Facebook-Aktion für Radler:"Wir sind der Verkehr"

Nur das schlechte Wetter kann sie stoppen: Einmal im Monat treffen sich Radler und fahren als Gruppe durch München - in Zweierreihe und auf den Hauptverkehrsstraßen. Das Gesetz erlaubt es ihnen, wenn eine kritische Masse erreicht ist.

Marco Völklein

Ihr Symbol ist ein stilisiertes Fahrrad und eine Faust. Ihr Name ist "Alfine Rohloff". Und ihr Anliegen ist es, an jedem dritten Freitag im Monat möglichst viele Radfahrer am Fuße der Bavaria zu sammeln, um gemeinsam für ein, zwei Stunden durch die Stadt zu radeln. Bei gemütlichem Tempo. Und wenn es dunkel ist, natürlich auch mit Licht am Rad. Allerdings soll die Fahrt nicht auf teils engen und holprigen Radwegen stattfinden. Sondern auf der Fahrbahn, also dort, wo sonst Autos und Lkw unterwegs sind.

Fahrradfahren in München, 2011

Wenn mindestens 16 Radler zusammenkommen, dürfen sie auf der Straße fahren.

(Foto: Robert Haas)

Damit dies möglich ist, muss "Alfine Rohloff" mindestens 16 Radler zusammentrommeln. Denn dann ist die "Critical Mass" erreicht, die "kritische Masse". Ab dieser Anzahl gelten die Radler als geschlossener Verband. Und als solcher dürfen sie in Zweier-Kolonne auf der Fahrbahn radeln. Sie dürfen, sobald der erste in eine Kreuzung eingebogen ist, auch dann alle noch in die Kreuzung einfahren, wenn kurz darauf die Ampel auf Rot springt. Paragraf 27 der Straßenverkehrsordnung erlaubt dies ausdrücklich - ab einer Zahl von 16 Radfahrern.

Bereits in den Neunzigerjahren hatten sich Radaktivisten zu "Critical Mass"-Aktionen verabredet, zunächst in den USA, kurze Zeit später auch in Europa. In Städten wie Hamburg, Berlin, Köln oder Dortmund treffen sich Radler regelmäßig zu solchen Fahrten. In München ruft "Alfine Rohloff" seit etwa einem Jahr immer wieder zu "Critical-Mass"-Treffen am Fuße der Bavaria auf. Auch für den heutigen Freitag ist von 20 Uhr an eine Tour durch die Stadt geplant. Nur das schlechte Wetter könnte die Radler noch stoppen.

"Alfine Rohloff" ist ein Pseudonym. Alfine - so nennt der japanische Hersteller Shimano eine Kettenschaltung. Rohloff stellt eine beliebte, aber nicht ganz billige Nabenschaltung her. Die Initiatoren der "Critical-Mass"-Fahrten wollen anonym bleiben; in der Regel organisieren sie ihre Treffen über das soziale Netzwerk Facebook. Sobald einer von ihnen mit seinem Namen in Erscheinung treten und offiziell zu einer Rundfahrt durch die Innenstadt aufrufen würde, müsste das Ganze bei der Stadt als Demonstration angemeldet werden. Und dann wären Auflagen zu beachten, Ordner zu stellen - sowie Begleitfahrzeuge der Polizei zu erwarten.

Das alles aber wollen die Radaktivisten vermeiden. "In erster Linie soll der Spaß im Vordergrund stehen", sagt einer der "Alfine-Rohloff"-Aktivisten. Ein paar Freunde träfen sich zum gemeinsamen Radfahren in der Stadt - mehr nicht. Zugleich gehe es aber auch um ein politisches Ziel: Man wolle erreichen, dass "Radfahrer akzeptiert werden als vollwertige Verkehrsmitglieder". Man wolle zeigen, dass sie "ein Teil des ganz normalen Verkehrsgeschehens sind". - "Wir blockieren nicht den Verkehr", beschreibt einer das Motto: "Wir sind der Verkehr."

Bettina Cibulski vom Radfahrerverband ADFC findet die Aktionen "super, um zu zeigen, dass Radfahrer Platz brauchen". Auch bei den meisten Autofahrern komme die bunte Radlertruppe gut an, behauptet "Alfine Rohloff". Allerdings liege das wohl auch daran, dass man nur selten unterwegs sei. "Würde das jeden Tag stattfinden, sähen die Reaktionen wahrscheinlich anders aus."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: