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Experten-Tipps:Wenn der Hals kratzt und die Glieder schmerzen

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Hohes Fieber und heftige Kopf- und Gliederschmerzen - so beginnt meist eine Virusgrippe. Im vergangenen Winter blieb das Stadtgebiet weitgehend verschont, doch heuer mehren sich die Anzeichen für eine Influenzawelle. Was man jetzt tun kann, sagen fünf Münchner Ärzte.

Protokolle: Sybille Steinkohl

Droht uns eine Grippewelle?

Petra Graf, Ärztin im städtischen Gesundheitsreferat: In Bayern registrieren wir seit Anfang Februar einen deutlichen Anstieg der Atemwegserkrankungen. Dies gilt auch als Indikator für die echte Grippe. Es könnte also eine größere Influenzawelle auf uns zukommen. Die aktuellen Münchner Zahlen weisen in diese Richtung: Von 1. Januar bis 14. Februar 2004 wurden dem Gesundheitsreferat 28 Influenzanachweise gemeldet. Heuer waren es im gleichen Zeitraum schon 62. Diese mehr als Verdoppelung kann einerseits als Hinweis auf eine beginnende Grippewelle gedeutet werden, genauso gut könnte sie aber die gesteigerte Bereitschaft der Ärzte widerspiegeln, mehr Patienten mittels Rachenabstrich auf Influenzaviren untersuchen zu lassen. In den nächsten Wochen wird sich zeigen, ob die Trends sich bestätigen.

Soll man sich jetzt noch impfen lassen?

Nikolaus Frühwein, Impfexperte: Im Moment haben wir noch keine Grippewelle, so dass eine Impfung noch Sinn macht. Wir empfehlen sie vor allem älteren Menschen, chronisch Kranken und Fernreisenden, die nach Südostasien fahren. Die Schutzwirkung tritt aber nicht sofort ein, sondern erst nach acht bis 14 Tagen. Auch wenn man gerade eine leichte Erkältung ohne Fieber hat, kann man sich ohne weiteres impfen lassen. Ein Problem ist, dass inzwischen das Serum knapp geworden ist, die Herstellerfirmen sind längst ausverkauft. Allerdings wird in den meisten Praxen und Apotheken noch Impfstoff vorrätig sein. Es lohnt sich auf jeden Fall nachzufragen.

Kann die Naturheilkunde helfen?

Nicole Gerling, TU-Zentrum für naturheilkundliche Forschung: Die Naturheilkunde kann helfen, einen Infekt zu verhindern. Ratsam sind eine überwiegend pflanzliche Ernährung, frische Luft und ein moderates Ausdauertraining. Der Körper braucht auch Entspannungsphasen und ausreichend Schlaf. Immunstimulantien wie Vitamin C oder Echinacin helfen vielleicht zur Symptomverkürzung, nicht zur Prophylaxe. Bei ersten Infektanzeichen empfehlen wir Kräutermischungen als Tees, Salben, Bonbons und Inhalation. Im Krankheitsfall versucht die Naturheilkunde, Symptome zu lindern, etwa mit Wickeln und Wasseranwendungen. Bei Verdacht auf eine Virusgrippe muss man zum Arzt gehen.

Wie behandeln Sie eine Grippe?

Rolf Atzinger, Internist: Die Grippe ist so gefährlich, weil man sie nicht ursächlich behandeln kann. Am besten ist also die Impfung, um sie gar nicht zu bekommen. Sonst kann man nur die Symptome kurieren: Ich verordne Fieber- und Schmerzmittel, zum Beispiel Ibuprofen. Der Kranke muss viel trinken und sich mehrere Tage körperlich schonen. Das ist wichtig, um sich keine Komplikation wie eine Lungenentzündung oder eine Herzmuskelschwäche zu holen. Neue teure Medikamente wie Tamiflu, die das Virus direkt angreifen, sind derzeit noch Ausnahmefällen vorbehalten.

Was bewirken die neuen Arzneimittel?

Johannes Bogner, Infektiologe am LMU-Klinikum: Neuraminidase-Hemmstoffe verhindern die Virusvermehrung, wenn sie in den ersten 48 Stunden nach Auftreten der Symptome eingenommen werden. Sie bewirken eine Verkürzung der Influenzaphase und einen weniger gefährlichen Krankheitsverlauf. Das ist wichtig bei älteren Menschen und Patienten mit Begleiterkrankungen.

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SZ vom 16.02.2005
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