und eine Einsatzhundertschaft rückte zur Fahndung aus. Doch bislang fehlt offenbar jede Spur von dem Millionen-Dieb. Nun werden wohl Zielfahnder sein berufliches und soziales Umfeld genau unter die Lupe nehmen.

Weil sie den Fahndungsdruck auf den Flüchtenden erhöhen will und auf die Mithilfe von Zeugen hofft, hat die Polizei zudem ein Foto des 26-Jährigen veröffentlicht und nennt weitere Details zum mutmaßlichen Täter. Demnach handelt es sich bei Rijad K. um einen Serben, der in Dachau lebte. Der Mann sei bereits polizeibekannt gewesen und wurde zuletzt im Dezember 2015 erkennungsdienstlich erfasst. Ihm wurden mehrere Eigentums- und Körperverletzungsdelikte vorgeworfen.

Doch ob der 26-Jährige auch schon mal von einem Gericht verurteilt wurde, wollte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft nicht beantworten. Die Frage ist durchaus von Bedeutung, denn Rijad K. arbeitete für eine Sicherheitsfirma. Prosegur ist Mitglied in der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste, die bei der Einstellung von Personal die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses verlangt. Doch erst ab einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten wird das jeweilige Vergehen dokumentiert. Kleinere Delikte werden nicht aufgenommen, die Weste bleibt weiß.

Eine Sprecherin von Prosegur teilte auf Anfrage mit, alle Geldtransporter seien kameraüberwacht und mit Ortungstechnik ausgestattet. Ob auch die Geldkoffer über einen Sender verfügen, wollte sie "aus Sicherheitsgründen" nicht sagen. Dass Rijad K. von seinen Kollegen allein gelassen wurde, ist nicht ungewöhnlich. In der Branche ist es Standard, dass ein Mitarbeiter zu jedem Zeitpunkt im Fahrzeug bleibt, um bei Gefahren reagieren zu können. In diesem Fall war der Fahrer selbst die Gefahr.

Die Flucht von Rijad K. erinnert an den Millionendieb Sven K., der sich im Jahr 2007 ebenfalls mit einem Geldtransporter aus dem Staub gemacht hatte. Sven K. war damals mit fast 4,2 Millionen Euro auf der A 8 unterwegs. Auf einem Parkplatz im Landkreis Fürstenfeldbruck soll er seinen Kollegen gebeten haben, Müll wegzuwerfen. Als der Mann ausgestiegen war, trat K. aufs Gaspedal. Später verschwand er dann mit einem Großteil der Beute, 3,6 Millionen Euro. 15 Monate war Sven K. auf der Flucht, reiste durch Frankreich, Algerien, Spanien und die Karibik. Dann machte er einen Abstecher nach Deutschland für einen Arztbesuch, fuhr im Zug von Nürnberg nach Dresden - und wurde bei einer Routinekontrolle festgenommen.

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