Literatur:Die Träume der Frauen: der neue Roman von Ewald Arenz

Lesezeit: 2 Min.

Kleidung mit Stil, Prosa mit Stil: Schriftsteller Ewald Arenz. (Foto: Ilka Birkefeld)

„Zwei Leben“ rückt zwei Frauen in den Mittelpunkt, die 1971 in einem kleinen Dorf große Sehnsüchte haben. Sein Buch stellt der Bestsellerautor aus Franken auf ausgiebiger Tour vor – unter anderem dort, wo er lange nicht gelesen hat.

Von Bernhard Blöchl

Die großen Sehnsüchte haben die Frauen. Roberta träumt davon, eigene Kleider zu entwerfen. „Elegante Kleider oder solche, die einen reisen lassen im Kopf, wenn man schon nicht hinkann. Nach Frankreich vielleicht oder nach Amerika, ans Meer oder in die Berge.“ Und dann ist da noch Gertrud, die wie Roberta in dem kleinen Dorf in Süddeutschland lebt und ebenfalls gerne woanders wäre. In Paris zum Beispiel, in Prag oder in Neapel, wo „das zornige Lärmen einer Vespa“ schnell zum Sound des Glücks werden kann.

Zwei Frauen unterschiedlichen Alters, Landleben, Arbeit auf dem Hof, Seelenwirbel. Was Ewald Arenz, fränkischer Bestsellerautor mit Gespür für große Gefühle und menschliche Dramen, bereits in „Alte Sorten“ (2019) beschäftigte, kombiniert er auch in seinem neuen Roman zu einer großen Erzählung – freilich mit anderer Verortung und anderem Twist.

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:"Wenn die Kollegen korrigieren, schreibe ich meine Geschichten"

Er ist Lehrer in Nürnberg und einer der erfolgreichsten Autoren in Deutschland. Ein Besuch bei Ewald Arenz. Über seine Romane sagt er: "Ich schöpfe viel aus dem Erlebten" - dazu gehören Humorvolles und Schönes, aber auch Krankheit und Tod.

Von Bernhard Blöchl

„Zwei Leben“ spielt in den frühen Siebzigerjahren, zu einer Zeit, in der der Autor Kind war. Beide Protagonistinnen sind aus unterschiedlichen Gründen an ihr Heimatdorf gebunden: Roberta, die gerade eine Schneiderlehre in der Stadt absolviert hat, muss sich um den elterlichen Hof kümmern; Gertrud, „die Frau Pfarrer“, wie sie im Ort genannt wird, fühlt sich ihrem Sohn Wilhelm verpflichtet. In diesen verliebt sich Roberta, die Wilhelm schon seit Kindertagen kennt. Ein paar Fügungen und Schicksalsschläge später, die hier nicht gespoilert werden, müssen beide Frauen Entscheidungen treffen, die ihre Leben und die ihrer Mitmenschen verändern.

Ewald Arenz, geboren 1965 in Nürnberg, entführt seine Leserinnen und Leser in eine konservative Dorfgemeinschaft, tief hinein in beschwerliches Landleben und gesellschaftliche Strukturen, die scheinbar wenig individuelle Freiheiten ermöglichen. Er erzählt seine Geschichte über Selbstbestimmung in den Siebzigern anschaulich, detailfreudig und gewohnt stilsicher. Wie schon in seinem jüngsten Bestseller, „Die Liebe an miesen Tagen“ (2023), zieht er an mehreren Registern der Erzählkunst, spart den Schmerz des Todes nicht aus und lässt persönliche Erlebnisse einfließen.

In einem SZ-Interview erzählte Arenz 2023, wie er früh in seinem Leben mit dem Tod konfrontiert wurde. Es war Anfang der Siebziger, als er seinen Vater, der Pfarrer war, auf einer erschütternden Mission begleitet habe. „Damals war Herbstmanöver von den Amerikanern. Ein Panzer ist im Dunkeln über einen Kleinwagen mit einer Familie drüber. Schrecklich. Die waren alle tot. Mein Vater musste die aber identifizieren, weil sonst keiner mehr da war.“ Dieses furchtbare Szenario hat Arenz nun in „Zwei Leben“ verarbeitet. Solche aus dem Leben gepflückten Beispiele kann man in seinen Romanen häufig finden.

Aufs Land führt der neue Roman von Ewald Arenz: "Zwei Leben". (Foto: Ilka Birkefeld)

Zurück zum selbstbestimmten Leben. Nicht nur seine Frauenfiguren haben große Sehnsüchte, auch ihr Schöpfer hatte lange einen Traum: endlich mal wieder in München lesen. Als gefeierter Bestsellerautor trat Arenz in den vergangenen Jahren häufig auf, landauf landab in Deutschland, aber auch über die Grenzen der deutschsprachigen Länder hinaus. Nur mit München wollte es lange nicht klappen. „München ist ein weißer Fleck“, sagte er in jenem Interview in Nürnberg. „Ich habe keine Ahnung, warum.“

Am Montag, 30. September, hat das Warten ein Ende. Dann stellt Arenz „Zwei Leben“ im Literaturhaus München vor. Wer den stets gut gekleideten Schriftsteller und Gymnasiallehrer je auf der Bühne erlebt hat, weiß, dass auch dies ein Abend voller physischer Präsenz, mit klugem Humor und wortgewandten Geschichten werden wird, die weit über das Buch hinausreichen.

Ewald Arenz: Zwei Leben, Montag, 30. September, 19 Uhr (Bar ab 18 Uhr), Literaturhaus München, Salvatorplatz 1, Lesung im Saal & Stream, Moderation: Christiane Lutz (SZ); weitere Termine unter ewald-arenz.de/veranstaltungen

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