Exklusive Tipps:Wohin auf die Wiesn?

Schneller, höher, weiter oder doch lieber besinnungslos selig? Das SZ-Kompetenzteam hilft mit exklusiven Tipps und Erfahrungsberichten beim Oktoberfest-Besuch.

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Bitte einmal Mägen mit saurer SauceDie Wunsch-Wiesn des Privatmanns F., einst über viele Jahre Lokalredakteur der SZ: Ankunft Vormittag, wenn die ersten Kinderkarussells sich zu drehen beginnen. Mittags beim Poschner in der Hühnerbraterei eine Portion Mägen mit saurer Soße. Danach kleiner Kontrollgang. Nachsehen, ob's was Neues gibt; ob der Schichtl, die Krinoline, der Flohzirkus, der Kasperl noch da sind.Grantig, wenn ich Institutionen wie den Sieber oder den Haeberlein und Metzger, bei dem ich gern Mitbringsel kaufe, nicht mehr finde. Wieder halbwegs versöhnt beim Anblick der Bräurösser in ihrem Glitzergeschirr. Zu später Stunde habe ich auf dem Oktoberfest (gottseidank) nichts mehr zu suchen. Schon gar nicht im Bierzelt, bei der Nacht-Übernahme des Vulgären. Ja, ein nächtlicher Blick vom Riesenrad, hinunter auf das Lichtermeer zu Füßen der Bavaria - das wär's. Aber deswegen noch mal im Finstern hinaus auf die Wiesn?Text: Franz Freisleder Foto: dpa

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Vorsicht vor den StillenEin Wochentag während der Wiesn 2007, es war spät geworden im Büro, an der Hackerbrücke füllte sich die S-Bahn. Es gibt Menschen, die passen einfach nicht zueinander: Wanderer und Mountain-Bike-Fahrer, Hoeneß und Kölner, Wiesn-Heimkehrer und Büro-Heimkehrer. Die einen wollen in der S-Bahn weiterlärmen, die anderen nur noch nach Hause - und sie sehen überhaupt nicht ein, warum sie irgendwelchen Halbbetrunkenen jetzt den Spaß gönnen sollen.Wobei man bedenken sollte: Wer lärmt, ist gut. Gefährlich sind die Stillen. Da stieg also einer an der Hackerbrücke zu und setzte sich auf den Platz gegenüber. Kein Wort sprach er, stierte bloß nach unten, und sein Hals begann, zu zucken. Er war noch in der Verfassung, mit seinen Innereien zu ringen; nur die Eingebung, dies doch besser draußen zu tun, die hatte er nicht mehr. Donnersbergerbrücke. Laim. Pasing. Verloren. Und es waren noch vier Stationen, die man in dieser S-Bahn bleiben musste.Text: Detlef Esslinger Foto: Privat/oh

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Auf geht's zum TeufelsradEs kann natürlich daran liegen, dass ich viele Jahre in Berlin gelebt habe, wo das Motto "umsonst und draußen" die Stadt von unten nach oben durchdemokratisiert hat. Dort treffen sich einfach immer alle vor dem Brandenburger Tor, wenn es was zu feiern gibt. Kosten tut das nichts, nicht einmal bei der Fußball-WM. Also bin ich vermutlich einfach nur verkorkst. Denn das mit der Wiesn, das habe ich mir immer anders vorgestellt: als Volksfest, wo jeder Spaß hat. Es ist aber kein Fest des Volkes, sondern ein Fest der VIPs. Und es ist auch nicht umsonst und draußen, sondern meist teuer und drin. Falls man nach drinnen vordringt. Die Plätze in den Zelten sind so gut wie ausbgebucht, für die amerikanischen und japanische Geschäftsfreunde. Oder für irgendwelche Damenkränzchen im Kampfdirndl.Also hilft nur draußen bleiben und eine der ältesten Attraktionen der Wiesn anschauen: Feldl's Teufelsrad, seit 1910. Alle stürmen auf ein Rad, das aussieht wie eine Tanzfläche, die sich dreht. Jeder kämpft gegen jeden, und von oben kommt ein riesiger Ballon und versucht, die Leute von der Fläche zu wischen. Das ist nichts für VIPs, eher für die Berliner Großstadt-Guerilla. Aber richtig lustig, auch für handfeste Bayern.Text: Annette Ramelsberger Foto: Stephan Rumpf

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Mittagswiesn, MittagsschlafDass Vergnügungen um so intensiver werden, je mehr Gleichgesinnte daran teilhaben, gehört zu den Grundirrtümern des modernen Menschen. Wer Gesellschaft gerne in Maßen, aber nicht in Massen genießt, für den scheidet ein Wiesnbesuch am Abend sowie am Wochenende aus. Denn dagegen ist Rimini im August eine Erholung. Der muss mittags gehen, am besten in der Zeit zwischen halb zwölf und zwei.Wenn der Betrieb schon begonnen hat, die lärmenden Halbwüchsigen aber noch nicht ausgeschwärmt sind. Die Mittagswiesn erfordert zwingend einen warmen, sonnigen Tag. Denn so unerträglich es ist, abends in einem überfüllten Bierzelt zu sitzen, so öde ist es, sich bei Nieselregen tagsüber der Tristesse eines leeren Zeltes auszusetzen. Mittagswiesn - das bedeutet, draußen sitzen, die Gerüche und Geräusche inhalieren, und sich darüber freuen, das Maß und Hendl nirgends besser schmecken als hier.Unabdingbar ist auch, dass man den ganzen Tag frei hat. Nur mal kurz in der Mittagspause, das reicht nicht. Zum vollen Genuss der Mittagswiesn gehört, dass sie mit einem anschließenden Mittagsschlaf kombiniert werden kann.Text: Peter Fahrenholz Foto: AP

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Lass es krachenSchneller. Höher. Weiter. Seit Olympia glaubt man ja nicht mehr daran. Dabeisein ist alles - auch auf den hinteren Plätzen! Es gibt aber eine Ausnahme, bei der das Schnellerhöherweiter nach wie vor gilt und unbedingt anzustreben ist, und dies ist: das Wiesn-Fahrgeschäft. Von hoffnungslosen Nostalgikern, die das sanfte Taumeln der "Krinoline" oder die Gravität einer per Hüftstoß betriebenen Schiffschaukel zu loben pflegen, darf man sich nicht irre machen lassen.Denn es ist nun mal so: Ein anständiges Fahrgeschäft muss krachen! Der Mund muss sich zum Schrei öffnen, das Wasser muss einem aus den Augen laufen, der Magen muss erst zwischen den Knien schlackern und dann an den Gaumen knallen, und die Haare müssen in drei Minuten so fettig werden wie bei einer Cabriofahrt mit 200 Sachen von München nach Starnberg. Alle diese Dinge sind im "Cyber Space" problemlos gewährleistet. Ein sich überschlagendes Riesenpendel, 50 Meter hoch, an dessen Ende eine achtsitzige Gondel montiert ist, die wiederum um die eigene Achse rotiert - schneller, höher, weiter geht's auf der Wiesn wirklich nicht. Kleiner Insider-Tipp: In diesem Fall sind die hinteren Plätze tatsächlich die besten.Text: Tanja Rest Foto: Andreas Heddergott

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Besinnungslos seligDas Schöne an der Wiesn ist, dass man genau weiß, wie die Sache ausgeht, nämlich mit offenem Ausgang. Zumindest fällt das Herauskommen aus dem Zelt wesentlich leichter als das Hineinkommen, das immer mit einem leichten Stress verbunden ist und dem Zwang, sich sofort mit einer Maß betäuben zu müssen. Man verlässt nach ein paar Stunden das wunderbare Winzerer Fähndl und weiß: Man hat etwas geleistet im Massenkonzert der besinnungslos Glückseligen. Man ist gut bedient worden, nun geht die Reise weiter, ins Käfer-Zelt. Soll bloß keiner sagen, die Schänke sei ein Ort für schnöselige Promis, trachtenmäßig übertourte Fußball-Diven und blonde Porschefahrerinnen allein! Diese Klientel feiert eingepfercht in ihren Boxen, wo der Chef persönlich jeden Boris, jeden Bernd, jede Uschi begrüßt.Wir stehen lieber draußen im Freien, wo die Viertelnüchternen ein letztes "Viva Bavaria" anstimmen, das Riesenrad zu hören ist und es pausenlos ("Hey, Baby!") von allen Seiten her blinkt und blitzt. Hier strömen die aufgebrezelten Wiesn-Reste zusammen, schmiegt sich Dirndl an Lederhose, es ist ein toller Gesellschaftstanz. Prost, Bussi, gut' Nacht! Morgen ist wieder ein Tag mit offenem Ausgang.Text: Christian Mayer Foto: Robert Haas

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Verloren im IrrgartenIm Prinzip funktioniert der Irrgarten auf der Wiesn ganz einfach: Auf der einen Seite geht man rein, auf der anderen später wieder raus. Dazwischen gibt es leider weder einen Notausgang noch eine Toilette. Ohnehin würde ein Klo im Irrgarten wenig nützen, weil man es nicht finden würde. Dabei hätten wir das eine oder andere so dringend gebraucht. Wenn zwei Buben erst Fanta tanken und sich dann mit den Eltern hoffnungsfroh ins Labyrinth aufmachen, droht Stress. Vor allem dann, wenn der Vater als Wegweiser versagt und in der ersten Sackgasse feststellen muss: Aus dem Irrgarten herauszufinden ist so schwierig wie vor 30 Jahren.Nur die Frau geht einfach durch und wartet draußen mit einer gewissen Ungeduld, während sich der Rest der Familie sich die Köpfe an den Glaswänden anhaut. Und bei Kindern wird der Orientierungssinn auch nicht besser, wenn die volle Blase drückt und die Panik aufsteigt. Irgendwie finden Vater und Söhne dann doch den Ausgang, in letzter Sekunde gewissermaßen. Danach gibt es Popkorn, Würstl und ein Erinnerungsfoto: Zwei lederbehoste Buben vor der Wiesnkulisse. Sie wirken sehr erleichtert.Text: Sebastian Beck Foto: dpa

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Münchner GlückEs gibt immer ein paar Radfahrer, die schimpfen, weil sie in einer Blaskapelle stecken bleiben, und neuerdings auch chinesische Touristen, die fragen, "Are these Germans?". Der OB in der Hirschledernen verschwindet in einer Bar, weil er nicht in seiner Kutsche rumsitzen will. Am schönsten ist der Festzug der Wiesnwirte, wenn er noch gar kein Zug ist, sondern alle nur dastehen und warten, darauf, dass es endlich losgeht, am frühen Samstag morgen, in den hinteren Revieren der Sonnenstraße.Wer das Schreierische und Laute nicht mag, der kann da die herausgeputzten Prunkwagen in aller Ruhe betrachten und darüber nachdenken, ob es ein besonderes Glück ist, in dieser Stadt aufgewachsen zu sein, also sozusagen mit einer besonderen Sentimentalität für die Kombination von Bier und Blasmusik.Vor dem Eintritt in einen Trachtenverein aber rettet einen dann regelmäßig der Blick auf das mindestens sechsspännige Prachtgespann des Löwenbräuzeltes, nicht wegen der schönen Rösser, aber wegen der garantiert zu grellen Bonbondirndlfarbe der Bedienungen. Und dann geht es ja sowieso schon los. Tusch. Der Zug rollt. Zeit heim zu gehen.Text: Christiane Schloetzer Foto: ddp

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Geht heim, solange noch Zeit ist!Wiesnbier vom Fass schmeckt unvergleichlich gut - kein Vergleich mit der Giftplörre, die zur Fastenzeit am Nockherberg verabreicht wird. Für ein frischgezapftes Wiesnbier kann kein Weg zu weit, kein Preis zu hoch sein. Leider muss man es einer Tradition zufolge in Wiesnzelten zu sich nehmen, und das ist dann doch zu viel verlangt. Es soll Menschen geben, die sich freiwillig foltern lassen - ist aber nicht jedermanns Sache. Wer sich zivilisiert besäuft, schätzt eine angenehme Gesprächsatmosphäre, jedenfalls in der Anfangsphase. Man kann in einem Wiesnzelt aber nicht reden. Man kann auch nicht sitzen, weil man den Schuh eines auf dem Tisch tanzenden Derwischs abkriegt.Trinken darf keiner dann, wenn er trinken will, sondern nur, wenn es die Kapelle oder der Nachbar anordnet. Und weil auch der Nachbar ein Derwisch ist, schüttet er einem das beste Bier der Welt über die Hose. Die Musik ist gratis, aber man würde gern dafür bezahlen, dass sie aufhört. Es wäre schön, Rentner zu sein. Sich an einem sonnigen Werktag vor ein Zelt zu setzen, in aller Ruhe eine Wiesnmass zu trinken. Oder zwei. Und heimzugehen, bevor die Folterknechte kommen. Text: Wolfgang Roth Foto: ddp(SZ vom 20.09.2008/af)

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