Evangelische Kirche:Mitarbeiter soll 180 000 Euro unterschlagen haben

Evangelisch-Lutherische Kirche

Die evangelische Kirche entdeckte, dass ihr eine hohe Summe Geld fehlte.

(Foto: Frank Wunderratsch/dpa)
  • Im Evangelisch-Lutherischen Stadtdekanat ist eine hohe Summe an Geld verschwunden, obwohl die Kontrollen gerade verschärft wurden.
  • Die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter der zentralen Kirchenverwaltung soll insgesamt 180 000 Euro unterschlagen haben.
  • Der oder die Beschuldigte hat den Vorwurf bereits eingeräumt.

Von Jakob Wetzel

Im Evangelisch-Lutherischen Stadtdekanat ist erneut Geld verschwunden: Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter der zentralen Kirchenverwaltung habe insgesamt 180 000 Euro unterschlagen. Dies bestätigte der Dekan im Prodekanat München-West, Christoph Jahnel, unter dessen Aufsicht das Kirchengemeindeamt steht, auf Nachfrage. Die Kirche habe das selber im Juli 2018 entdeckt. Die beschuldigte Person habe den Vorwurf eingeräumt und erklärt, sie wolle für den entstandenen Schaden geradestehen. Das Arbeitsverhältnis mit ihr sei beendet worden, die Kirche habe Strafanzeige erstattet.

Für die Kirche ist der Vorfall nicht nur ärgerlich, sondern auch peinlich. Das Stadtdekanat hat erst im Jahr 2014 überregional Aufsehen erregt, weil es in riskanten Anlagegeschäften nach eigenen Angaben sechs Millionen Euro verloren hat. Möglich war das nur, weil das Treiben in der kirchlichen Finanzabteilung zu lax kontrolliert wurde. Die Kirche enthob damals zwei Funktionäre ihrer Posten. Es kam ein neuer Geschäftsführer, Stadtdekanin Barbara Kittelberger gab nach einem von ihr selbst angestrengten Disziplinarverfahren die Aufsicht über die Kirchenverwaltung an Christoph Jahnel ab, und das Dekanat übergab seinerseits Kompetenzen an die Landeskirche. Vor allem aber verordnete die evangelische Kirche in München sich und ihrer Finanzverwaltung strengere Vorschriften. Dass nun erneut Geld verloren ist, konnte trotzdem nicht verhindert werden.

Eingeführt wurde nach 2014 unter anderem ein Sechs-Augen-Prinzip. Will ein Mitarbeiter Geld der Kirche überweisen, muss demnach nicht nur der Team- oder Abteilungsleiter zustimmen, sondern auch eine unabhängige Kontrollinstanz. "Wir waren der Meinung, dass wir damit auf der sicheren Seite stehen", sagt Jahnel. Doch selbst diesen Kontrollmechanismus könne man offenbar mit genug krimineller Energie unterlaufen. Einzelheiten will er aus Rücksicht auf das laufende Verfahren nicht nennen. Die Kirche geht aber trotz des Sechs-Augen-Prinzips davon aus, dass der mutmaßliche Täter alleine gehandelt hat.

Als Reaktion auf den neuerlichen Geldverlust habe die Kirche ihre Kontrollen nun erneut verschärft, sagt Jahnel. Überweisungen müssten künftig abteilungsübergreifend beaufsichtigt werden. "Aber ich habe dabei gelernt, dass es eine hundertprozentige Sicherheit nicht gibt."

Welcher Betrag wirklich verloren ist, sei noch nicht klar

Anders als vor vier Jahren stehen diesmal laut Jahnel keine Disziplinarverfahren im Raum, weder gegen ihn selbst noch gegen den vorübergehenden Geschäftsführer, der das Kirchengemeindeamt im Sommer wieder verlassen hat und in den Vorstand des Diakonischen Werks Bayern gewechselt ist. Die Stelle des Geschäftsführers ist seitdem offen. Die Kontrollen seien nicht vernachlässigt worden, beteuert Jahnel. Immerhin habe die Kirche die fehlende Summe auch selbst entdeckt und reagiert. Verheimlicht habe sie nichts: Alle zuständigen Gremien, von der Dekanatssynode bis zum Rechnungsprüfungsamt der Landeskirche, seien informiert.

Nur die evangelischen Kirchengemeinden hätten nicht alle von der Unterschlagung erfahren, sagt Jahnel; diese müssten sich aber auch keine Sorgen machen. Es seien weder Finanzanlagen noch Rücklagen der Kirchengemeinden betroffen, sondern nur Geld aus dem laufenden Etat des Kirchengemeindeamts. Welcher Betrag wirklich verloren ist, sei noch nicht klar, sagt Jahnel. Er hofft, das gesamte Geld im schlimmsten Fall über die Versicherung zurückzuerhalten.

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