Europawahl:Vier Münchner für Brüssel

Mitten in den Pfingstferien sollen die Münchner wählen, wen sie ins Europäische Parlament schicken wollen. CSU, FDP und Grüne haben Chancen auf ein Mandat - der SPD-Kandidat ist sicher.

J. Bielicki

Mitten in den Pfingstferien sollen die Münchner wählen, wen sie ins Europäische Parlament schicken wollen. Die Wahlen am 7. Juni werden darüber entscheiden, ob die Stadt künftig mit vier oder nur mit einem Abgeordneten in Straßburg und Brüssel vertreten sein wird - was den jetzt beginnenden Wahlkampf spannender macht, als er vor fünf Jahren war.

Europawahl: Der einzigen Münchner Kandidaten, der sich seiner Abgeordnetenbüros in Straßburg und Brüssel sicher sein kann: Wolfgang Kreissl-Dörfler.

Der einzigen Münchner Kandidaten, der sich seiner Abgeordnetenbüros in Straßburg und Brüssel sicher sein kann: Wolfgang Kreissl-Dörfler.

(Foto: Foto: Schunk)

Den einzigen Münchner Kandidaten, der sich seiner Abgeordnetenbüros in Straßburg und Brüssel sicher sein kann, stellt die Partei, die bei der Wahl vor fünf Jahren stadtweit nur Platz drei belegte. Ganze 18,8 Prozent der Münchner Wähler stimmten 2004 für die SPD, die damit in deutlichem Abstand hinter den Grünen (23,3 Prozent) und noch viel weiter hinter der CSU (41,7 Prozent) lag.

Dennoch ist Wolfgang Kreissl-Dörfler der Wiedereinzug ins Europa-Parlament nicht zu nehmen. Der 58-Jährige Ex-Grüne, der vor neun Jahren zur SPD wechselte und sein europäisches Mandat seit 15 Jahren hält, steht auf der Kandidatenliste der Bundes-SPD ganz oben auf Platz fünf.

Damit zählt der gelernte Landwirt, Sozialpädagoge und ehemalige Entwicklungshelfer zu den Spitzenleuten der deutschen Sozialdemokraten im europäischen Betrieb. Bekannt wurde Kreissl-Dörfler, der im Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres arbeitet, als sozialdemokratischer Obmann in einem Untersuchungsausschuss, der illegale Umtriebe des amerikanischen Geheimdienstes CIA in Europa überprüfte.

Sein CSU-Kollege Bernd Posselt, ebenfalls seit 1994 im Europa-Parlament, muss dagegen um seinen Sitz fürchten. Das liegt am Wahlsystem, mit dem Deutschland seine 99 Abgeordneten bestimmt. Die Bürger wählen nach Bundeslisten. Doch die CSU tritt nur in Bayern an. 2004 reichten die 57,4 Prozent, die sie bayernweit errang, für ein Bundesergebnis von 8,0 Prozent und neun europäische Abgeordnete.

Fällt die CSU aber deutlich unter die 43,4 Prozent, auf die sie bei der Landtagswahl im September stürzte, könnte es für den 52-jährigen gelernten Journalisten Posselt, der als Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe einer der wichtigsten Vertriebenen-Funktionäre ist, auf Listenplatz sieben knapp werden. Besonders ärgern würde Münchens Christsoziale wohl ein Wahlergebnis, das ihren Kandidaten Posselt nicht wieder nach Europa lässt, dafür aber die verjagte Ex-Vorsitzende Monika Hohlmeier, von CSU-Chef Horst Seehofer nach Oberfranken und auf Platz sechs der Wahlliste gesetzt.

Ob Posselt sein Mandat halten kann, hängt auch von der Wahlbeteiligung ab - allerdings nicht nur in München, wo 2004 nur knapp 39 Prozent der Wahlberechtigten tatsächlich Kreuzchen machten. Im bayerischen Schnitt waren es kaum mehr und auch dort deutlich weniger als im übrigen Deutschland. In diesem Jahr, so fürchten viele Christsoziale, könnten viele Bayern in den Pfingsturlaub entschwinden, ohne einen Wahlbrief abgeschickt zu haben.

Profitieren von einer geringen Wahlbeteiligung könnten die kleinen Parteien. Die Grünen schafften es 2004 stadtweit zum ersten und bisher einzigen Mal, die SPD zu überholen. Allerdings kam dabei kein einziger Bayer unter die 13 deutschen Euro-Grünen.

Diesmal hat der Münchner Gerald Häfner Chancen auf ein Europa-Mandat - jedoch nur, wenn die Grünen ihre bundesweit 11,9 Prozent von 2004 verbessern. Der 52-Jährige, mit Unterbrechungen zehn Jahre für die Grünen im Bundestag und heute Sprecher der Bürgerbeteiligungs-Initiative "Mehr Demokratie", steht auf Platz 14. Bessere Aussichten hat wohl die FDP-Stadträtin Nadja Hirsch. Die Bundes-Liberalen haben die 30-Jährige auf Rang neun ihrer Liste gesetzt. 2004 hatte die FDP mit bundesweit 6,1 Prozent sieben Vertreter nach Brüssel und Straßburg geschickt. Derzeit aber sehen Umfragen die Liberalen in nie dagewesenen Höhen.

Wie Linke und Freie Wähler abschneiden, wird München dagegen nur indirekt betreffen. Die Linke führt keinen Münchner auf ihrer Liste. Die Freien Wähler, ohnehin mit wenig Chancen, die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen, haben den ersten Münchner Kandidaten auf dem aussichtslosen Listenrang 19 geparkt.

Sicher ist: Der europäische Parlamentsjob ist vergleichsweise gut bezahlt. 7665 Euro brutto erhält ein Abgeordneter nach den von 2009 an geltenden Regeln monatlich, etwa so viel wie sein Kollege im Bundestag. Allerdings sind Altersversorgung und Amtsausstattung großzügiger als im nationalen Parlament.

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