Süddeutsche Zeitung

Exportpläne:Black Cabs könnten bald auch in München fahren

  • Die berühmten Londoner Taxis kommen nach Deutschland: Der Hersteller will die Autos in Berlin, Stuttgart und München verkaufen.
  • Allerdings haben sie keinen Dieselmotor mehr, sondern einen Elektroantrieb.
  • In Großbritannien kostet das Modell TX umgerechnet 72 000 Euro.

Von Björn Finke, London

Sie gehören zu London wie rote Telefonzellen und deutsche Schülergruppen auf Klassenfahrt: die Black Cabs, die knubbeligen und meist schwarzen Taxis der britischen Hauptstadt. Doch in wenigen Monaten könnten die geräumigen Droschken, in deren Passagierbereich Rollstühle oder Kinderwägen einfach hineinrollen können, auch in München ihre Runden drehen. Der Hersteller LEVC aus dem englischen Coventry will sein neues Modell von Sommer an in Deutschland verkaufen, zum Start in Berlin, Stuttgart und eben in München.

Wichtigster Unterschied zwischen diesem Modell namens TX und seinen Vorgängern: Es hat keinen Dieselmotor, sondern einen Hybridantrieb. Die Taxis summen ohne Abgase mit einem Elektroaggregat des deutschen Zulieferers Valeo Siemens herum. Die Batterie soll Strom für bis zu 129 Kilometer liefern. Geht sie zur Neige, lädt ein Volvo-Benzinmotor sie wieder auf. Seit Mitte Januar werden die grünen Black Cabs in London ausgeliefert.

Der Hersteller musste das Hybridauto entwickeln, um nicht aus der Stadt - seinem größten Markt - ausgesperrt zu werden. Die Kapitale und ihre 8,8 Millionen Einwohner leiden unter der schlechten Luft. Deswegen lässt die Verkehrsbehörde seit Januar dieses Jahres nur noch Taxis neu zu, die mindestens 48 Kilometer am Stück ohne Abgase fahren können. LEVC und Motorlieferant Volvo gehören dem chinesischen Autokonzern Geely, der kürzlich mit dem Kauf von zehn Prozent der Daimler-Aktien Schlagzeilen machte. Um die englische Taxifirma ins grüne Zeitalter zu führen, investierten die Chinesen 370 Millionen Euro in die Entwicklung des Hybridmodells und in eine Fabrik in der Nähe von Coventry.

Außerdem benannte Geely den Traditionsbetrieb um - von London Taxi Company zu London Electric Vehicle Company (LEVC). Das alte Werk für Dieseldroschken schloss das Management, sie werden nicht mehr hergestellt. Die neue Produktionsstätte ist deutlich größer. Mehr als 20 000 Hybridfahrzeuge können dort pro Jahr vom Band laufen. In etwa so viele Black Cabs sind gerade in London zugelassen. Um den Standort auszulasten, muss das Unternehmen den Großteil seiner grünen Taxis also außerhalb Londons verkaufen, in anderen Städten im Königreich und im Ausland.

Viele Metropolen weltweit wollen den Kampf gegen Luftverschmutzung verschärfen. Taxis ohne Abgase helfen dabei. "Wir hätten kein besseres Umfeld für den Start treffen können", sagt Carl-Peter Forster. Der frühere Opel-Chef ist Chairman von LEVC, vergleichbar einem Aufsichtsratsvorsitzenden. Aus den Niederlanden gingen bereits mehr als 200 Bestellungen für das Hybridmodell ein. Von Sommer an sollen auch deutsche Taxler das umweltfreundliche Auto ordern können.

Billig ist diese Investition in gute Luft allerdings nicht: In Großbritannien kostet das Modell TX umgerechnet 72 000 Euro. Die Regierung unterstützt Chauffeure aber mit einer Beihilfe von 8550 Euro. Außerdem wirbt der Hersteller damit, dass Hybridtaxis billiger bei Unterhalt und Verbrauch seien. Strom kostet viel weniger als Diesel. Durch den Umstieg auf das Hybridmodell spare ein durchschnittlicher britischer Fahrer wöchentlich 110 Euro für Treibstoff, rechnet die Firma vor.

Zudem preist LEVC die Vorteile für die Kunden: Das neue Modell hat ein Glasdach - schön für Touristen, die in den Straßenschluchten mehr sehen. Sechs Gäste können einander gegenüber sitzen. Rollstuhlfahrern hilft eine Rampe. Eine ausklappbare Treppenstufe macht das Einsteigen für Passagiere einfacher, die unsicher auf den Beinen sind. An den Seiten der Sitze befinden sich Strombuchsen zum Aufladen der Handys, ein Sender im Wagen ermöglicht schnellen Internetzugang via Wlan. So lässt es sich bequem durch die Stadt summen.

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SZ vom 08.03.2018/vewo
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