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Europawahl:Diese Münchner ziehen ins EU-Parlament ein

Sie heißen Henrike Hahn, Klaus Buchner und Bernhard Zimniok - und vertreten Grüne, ÖDP und AfD. Für den CSU-Mann Bernd Posselt hat es nicht geklappt, zumindest vorerst.

Knapp ist es nicht gerade gewesen. Zu früh jubeln will Henrike Hahn aber auch nicht. Bei der Wahlparty der Grünen im Feierwerk reißt sie dennoch bei der ersten Prognose den Arm hoch, umarmt dann ihre beiden kleinen Töchter. Für die 48 Jahre alte Politikwissenschaftlerin, die im beschaulichen Vorort Oberpframmern aufwuchs, ist es der zweite Anlauf ins Europaparlament. Diesmal, als bayerische Spitzenkandidatin, schafft sie es locker - Listenplatz 13 ist bei einem solchen Wahlergebnis keine Hürde mehr.

Hahn ist erst seit 2012 aktives Mitglied der Grünen, sie hat lange Zeit in der Wirtschaft, bei einer Unternehmensberatung, gearbeitet. Im Studium hat sie Auslandserfahrung gesammelt, an der Sorbonne, an den Universitäten von Ann Arbor und Detroit. Zudem war sie an der Ludwig-Maximilians-Universität. Hahn selbst bezeichnet sich als Europäerin mit Leib und Seele. Wie München konkret von der EU profitieren könne, zeige sich an der Richtlinie zur sauberen Luft. Da sei die Europäische Union dem Freistaat und der Stadt ordentlich "auf die Füße getreten".

Auch für Klaus Buchner von der ÖDP steht fest, dass er seine Mission fortsetzen und mit 78 Jahren noch mal ins europäische Parlament einziehen kann. Er habe sich mit großem Erfolg für Exportbeschränkungen für Überwachungstechnik eingesetzt, sagte er vor der Wahl. Diese Mammutaufgabe wolle er unbedingt in seiner zweiten Amtszeit schaffen, erklärt der frühere Mathematik-Professor der TU. Und in einer ersten Stellungnahme nach Bekanntgabe der Resultate bekräftigt er: "In der nächsten Wahlperiode werden wir uns wieder stark machen für die Eindämmung des Exports von Überwachungstechnik, echten Verbraucherschutz und vor allem Klimaschutz." Zwölf bis 14 Stunden müsse er in der Regel pro Tag arbeiten, Wochenenden habe er nicht oft. Dennoch trat er als bundesweiter Spitzenkandidat der ÖDP an, als solcher kam er 2014 erstmals ins Parlament.

Als weiterer Kandidat aus München wird es auch Bernhard Zimniok ins Europaparlament schaffen. Er ist als Spitzenkandidat der bayerischen AfD angetreten. Das Ergebnis seiner Partei liege "im Wahlkorridor des zu Erwartenden", sagt der Oberstleutnant a. D., er macht aber keinen Hehl daraus, dass er sich mehr erwartet hätte. "Mein Brotkorb hängt höher." Im Verbund mit anderen Parteien werde die AfD aber im Europaparlament 25 bis 30 Prozent stellen. Damit könne man etwas anfangen.

Spannend verläuft der Abend für Bernd Posselt. Der Münchner CSU-Politiker hat 2014 nach 20 Jahren seinen Sitz im Europaparlament verloren und trotzdem weiter gemacht. Ist nach Brüssel und Straßburg gereist, hat an Beratungen teilgenommen. Nur ins Plenum durfte er nicht. Damals war er auf Listenplatz sechs, und es hat nicht gereicht. Und auch diesmal hat es mit Listenplatz sieben knapp nicht geklappt - zumindest vorerst. Künftig hat die CSU sechs Sitze sicher, bisher waren es fünf.

Der Pforzheimer sieht sich selbst als Anti-Nationalist und "sein" Europa in Gefahr. Dass die AfD in München verliert, erfüllt Posselt mit Genugtuung. Die Menschen hätten durch den Brexit, aber auch durch diesen Wahlkampf gesehen, wie wichtig Europa ist. "Es geht nicht mehr um den Krümmungsradius der Gurke, es geht um die Wurst, und das merkt man." Mit einem Sitz im Parlament könnte es für Posselt am Ende doch etwas werden - als Nachrücker, falls Spitzenkandidat Manfred Weber Kommissionspräsident werden sollte.

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Quelle:
SZ vom 27.05.2019 / anh, dh, heff, mah, mest/smb/kbl
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